Heine Haus (Düsseldorf)

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Das Heine Haus ist eine kulturelle Institution in der Düsseldorfer Altstadt, die im Geburtshaus Heinrich Heines ansässig ist.

Das Haus, das seit 2006 zunächst als Zentrum für Literatur galt und seit 2017 seine Funktion als Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf wahrnimmt, widmet sich der Vermittlung und Förderung deutschsprachiger und internationaler zeitgenössischer Literatur. Es wird in einer Public-Private-Partnership zwischen der Landeshauptstadt Düsseldorf, dem Förderverein Heine Haus e.V. und der Literaturhandlung Müller & Böhm geführt, die sich im vorderen Bereich des Hauses befindet. Im hinteren Bereich erstreckt sich ein Veranstaltungsraum mit Literaturcafé.

Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf in der Bolkerstraße

Programm Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf

Im Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf finden ein- bis zweimal pro Woche Autorenlesungen statt, deren Schwerpunkt auf neuer deutscher Literatur liegt. In Reihen wie „Literatur der Nachbarn“ und in verschiedenen Kooperationen werden internationale Werke vorgestellt. Gemeinschaftsprojekte mit der Deutschen Oper am Rhein stellen einen Schnittpunkt zwischen Literatur und Musik dar, Reihen wie „Kunst trifft Literatur“ und Kooperationen unter anderem mit der Kunststiftung NRW eröffnen den Dialog zwischen Literatur und den Künsten. Gesellschaftlichen und kulturpolitischen Fragestellungen bietet das Haus in Form von Diskussionen Raum. Der Lyrik widmet sich das Haus seit 2011 insbesondere mit dem jährlichen, drei Tage umfassenden Programmpunkt „Poesie – Ein Fest im Heine Haus“,[1] in dessen Rahmen der PoesieDebütPreis Düsseldorf vergeben wird.

PoesieDebütPreis Düsseldorf

Seit 2016 wird vom Verein zur Förderung des Heinrich Heine Geburtshauses e.V. der PoesieDebütPreis Düsseldorf vergeben. Der Preis ist mit einem Geldbetrag in Höhe von 6.000 € dotiert (Stand: 2021)[2], welcher zur Förderung der Lyrik aus Mitteln der Landeshauptstadt Düsseldorf bestritten wird.

2021 wird der Preis der Lyrikern Eva Maria Leuenberger[3] für den Gedichtband dekarnation zugesprochen. Die seit 2017 alle zwei Jahre vergebene Auszeichnung ging 2019 für Die Tiere wissen noch nicht Bescheid an den Lyriker Sebastian Unger,[4] 2017 an die Lyrikerin Maren Kames, die für halb taube halb pfau prämiert wurde.[5] Erste Preisträgerin war 2016 die Lyrikerin Julia Trompeter mit dem Gedichtband Zum Begreifen nah.[6]

Der Preis wird in Anwesenheit des Preisträgers, gegebenenfalls des Übersetzers sowie den entsprechenden Vertretern des Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf und der Landeshauptstadt Düsseldorf vergeben. Obligatorisch ist eine an die Verleihung anschließende Lesung der prämierten Autoren.

Der Preis wird an nationale oder internationale Lyriker verliehen, deren Debüt in deutscher Sprache oder deutscher Übersetzung vorliegt. Als Voraussetzung gilt, dass das Debüt außergewöhnlich sein und seine Veröffentlichung nicht mehr als 24 Monate vor der Preisvergabe zurückliegen sollte. Bei Werken, die in deutscher Übersetzung vorliegen, werden 48 Monate eingeräumt. Ausgeschlossen sind Publikationen im Selbstverlag sowie Online-Publikationen.

Eine Bewerbung um den Preis ist nicht möglich, die Entscheidung über seine Verleihung erfolgt durch den vom Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf eingesetzten unabhängigen „Beirat Poesiefest“. Die Sitzung ist nicht öffentlich.

Geschichte des Gebäudes

Geburtshaus Heinrich Heines

Im Hinterhaus des seit 2006 als Heine Haus bezeichneten Gebäudes an der Bolkerstraße 53 wurde 1797 der Dichter und Journalist Heinrich Heine geboren.

