Peter-Michael Kolbe

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Peter-Michael Kolbe, 1975

Peter-Michael Kolbe (* 2. August 1953 in Holzminden)[1] ist ein ehemaliger deutscher Ruderer. Im Einer wurde er fünfmal Weltmeister und gewann dreimal die Silbermedaille bei Olympischen Spielen.

Sportlicher Werdegang

Kolbe, Mitglied des Hammerdeicher Rudervereins von 1893 in Hamburg,[2] später des Alster-RV Hanseat Hamburg[3] sowie des 1986 gegründeten RC Hamburg,[1] war er einer der weltbesten Einer-Ruderer und gewann insgesamt fünf Weltmeistertitel: 1975, 1978, 1981, 1983 und 1986. Nach seiner ersten Weltmeisterschaft wurde er 1975 zum deutschen Sportler des Jahres gewählt. Seine Karriere ist allerdings geprägt davon, dass er bei den Olympischen Spielen 1976, 1984 und 1988 jeweils nur Zweiter wurde. Das bezeichnete Kolbe selbst als Makel, betonte aber auch: „Ich war fünfmal Welt- und einmal Europameister, das ist schließlich auch etwas.“[1] 1976 in Montreal und 1984 in Los Angeles verlor er jeweils das Finale gegen den Finnen Pertti Karppinen und 1988 in Seoul gegen den DDR-Ruderer Thomas Lange. Dennoch sind drei Silbermedaillen bei drei Olympischen Spielen eine beeindruckende Bilanz, zudem Kolbe 1980 durch den Boykott der Spiele von Moskau daran gehindert wurde, in den Kampf um den Olympiasieg einzugreifen und 1984 auf Entscheid der FISA den auf ihn zugeschnittenen Rollausleger-Einer, mit dem er 1981 und 1983 Weltmeister geworden war, nicht einsetzen durfte. Er nahm teils auch in anderen Bootsklassen an Wettkämpfen teil: 1974 wurde Kolbe im Vierer mit Steuermann Weltmeisterschaftsdritter[4] sowie 1978 im Achter[5] und 1979 im Vierer ohne Steuermann jeweils deutscher Meister.[6]

1981 erhielt er von Bundespräsident Carstens das Silberne Lorbeerblatt.[7] Im Frühjahr 1989 beendete Kolbe seine Laufbahn und wurde bei seiner Abschiedsfeier vom Hamburger Senat mit dem Verfassungsportugaleser in Gold geehrt.[8] Im selben Jahr wurde er mit dem Goldenen Band der Sportpresse ausgezeichnet.[9] Im Hamburger Abendblatt wurde Kolbes Wesen anlässlich seines Laufbahnendes mit folgenden Worten eingeschätzt: „Wegen seines ausgeprägten Individualismus und seines Hangs zu zeitweilig störrischer Eigenbrötlerei galt und gilt er als ‚schwieriger Typ‘. Denkweise und Handeln der Funktionäre waren ihm fremd, die Folge: Kolbe, in jungen Jahren ein Hitzkopf, eckte bei den Herren mit seinen Vorstellungen immer wieder an. Mit den Jahren ist Peter-Michael Kolbe freilich gelassener geworden.“[1] Nach seiner aktiven Zeit war Kolbe von 1990 bis 1994 Sportdirektor im Deutschen Ruderverband.[10]

Nach ihm wurde die so genannte „Kolbe-Spritze“ benannt, eine nicht verbotene Manipulation am Athleten. Hintergrund war eine „Vitaminspritze“, die Kolbe vor dem Endlauf der Olympischen Spiele 1976 in Montreal erhielt. Er ließ sich eigener Aussage nach überreden, die Spritze gesetzt zu bekommen, da er Erkältungsanzeichen spürte. Da er das Rennen als amtierender Weltmeister und somit hoher Favorit trotz einer souveränen Führung bis kurz vor dem Ziel letztlich doch gegen den damals noch wenig bekannten Pertti Karppinen verlor, suchte man nach Ursachen für diesen Einbruch bei der verabreichten Spritze. Kolbe berichtete, sich bei der 1500-Meter-Marke leer gefühlt zu haben, er gab Schwierigkeiten mit der Bewegungsfähigkeit sowie der Sehkraft, Schmerzen im Nasen- und Rachenraum an. Aus der Teilen der Sportmedizin wurde Kolbe vorgeworfen, die Spritze als Ausrede für seine Niederlage hervorgebracht zu haben. Die Gabe der Injektion löste in der Bundesrepublik sowohl in sportmedizinischen Kreisen als auch in der Öffentlichkeit eine Debatte über Leistungssteigerung im Spitzensport und über Doping aus.[11] Der damalige Arzt der bundesdeutschen Olympiamannschaft, Josef Nöcker, sagte, die in der Spritze enthaltenen Mittel seien in jeder Apotheke zu haben gewesen und auch anderen Sportlern verabreicht worden. Vom Weltruderverband wurde bestätigt, dass es sich nicht um verbotene Dopingmittel gehandelt habe. Kolbe äußerte 2013, ihn störe, dass diese Spritze mit seinem Namen verbunden sei. Doping sei das, was auf der Dopingliste stehe, das Mittel sei damals nicht verboten gewesen.[12]

