Nora Minor
Nora Minor, geb. Hahn, verh. Lallinger, (* 7. Dezember 1910 in Wien; † 21. Mai 1995 in München) war eine österreichische Schauspielerin.
Leben
Nora Minors Eltern (Eheschließung 1909 in Wien) waren der Mathematiker Hans Hahn (1879–1934) und dessen Ehefrau Eleonore (Lilly, geb. Minor) (1885-19??).[1] Nach der Matura besuchte Nora Minor das Wiener Max-Reinhardt-Seminar.
Ihr erstes Bühnenengagement führte sie an die Städtischen Bühnen Graz. Es folgten Engagements in Brünn und Wien. Ab 1937 war sie in München am Bayerischen Staatsschauspiel engagiert, wo sie bis 1956 festes Ensemblemitglied war und in insg. 67 Premieren mitwirkte.[2] Minor trat dort hauptsächlich als Darstellerin kleinerer und mittlerer Charakterrollen hervor, wobei sie ein Rollenspektrum von der jugendlichen Liebhaberin bis zur Salondame übernahm. Zu ihren Bühnenrollen gehörten u. a. Frau Henschel in Fuhrmann Henschel, die Jungfer Zipfersaat in Die Soldaten (Spielzeit 1953/54) und Miß Grove in Kolportage von Georg Kaiser (Spielzeit 1952/53).
Während des Zweiten Weltkriegs war Minor in einer Munitionsfabrik dienstverpflichtet.[2]
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sie ihre Theaterkarriere am Bayerischen Staatsschauspiel fort. Ihre erste Nachkriegs-Premiere war im Mai 1946 im Ausweichquartier des Theaters am Brunnenhof in der deutschen Erstaufführung von Robert Ardreys Theaterstück Leuchtfeuer, in der sie die Rolle der Anne Marie hatte.[3] Zu ihren weiteren Nachkriegsrollen gehörten u. a. Marion in Tintenspritze von Johannes von Spallart (Premiere: August 1946, Regie: Paul Verhoeven), Sophie Guilbert in Clavigo (Premiere: Januar 1947), die Bauersfrau in Der Soldat Tanaka von Georg Kaiser (Premiere: Juni 1947, Regie: Heinz Leo Fischer), die Postmeisterin in Stella (Premiere: Juli 1947), Madame Desmermortes in Einladung aufs Schloß von Jean Anouilh (dt. Uraufführung, Premiere: Januar 1948), Marquise von Mondecar in Don Karlos (Premiere: April 1948), Frau Lund in Moral von Ludwig Thoma (Premiere: September 1949), Schwester Félicité in Die begnadete Angst von Georges Bernanos (Premiere: November 1951), Miss Garden in Das Konzert (Premiere: Juli 1953), Frl. von Lusignan in Cyprienne von Victorien Sardou (Premiere: Dezember 1953), Signora Palpiti in Lumpazivagabundus (Premiere: Dezember 1955) und die Köchin in Die Heiratsvermittlerin von Thornton Wilder (Premiere: April 1956).[3]
Nora Minor arbeitete zudem in zahlreichen Rollen in Film- und Fernsehproduktionen. Ihren ersten Filmauftritt hatte Minor bereits in den Dreißigerjahren unter der Regie von Kurt Gerron in der österreichischen Filmkomödie Bretter, die die Welt bedeuten (1935). In den 1950er Jahren spielte sie in mehreren damals sehr erfolgreichen Märchenfilmen wie Die goldene Gans (1953; als „Die Dürre“) oder Die Heinzelmännchen (1956; als Schneiderin, an der Seite von Bobby Todd). Sie wirkte außerdem in Nebenrollen in Komödien wie Witwer mit fünf Töchtern (1957; mit Heinz Erhardt) und Frau Cheneys Ende (1961; mit Lilli Palmer), Musikfilmen wie Liebe, Jazz und Übermut (1957; mit Peter Alexander) und in der Kriminalkomödie MitGift (1975; als Frau des Senators Mellinski mit Hans Elwenspoek als Partner) mit.
Im Fernsehen war sie u. a. in Fritz Umgelters Fernsehspielen Die Panne (1957; nach Friedrich Dürrenmatt) sowie Der Sündenbock (1965; nach Luise Rinser), in Fernsehinszenierungen von Bühnenstücken wie Christopher Frys Die Dame ist nicht fürs Feuer (1960) und Walter Hasenclevers Münchhausen[4] (1966; als Majorin von Brünn) und in Familienserien wie Barbara Noacks Der Bastian (1973) zu sehen. In dem preisgekrönten US-amerikanischen Mehrteiler Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß (1978) spielte sie Frau Palitz, die Großmutter mütterlicherseits der männlichen Hauptfigur Karl Weiss (James Woods). Daneben übernahm sie Gastauftritte in Fernsehserien wie Derrick (1977–1979)[5] und Der Alte (1978; als Gesellschafterin und Hausdame Frau Zobel).
