Nipah-Virus

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Nipah-Virus
Nipah.jpg

TEM-Bild von Nipah-Virus-Virionen

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Riboviria[2][1]
Reich: Orthornavirae[1]
Phylum: Negarnaviricota
Subphylum: Haploviricotina
Klasse: Monjiviricetes
Ordnung: Mononegavirales
Familie: Paramyxoviridae
Gattung: Henipavirus
Art: Nipah-Virus
Taxonomische Merkmale
Genom: (−)ssRNA linear
Baltimore: Gruppe 5
Symmetrie: helikal
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Nipah henipavirus
Kurzbezeichnung
NiV
Links

Das in Asien vorkommende Nipah-Virus (NiV, auch NIPV) löst beim Menschen eine häufig tödlich verlaufende Gehirnentzündung aus. Das Virus wird durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen infizierter Tiere und Menschen übertragen. Reservoirwirte sind offenbar fruchtfressende Flughunde, von denen es auf andere Tiere und Menschen weitergegeben werden kann.

Entdeckung

Zwischen September 1998 und April 1999 wurden offiziell 229 Fälle einer schwerverlaufenden, fiebrigen Enzephalitis in Malaysia gemeldet, kurz nach dem Beginn dieser Epidemie auch neun Fälle in Singapur. Hier wurden auch Symptome einer schweren Infektion der Atemwege berichtet. Überwiegend waren Männer betroffen, die in Schlachthäusern arbeiteten; von den Erkrankten starben 48 %.[3] Daher vermutete man sehr schnell einen Zusammenhang mit einer Infektion bei Tieren. Gleichzeitig wurde in Malaysia bei Schweinen ein milder Ausbruch einer fiebrigen Atemwegsinfektion mit ungeklärtem Erreger registriert, der erst später als der gleiche Erreger wie bei den Enzephalitis-Patienten identifiziert wurde. Um die weitere Verbreitung der Epidemie auch beim Menschen zu verhindern, wurden über eine Million Schweine gekeult, was etwa der Hälfte des gesamten malayischen Schweinebestandes entsprach.

Durch die Reduktion des Schweinebestandes und veterinärmedizinische Überwachung konnte der Ausbruch eingedämmt werden. Bisher wurden insgesamt zwölf kleinere Ausbrüche dokumentiert, so in den Jahren 2001 und 2003 in Bangladesch.[4]

Systematik

Das Nipah-Virus ist eine Virusspezies aus der Familie der Paramyxoviridae und bildet zusammen mit dem eng verwandten Hendra-Virus die Gattung Henipavirus. Es wurde erstmals 1999 im Zuge der Untersuchungen des Ausbruchs in Malaysia und Singapur charakterisiert.[5] Das isolierte Virus war morphologisch dem kurz zuvor in Australien entdeckten Hendra-Virus sehr ähnlich, jedoch im Krankheitsverlauf und seiner Antigenität doch von diesem verschieden. Es wurde daher vor einer endgültigen Benennung zunächst als Hendra-like Virus bezeichnet. Das neue Virus erhielt seinen taxonomischen Namen in Anlehnung an den kleinen Ort Kampung Teluk Nipah auf der malayischen Insel Pangkor, wo die Epidemie von 1998 besonders hohe Infektionszahlen aufwies und das Virus aus einem von dort stammenden Patienten isoliert wurde.

Erkrankung

Durch engen Kontakt zu Schweinen wird die Infektion leicht auf den Menschen übertragen. Als Risikogruppe gelten daher Arbeiter in Schlachthöfen und auf Schweinefarmen. Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist ebenfalls möglich, da knapp die Hälfte der 1998 erkrankten Arbeiter ein Familienmitglied infiziert hatte.[6] Bei Schweinen manifestiert sich die Infektion als milde, fiebrige Atemwegsinfektion. Todesfälle bei Schweinen wurden nicht beschrieben. Nach überstandener Infektion scheinen die Schweine gegenüber einer erneuten Infektion immun zu sein; ein entsprechender Impfstoff für Schweine konnte mittlerweile entwickelt werden,[7] der jedoch noch nicht produziert wird oder zugelassen ist.