Im Jahr 2016 wurde Kolbe als fünfter Ruderer in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.[13]

Privatleben

Kolbe wuchs in Hamburg-Hammerbrook auf.[1] Er erlernte den Beruf des Fernmeldemonteurs. Ende November 1978 zog er nach Oslo zu seiner Freundin (und späteren Ehefrau) Aina Moberg, wollte in der norwegischen Hauptstadt eine Ausbildung zum Speditionskaufmann beginnen und erwog, sportlich kürzerzutreten.[2] Im Januar 1979 kehrte er nach Hamburg zurück, da er in Norwegen keine Arbeitserlaubnis erhalten hatte.[14] In Hamburg begann er beim Unternehmen Alstermilch eG eine Lehre zum Industriekaufmann.[15] Ab 1982 lebte Kolbe mit seiner Frau Aina Moberg und dem 1980 geborenen,[10] gemeinsamen Sohn in Oslo. Kolbe arbeitete in Norwegen zeitweilig als Vertreter eines Betriebes aus Schweinfurt, das Kugellager vertrieb,[16] später für ein Unternehmen aus der Klimabranche und bewirtschaftete ein Waldgebiet.[17] Nach langjähriger Ehe mit Aina Moberg kehrte Kolbe 2005 nach Hamburg zurück, 2007 trat er bei einem Unternehmen im Hamburger Hafen eine Stelle als Einkaufsleiter an.[10] Er heiratete 2011 in Lübeck seine ehemalige Ruderkollegin der deutschen Nationalmannschaft, Karin Kaschke.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Das Ende einer großen Karriere. In: Hamburger Abendblatt. 25. Januar 1989, abgerufen am 19. Juli 2022.
  2. a b Peter-Michael Kolbe heute nach Oslo – ein Abschied ohne Wehmut. In: Hamburger Abendblatt. 27. November 1978, abgerufen am 15. März 2021.
  3. RRK 08 Rudern - Deutsches Meisterschaftsrudern - Einer Männer, Platz 1-3. In: Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 e.V. Abgerufen am 19. Juli 2022.
  4. Rudern – Weltmeisterschaften, Vierer mit Steuermann – Herren. In: sport-komplett.de. Abgerufen am 15. März 2021.
  5. Rudern – Deutsche Meisterschaften, Herren, Achter. In: sport-komplett.de. Abgerufen am 15. März 2021.
  6. Rudern - Deutsche Meisterschaften, Herren, Vierer ohne Steuermann. In: sport-komplett.de. Abgerufen am 15. März 2021.
  7. Bundesarchiv: Sportpreise(Silberlorbeer): Verleihung des Silbernen Lorbeerblattes an Peter Michael Kolbe Signatur BArch B 122/29178
  8. Abschied eines großen Sportlers. In: Hamburger Abendblatt. 11. Februar 1989, abgerufen am 20. Juli 2022.
  9. Kurz notiert. In: Hamburger Abendblatt. 24. Januar 1989, abgerufen am 19. Juli 2022.
  10. a b c Er gewann alles, nur kein Gold. In: Hamburger Abendblatt. 19. März 2008, abgerufen am 15. März 2021.
  11. Henk Eric Meier, Marcel Reinold, Anica Rose: Dopingskandale in der alten Bundesrepublik. In: Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 14. August 2022.
  12. Der frühere Ruderer Peter-Michael Kolbe zum Thema Doping. In: spiegel.de. Abgerufen am 15. März 2021.
  13. Peter-Michael Kolbe – Das Skuller-Phänomen. In: www.hall-of-fame-sport.de. Abgerufen am 25. Mai 2016.
  14. Kolbe wieder in Hamburg. In: Hamburger Abendblatt. 10. Januar 1979, abgerufen am 15. März 2021.
  15. Milch macht Kolbe munter. In: Hamburger Abendblatt. 23. Januar 1979, abgerufen am 15. März 2021.
  16. Menschlich gesehen. Plagen für einmal Gold. In: Hamburger Abendblatt. 18. April 1988, abgerufen am 17. Mai 2022.
  17. „Ruder-Rebell“ zu Besuch in der Heimat. In: Hamburger Abendblatt. 31. März 1999, abgerufen am 15. März 2021.