Im April 1964 wirkte sie beim Bayerischen Rundfunk in einer Rundfunkaufnahme der Operette Sissy in einer Sprechrolle als Erzherzogin Sophie mit.
Nora Minor war mit dem Münchner Schauspieler Adolf Lallinger verheiratet, der ebenfalls am Bayerischen Staatsschauspiel engagiert war. Sie starb am 21. Mai 1995 im Alter von 84 Jahren. Sie wurde auf dem Waldfriedhof in München beerdigt.
Literatur
- Wilhelm Kosch (Hrsg.): Deutsches Theater Lexikon. Band II. Hurka–Pallenberg . Seite 1483. De Gruyter, Berlin [u. a.]. Januar 1960, ISBN 978-3-907820-28-5 (abgerufen über De Gruyter Online).
Filmografie (Auswahl)
- 1935: Bretter, die die Welt bedeuten
- 1953: Die goldene Gans
- 1956: Kirschen in Nachbars Garten
- 1956: Die Heinzelmännchen
- 1957: Die Panne
- 1957: Witwer mit fünf Töchtern
- 1957: Liebe, Jazz und Übermut
- 1957: Heiraten verboten
- 1958: Grabenplatz 17
- 1958: Der Sündenbock von Spatzenhausen
- 1958: Vater, Mutter und neun Kinder
- 1958: Heimatlos
- 1960: Die Dame ist nicht fürs Feuer (Fernsehspiel)
- 1961: Frau Cheneys Ende
- 1961: Barbara
- 1961: Frage Sieben (Question 7)
- 1962: Trompeten der Liebe
- 1962: Laura
- 1962: Bekenntnisse eines möblierten Herrn
- 1963: Meine Tochter und ich (nicht im Vorspann)
- 1964: Die Verbrecher (Fernsehfilm)
- 1965: Der Sündenbock (Fernsehfilm)
- 1966: Münchhausen (Fernsehspiel)
- 1966: Das Cello (Fernsehspiel, Saarländischer Rundfunk)
- 1967: Landarzt Dr. Brock (Fernsehserie) – (In zwei Episoden)
- 1967: Sie schreiben mit – (Fernsehserie, Folge: Die rosa Bluse)
- 1967: Das Kriminalmuseum – (Fernsehserie, Folge: Die Zündschnur)
- 1968: Madame Legros
- 1969: Zehn kleine Negerlein (Fernsehfilm)
- 1969–1970: Die Perle – Aus dem Tagebuch einer Hausgehilfin (Fernsehserie)
- 1971: Augenzeugen müssen blind sein (Fernsehfilm)
- 1972: Berlin, Keithstraße 30 (Fernsehserie)
- 1973: Der Bastian (Fernsehserie)
- 1973: Im Schillingshof (Fernsehfilm)
- 1975: MitGift
- 1975: Bitte keine Polizei – (Fernsehserie, Folge: Russisches Roulette)
- 1976: Das Haus der Krokodile (Fernsehserie)
- 1977: Derrick – (Fernsehserie, Folge 37: Via Bangkok)
- 1978: Derrick – (Fernsehserie, Folge 43: Ein Hinterhalt)
- 1978: Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß (Holocaust) (Fernsehfilm, Mehrteiler)
- 1978: Der Alte – (Fernsehserie, Folge 22: Marholms Erben)
- 1979: Derrick – (Fernsehserie, Folge 56: Ein unheimliches Haus)
Weblinks
- Nora Minor in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Otto zu Stolberg-Wernigerode: Hahn, Hans. In: Neue Deutsche Biographie. Band 7, Grassauer - Hartmann. Seite 506. Berlin, 1966. Abgerufen am 28. September 2016
- ↑ a b ...dann spielten sie wieder. Das Bayerische Staatsschauspiel 1946–1986. Seite 131/132. München 1986. ISBN 3-765-42059-X
- ↑ a b ...dann spielten sie wieder. Das Bayerische Staatsschauspiel 1946–1986. Dokumentation. Verzeichnis der Premieren. Seite 159–197. München 1986. ISBN 3-765-42059-X
- ↑ Münchhausen Klassiker des deutschen Fernsehspiels. Besetzung, Produktionsdetails und Kritiken. Abgerufen am 28. September 2016.
- ↑ Nora MInor. Derrick - Die Darsteller. Mit Szenenfotos. Abgerufen am 2. Juli 2016
Personendaten | |
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NAME | Minor, Nora |
ALTERNATIVNAMEN | Hahn, Nora (Geburtsname); Lallinger, Nora (Ehename) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Schauspielerin |
GEBURTSDATUM | 7. Dezember 1910 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 21. Mai 1995 |
STERBEORT | München |