Das sehr wahrscheinliche biologische Reservoir des Nipah-Virus sind Flughunde der Gattung Pteropus. Nachdem man zunächst nur serologische Hinweise fand, konnte 2007 der Erreger im Urin eines Flughundes der Spezies Pteropus lylei in Thailand direkt nachgewiesen werden.[8] Von diesen Flughunden geht wahrscheinlich die Infektion der Schweine durch einen noch nicht vollständig geklärten Übertragungsweg aus. Es gibt Hinweise darauf, dass sich Menschen durch den Kontakt mit den Flughunden mit deren Speichel und Urin infizieren können. Von durch Fledermäuse angefressenen Früchten, die wiederum von Säugetieren oder Menschen verzehrt werden, geht eine hohe Ansteckungsgefahr aus.

Die Erkrankung beim Menschen beginnt nach einer Inkubationszeit von weniger als zwei Wochen mit einer akuten Enzephalitis mit Fieber, Kopfschmerzen und Schwindel. Bei 75 % der Patienten zeigen sich früh abnormale Befunde einer viralen Infektion in der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit. Innerhalb von 24 bis 48 Stunden werden die Patienten komatös. Je nach Ausbruch verliefen etwa 40 bis 75 % der bislang beschriebenen Erkrankungen tödlich.[9] Die Gabe von Ribavirin konnte die Letalität auf 36 % senken.[6] Neben der akuten Erkrankung gibt es auch bei 7,5 % der Erkrankten ein Rezidiv der Enzephalitis sowie bei bislang symptomlosen Infizierten erst nach Monaten eine fokal begrenzte Enzephalitis (3,4 %). Die Zeitspanne zwischen akuter Erkrankung und Spätkomplikation (Rezidiv) beträgt im Schnitt 8,4 Monate. Dauerhafte Schäden wie chronisches Anfallsleiden (Epilepsie) und Persönlichkeitsveränderung nach überstandener Infektion sind beschrieben.

Im südindischen Bundesstaat Kerala kam es 2018 zu einem Nipah-Ausbruch, bei dem mindestens 10 Menschen starben. Die Patienten hatten sich vermutlich über das Wasser eines Brunnens infiziert, in welchem tote Flughunde gefunden wurden.[10]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b ICTV: ICTV Taxonomy history: Akabane orthobunyavirus, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  2. ICTV Master Species List 2018b.v2. MSL #34, März 2019
  3. Outbreak of Hendra-like virus--Malaysia and Singapore, 1998–1999. MMWR Morbidity and Mortality Weekly Report (CDC) 9. April 1999, Vol. 48, Nr. 13, S. 265–269.
  4. V. P. Hsu, M. J. Hossain, U. D. Parashar u. a.: Nipah virus encephalitis reemergence, Bangladesh. In: Emerging Infectious Diseases. 10(12), Dezember 2004, S. 2082–2087, PMC 3323384 (freier Volltext).
  5. C. C. Lim, Y. Y. Sitoh, K. E. Lee, A. Kurup, F. Hui: Meningoencephalitis caused by a novel paramyxovirus: an advanced MRI case report in an emerging disease. In: Singapore Medical Journal. 40(5), Mai 1999, S. 356–358, PMID 10489496.
  6. a b C. T. Tan, K. T. Wong: Nipah encephalitis outbreak in Malaysia. In: Ann Acad Med Singapore. 32(1), Jan 2003, S. 112–117, PMID 12625108 (Review)
  7. H. M. Weingartl, Y. Berhane, J. L. Caswell u. a.: Recombinant nipah virus vaccines protect pigs against challenge. In: Journal of Virology. 80(16), Aug 2006, S. 7929–7938, PMID 16873250.
  8. S. Wacharapluesadee, T. Hemachudha: Duplex nested RT-PCR for detection of Nipah virus RNA from urine specimens of bats. In: Journal of Virological Methods. Volume 141, Nr. 1, April 2007, S. 97–101. doi:10.1016/j.jviromet.2006.11.023
  9. WHO: Nipah virus: Fact sheet N°262. (via WebArchiv vom 5. September 2013); Emergencies preparedness, response: Nipah virus infection.; Fact sheet: Nipah Virus Infection. (PDF)
  10. Virusausbruch in Südindien Nipah - die nächste Epidemie? − Stand: 23.05.2018 (Memento vom 24. Mai 2018 im Internet Archive)