Nacht der langen Messer

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Nacht der langen Messer ist die Bezeichnung für unterschiedliche, insbesondere politische Ereignisse. Der Begriff bezieht sich auf die jeweils hohe Zahl an Opfern.

Historische Ereignisse

  • Das Massaker an den britischen (keltischen) Adeligen durch die angelsächsischen Einwanderer im Jahre 450 in Salisbury, das unter anderem von dem mittelalterlichen britischen Historiker Geoffrey of Monmouth geschildert wurde. Zum Mord wurde demnach aufgefordert mit dem Ruf: „Nemet oure Saxas“. Auf Walisisch wurde dieses Ereignis als Brad y Cyllyll Hirion („Der Verrat der langen Messer“) bezeichnet. Die Authentizität von Geoffreys Beschreibung ist umstritten, da seine Historia Regum Britanniae fast siebenhundert Jahre nach den vermeintlichen Ereignissen niedergeschrieben wurde und auch pseudohistorischen Stoff wie die Artussage enthält.
  • Die Mordserie Ende Juni 1934 im Auftrag Adolf Hitlers, in welcher dessen potentiellen Konkurrenten ermordet (von Schleicher, Röhm, Strasser) oder kaltgestellt (von Papen) wurden. Des Weiteren wurde auf Befehl Hitlers die gesamte Führung der SA ermordet. Joseph Goebbels stellte das Ereignis propagandistisch als Röhm-Putsch dar.[1] In Deutschland ist mit „Nacht der langen Messer“ meist dieses Ereignis gemeint, der Ausdruck ist jedoch bereits in der Weimarer Republik belegt (zum Beispiel Wilhelm Frick, MdR der NSDAP, im Mai 1932: „Die Nacht nach dem Siege gehört Euch S.A.-Leuten, sie wird die Nacht der langen Messer sein!“). Die Entsprechung Night of the Long Knives ist die im Englischen am meisten verbreitete Bezeichnung. Sie geht auf eine Formulierung aus Adolf Hitlers Rechtfertigungsrede vor dem Reichstag am 13. Juli 1934 zurück.[2]
  • Zeitgenössischer Propagandaausdruck für die Geleitzugschlachten im Nordatlantik zwischen dem 18. und 20. Oktober 1940. Dabei wurden die Geleitzüge SC 7 und HX 79 angegriffen und 22 Frachtschiffe mit 154.709 BRT versenkt.[3]
  • Die Kabinettsumformungen des britischen Premierministers Harold Macmillan im Jahre 1962, bei denen er sieben Kabinettsmitglieder entließ.[4]
  • In Nordirland die Ausschaltung der irisch-republikanischen Splittergruppe IPLO (einer Abspaltung der INLA) durch die IRA im Herbst 1992. Der IPLO wurde Verwicklung in den Drogenhandel vorgeworfen.
  • In der Slowakei (slowakisch Noc dlhých nožov) die erste Sitzung des Parlaments nach den Parlamentswahlen 1994 am 3. und 4. November 1994, bei der eine Parteienkoalition unter Führung des neuen Ministerpräsidenten Vladimír Mečiar alle staatlichen Spitzenpositionen im parlamentarischen, öffentlich-rechtlichen und wirtschaftspolitischen Bereich mit eigenen Kandidaten besetzte und die Opposition sämtliche Kontrollfunktionen verlor.

Wiederkehrende Ereignisse

  • In der Schweiz wird der Ausdruck seit der in letzter Minute durch Felix Auer „orchestrierten“ Wahl Otto Stichs 1983 auch für die Nacht vor einer Bundesratswahl verwendet,[5] weil bei umstrittenen Fällen oft bis kurz vor der Wahl Absprachen zwischen verschiedenen Parteien stattfinden und um einzelne Parlamentarierstimmen geworben wird. Vor allem in der Zeit vor der Mobiltelefonie sollen diese Aktivitäten teilweise bis spät in die Nacht in den Stammlokalen der verschiedenen Parlamentariergruppen über die Bühne gegangen sein. Diese Verwendung des Begriffs ist in der Schweiz am häufigsten.
  • Die Nacht der langen Messer ist der Spitzname einer Etappe der Rallye Monte Carlo über den Col de Turini.

Einzelnachweise

  1. Der Machtkampf: „Nacht der langen Messer“. In: zdf.de. 11. November 2002, archiviert vom Original am 4. Juli 2009; abgerufen am 13. September 2019.
  2. Brendan Fay: The Nazi Conspiracy Theory: German Fantasies and Jewish Power in the Third Reich. in: Library & Information History 35, Heft 2 (2019), S. 75–97, hier S. 85.
  3. Clay Blair: Der U-Boot-Krieg, Die Jäger 1939–1942. Wilhelm Heine Verlag, München 1998, ISBN 3-453-12345-X, S. 249.
  4. Harold Macmillan (1894 – 1986). In: BBC History. 1. November 2006, abgerufen am 13. September 2019 (englisch).
  5. Francesco Benini: Die Nacht vor der Wahl. In: nzz.ch. 20. September 2009, abgerufen am 14. Oktober 2018.