Nadschran

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Koordinaten: 17° 30′ N, 44° 8′ O

Karte: Saudi-Arabien
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Nadschran

Nadschran (auch Najran, Nejran oder Nagran; arabisch نجران 

Nadschrān

, DMG

Naǧrān

aus altsüdarabisch ngrn; früher

Abā as-Saʿūd

/ أبا السعود) ist eine Stadt im südwestlichen Saudi-Arabien nahe der jemenitischen Grenze. Sie ist Hauptstadt der Provinz Nadschran.

Geografie und Bevölkerung

Nadschran liegt in einem Wadi, welches vom Westen her kommend nahe Nadschran in die Wüste mündet. Nadschran gehört zu den am schnellsten wachsenden Städten Saudi-Arabiens: Seine Bevölkerung stieg von 47.500 (1974) und 90.983 (1992) auf 246.880 (2004).

Typische traditionelle Wohnburg der Oase Nadschran, errichtet aus gestampftem Lehm und Stroh

Geschichte

Vorislamische Zeit

Steinzeitliche Spuren finden sich im 200 km nördlich gelegenen Kulturraum von Ḥimā.

In der Antike bezog sich der Name „Nadschran“ auf die gesamte Oase, die Stadt (heute die Ruinenstätte al-Uchdud) selbst hieß höchstwahrscheinlich Ragmat. Die Oase Nadschran befand sich im Siedlungsgebiet der Muh'amir und am Beginn der Weihrauchstraße, weshalb ihr Besitz von großer strategischer Bedeutung war. Bereits um 685 v. Chr. eroberte der sabäische Mukarrib Karib’il Watar I. die Oase Nadschran, ebenso zerstörte sein Nachfolger Yithi'amar Bayin um 510 v. Chr. Ragmat. In der Folgezeit scheint Nadschran unter minäische, dann unter sabäische Herrschaft gefallen zu sein. Der römische Feldherr Aelius Gallus besiegte 25 v. Chr. die Nadschraniten in einer größeren Schlacht, nach Strabo war es damals die nördliche Grenzstadt Sabas. In der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. verbündeten sich die Nadschraniten mit den Abessiniern, die ihnen den Statthalter SBQLM schickten, der sabäo-himyarische König Ilscharah Yahdib schlug diesen Aufstand aber nieder.

328 n. Chr. wurde Nadschran das Ziel eines Feldzuges des nordarabischen Königs Imru' al-Qais ibn ʿAmr. Unter abessinischem Einfluss entwickelte sich in Nadschran eine große Christengemeinde, die sich zu Beginn des 6. Jahrhunderts erneut mit den Aksumiten verbündete. Der sich zum Judentum bekennende König Yusuf Asʾar Yathʾar eroberte Nadschran und richtete (wohl 523) ein Massaker unter den Christen an, die fortan als Märtyrer von Nadschran bekannt waren.[1] Sure 85 des Korans enthält nach einigen Interpreten eine Andeutung auf dieses Massaker mit bis zu 20.000 Toten.[2]

Islamisierung

Reiter des arabischen Stammes Banu Yam in Nadschran

Um 630 reiste eine Delegation von Geistlichen von Nadschrān nach Medina. Sie brachten zum Ausdruck, dass sie sich zwar der politischen Macht des Propheten fügen, aber nicht zum Islam übertreten wollten, weil sie sich selbst im Besitz der wahren Religion sahen. In diesen historischen Zusammenhang wird von der islamischen Tradition die koranische Aussage gestellt, dass Jesus vor Gott Adam gleiche und wie er allein durch das Schöpferwort kun („Sei!“) erschaffen worden sei (Sure 3:59). Mohammed soll dieses Koranwort den christlichen Geistlichen aus Nadschran entgegengehalten haben, als es zu einem Streit über die von den Christen behauptete Gottessohnschaft Jesu‘ kam. Anschließend, so berichten die arabischen Quellen, forderte er die Geistlichen zur Herbeiführung eines Gottesurteils über die Wahrheit der beiden religiösen Positionen durch gegenseitige Verfluchung auf (vgl. Sure 3:61), was diese jedoch ablehnten. Schließlich einigte man sich darauf, dass die Leute von Nadschran dem Propheten einen jährlichen Tribut von 2000 Kleidungsstücken entrichten sollten, wofür umgekehrt der Prophet ihnen den Schutz für Leben und Religion zusicherte. Der Vertrag darüber, der in den Siyar von asch-Schaibānī und verschiedenen Werken überliefert ist, wurde unter den Kalifen Abū Bakr und Umar ibn al-Chattab erneuert.[3]

Im Jahre 641 wurden aber die Christen von Nadschran mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätten Zinswucher betrieben, und aufgefordert, die Stadt zu verlassen.[4] Viele von ihnen wanderten in den Irak aus, wo sie sich in der Nähe von Kufa in einem Ort niederließen, den sie Nadschānīya nannten. In der folgenden Zeit verlor Nadschran an Bedeutung. Nach dem Bericht des Ibn al-Mudschawir bildeten allerdings Juden und Christen noch im 13. Jahrhundert zwei Drittel der Bevölkerung von Nadschran.

Nadschran um 1970

Nach der saudischen Annexion

Saudi-Arabien annektierte Nadschran, das zuvor zum Jemen gehört hatte, im Jahre 1934. Die Mehrheit der Einwohner von Nadschran sind Ismailiten, die sich bis heute mit dem "Märtyrer von Nadschran" identifizieren. In der Vergangenheit gab es häufiger Spannungen mit der Saudischen Regierung, da sich die Ismailiten diskriminiert fühlen.[5]

Verkehr

Persönlichkeiten

Literatur

  • Norbert Nebes: The Martyrs of Najrān and the End of the Himyar: On the Political History of South Arabia in the Early Sixth Century. In: Angelika Neuwirth (Hrsg.): The Qurʾān in Context. Leiden 2010, S. 27ff.
  • Irfan Shahîd: Nadjrān. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition, Band 7, S. 871b–872b.
  • Hermann von Wissmann, Maria Höfner: Beiträge zur historischen Geographie des vorislamischen Südarabien. (Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, Jahrgang 1952, Nr. 4). Verlag der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, Mainz 1953 (zum antiken Nadschran: S. 9–14)
  • Hermann von Wissmann: Zur Geschichte und Landeskunde von Alt-Südarabien (Sammlung Eduard Glaser, Nr. III = Österreichische Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte, Band 246) Böhlaus, Wien 1964 (zum antiken Nadschran: S. 147–152, 159–206)
  • Department of Antiquities and Museums: Antiquities of the Southwestern Region – Asir – Nejran , Ministry of Education, Riyadh 1975.

Einzelnachweise

  1. The Chronicle of Zuqnin übersetzt von Amir Harrack. Pontifical Institute of Medieval Studies, Toronto 1999, S. 78–84
  2. Irfan Shahîd: The Martyrs of Najrân. New Documents. Brüssel 1971
  3. Vgl. Majid Khadduri: The Islamic Law of Nations: Shaybānī's Siyar. Baltimore: The Johns Hopkins Press 1966. S. 278–280.
  4. Vgl. Leone Caetani: Annali dell' Islam. Bd. IV. Milano 1911. S. 354–359, hier online verfügbar.
  5. http://www.nytimes.com/2010/10/21/world/middleeast/21saudi.html?pagewanted=all&_r=0