Paidopithex
Paidopithex | ||||||||||||
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Kopie des Holotyps (rechter Oberschenkelknochen) im Paläontologischen Museum Tübingen
Kopie des Holotyps (rechter Oberschenkelknochen) im Paläontologischen Museum Tübingen | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Oberes Miozän (Tortonium) | ||||||||||||
10 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Paidopithex | ||||||||||||
Pohlig, 1895 | ||||||||||||
Art | ||||||||||||
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Paidopithex (Syn.: Pliohylobates) ist eine fossile Gattung der Altweltaffen aus dem oberen Miozän von Rheinhessen (Rheinland-Pfalz). Einzige bislang beschriebene Art ist Paidopithex rhenanus.
Geschichte
Der Holotyp der Gattung und zugleich der Art Paidopithex rhenanus, ein etwa 28 Zentimeter langer Oberschenkelknochen (Femur), wurde 1820 in einer Sandgrube bei Eppelsheim (heute Landkreis Alzey-Worms) in Rheinhessen (heute Rheinland-Pfalz) entdeckt und an Ernst Schleiermacher vom Großherzoglichen „Naturaliencabinet“ (dem Vorläufer des heutigen Hessischen Landesmuseums) in Darmstadt zur Begutachtung übergeben.[1] Dieser schickte Abgüsse und Zeichnungen des Femurs, das er für menschlich hielt, an den bedeutenden französischen Naturforscher Georges Cuvier, bekam von diesem jedoch anscheinend nie eine Bewertung des Fundes zu lesen.[1]
Erst 41 Jahre nach seiner Entdeckung wurde das Eppelsheimer Femur vom Darmstädter Paläontologen Johann Jakob Kaup in die wissenschaftliche Literatur eingeführt.[1] Kaup ordnete den Knochen der 1856 von Edouard Lartet für Primatenfossilien aus dem Miozän des nördlichen Pyrenäenvorlandes neu errichteten Gattung und Art Dryopithecus fontani zu. Jedoch verwendete er den Namen „Hylobates fontani “ womit er dem berühmten britischen Paläontologen Richard Owen folgte, der davon überzeugt war, dass Dryopithecus identisch mit den rezenten Gibbons (seinerzeit sämtlich in der Gattung Hylobates vereint) ist.[1] Eine ähnliche Ansicht zum Ausdruck brachte der Niederländer Eugène Dubois, indem er in einem Vortrag vor der Belgischen Gesellschaft für Geologie, Paläontologie und Hydrologie am 29. Oktober 1895 für das Eppelsheimer Femur die neue Gattung und Art Pliohylobates eppelsheimensis aufstellte.[2] Heute gilt jedoch der in der gleichen Vortrags-Session[3] von dem Bonner Paläontologen Hans Pohlig vorgeschlagene Name Paidopithex rhenanus.
Das Original des Holotyps wird heute nach wie vor im Hessischen Landesmuseum Darmstadt aufbewahrt. Eine Kopie davon befindet sich im Dinotherium-Museum in Eppelsheim.
Die gleiche Fundstelle lieferte außerdem, anscheinend irgendwann zwischen 1820 und 1861, einen einzelnen Oberkiefer-Eckzahn (Caninus), den Kaup (1861) „einem Cercopithecus ähnlichen Thiere“[1] zuordnete. Im Jahr 1935 wurde für diesen Zahn die neue Art Semnopithecus eppelsheimensis errichtet, die später in die wiederum eigens errichtete, mutmaßliche Dryopithecinen-Gattung Rhenopithecus gestellt wurde.[4]
Geologisches Alter
Der Holotyp stammt aus etwa zehn Millionen Jahre alten (obermiozänen), sandigen Ablagerungen des Ur-Rheins. Diese Flusssedimente werden als Dinotheriensande bezeichnet, weil sie oft Zähne oder Knochenreste des riesigen Rüsseltieres Deinotherium (auch Dinotherium) enthalten.
Systematik
Aufgrund der spärlichen Überreste ist die systematische Zuordnung von Paidopithex schwierig. Favorisiert wurden traditionell eine Zugehörigkeit zu entweder der Gattung Dryopithecus, die als enger ausgestorbener Verwandter der Menschenaffen (Hominidae) gilt oder sogar selbst ein Menschenaffe ist, oder zur Familie Pliopithecidae, für deren ebenfalls sämtlich ausgestorbene Vertreter eine nähere Verwandtschaft zu den Gibbons und damit zumindest eine enge Beziehung zu den Menschenartigen (Hominoidea) vermutet wird. Köhler et al. (2002)[5] schließen nach einer eingehenden und erstmals möglichen Untersuchung von Oberschenkelknochen von Dryopithecus eine sehr enge Verwandtschaft dieser Gattung mit Paidopithex aus. Sie geben daher der Pliopitheciden-Hypothese den Vorrang, ziehen aber auch in Erwägung, dass Paidopithex einen eigenen Seitenzweig der Altweltaffen repräsentieren könnte.
Literatur
- Jens Lorenz Franzen: Auf dem Grunde des Ur-Rheins – Ausgrabungen bei Eppelsheim. Natur und Museum. Bd. 130, Nr. 6, 2000, S. 169–180
- Jens Sommer: Sedimentologie, Taphonomie und Paläoökologie der miozänen Dinotheriensande von Eppelsheim/Rheinhessen. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften, Hannover-Langenhagen 2007
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Johann Jakob Kaup: Beitraege zur naeheren Kenntniss der urweltlichen Saeugethiere. Fuenftes Heft. Eduard Zernin, Darmstadt und Leipzig, 1861, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10226113-5, S. 1–10
- ↑ Eugène Dubois: Sur le Pithecanthropus erectus du Pliocène de Java. Bulletin de la Société Belge de Géologie, de Paléontologie et d’Hydrologie. Bd. 9, Nr. 1, Procès-verbaux, 1895, S. 151–160 (BHL), S. 155
- ↑ Hans Pohlig: Paidopithex rhenanus, n. g.; n. sp., le Singe anthropomorphe du Pliocène rhénan. Bulletin de la Société Belge de Géologie, de Paléontologie et d’Hydrologie. Bd. 9, Nr. 1, Procès-verbaux, 1895, S. 149–151 (BHL)
- ↑ P. Andrews, T. Harrison, E. Delson, R. L. Bernor, L. Martin: Distribution and biochronology of European and Southwest Asian Miocene Catarrhines. S. 168–207 in: Raymond L. Bernor, Volker Fahlbusch, Hans-Walter Mittmann (Hrsg.): The Evolution of Western Eurasian Neogene Mammal Faunas. Columbia University Press, New York 1996, ISBN 978-0-2310-8246-4 (Kapitelvolltext: ResearchGate), S. 176; siehe auch die darin zitierte Literatur
- ↑ Meike Köhler, David M. Alba, Salvador Moyà Solà, Laura MacLatchy: Taxonomic affinities of the Eppelsheim femur. American Journal of Physical Anthropology. Bd. 119, Nr. 4, 2002, S. 297–304. PMID 12448015.