Gedenktafel für Heinrich Heine am Heine Haus von Willi Hoselmann, 1947

„Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zumute. Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müßte ich gleich nach Hause gehn. Und wenn ich sage nach Hause gehn, so meine ich die Bolkerstraße und das Haus, worin ich geboren bin …“

In seiner autobiographischen Schrift „Ideen. Das Buch Le Grand“ erinnert sich Heine an sein Geburtshaus.[7]

Im 17. Jahrhundert als Wohn- und Geschäftshaus errichtet, ist das Gebäude seit dem 8. Oktober 1990 in die Denkmalliste der Stadt in der Kategorie Wohn- und Siedlungsbauten eingetragen.[8] Um 1800 hatte Heinrich Heines Vater, Samson Heine, für einige Jahre im Haus 53 einen Laden für „Ellenwaren en detail“.[9]

19. und 20. Jahrhundert

Um 1809 gehörte das Gebäude der Familie Mendel, deren Tochter es Mitte des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit ihrem Ehemann Baruch Wolf an Stephan Schoenefeld, Hoflieferant für Zeichen- und Malutensilien, verkaufte.[10] Die Familie Schoenfeld ist ab 1859 in dem Haus nachweisbar, in dem sie bis 1880 ein Fachgeschäft für Künstlermaterialien unterhielt.[11] 1862 gründete Franz Schoenfeld, der Sohn Stephan Schoenfelds, hier eine Farben- und Firnisfabrik, aus der später das Unternehmen Lukas Künstlerfarben hervorging.[12] Ab 1881 wechselte die Nutzung, der Schlachter Theodor Hüls eröffnete einen Metzgerladen, den seine Witwe bis ins Jahr 1889 fortführte.[13] Ihr folgte bis 1909 der Metzger Bernhard von der Beck, der das Geschäft übernommen hatte.[14] 1910 wandelte der nächste Eigentümer, der Bäcker Wilhelm Weidenhaupt, das Geschäft in eine Bäckerei um, die vorerst unter dem Namen Weidenhaupt und ab 1977 als Bäckerei Joachim Weidenhaupt betrieben wurde.[15]

Der Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten und zunächst im Besitz der Familie Weidenhaupt verbleibenden Hauses erfolgte ab 1947. Nachfolgend beherbergte es verschiedene Gaststätten und Kneipen wie etwa die ab 1981 von der Brauerei Hannen betriebene „Heines Bierakademie“.[16] Berühmt wurde die legendäre Mata-Hari-Einkaufspassage (eröffnet 1970) mit Eingängen von der Hunsrücken-, der Flinger- und der Bolkerstraße. Die Passage, zu der auch jener Bereich gehörte, wo Heinrich Heine geboren wurde, blieb bis 2002 bestehen. Im Bereich des ehemaligen Heine-Geburtshauses befand sich zu Zeiten der Mata-Hari-Passage ein Brunnen mit einer Heine-Büste. Der Brunnen wurde 2006 abgerissen, die Büste steht heute im Vortragssaal der Buchhandlung Müller & Böhm im Heine Haus.[17][18]

1990 erwarb die Stadt Düsseldorf gemeinsam mit der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege auf Antrag der Heinrich-Heine-Gesellschaft das Gebäude, in dessen Ladenlokal sich bis 2004 die Gaststätte und der Literaturtreff Schnabelewopski befand,[19] benannt nach der Titelfigur von Heinrich Heines Schelmenroman Aus den Memoiren des Herrn von Schnabelewopski.

Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf

Nach umfassendem Umbau und aufwendiger Sanierung wurde das Haus am 17. Februar 2006 als Heine Haus neu eröffnet. Zunächst ein Zentrum für Literatur, heißt es seit 2017 Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf.[20]

Literatur

  • Durs Grünbein: Nachts in der Schatzkammer. In: Holger Heimann (Hrsg.): Die beste Buchhandlung der Welt. Wo Schriftsteller ihre Bücher kaufen – 50 Lobpreisungen. Berlin University Press, 2012.
  • Gerhard Höhn: Heine. Handbuch. Zeit-Person-Werk, 3. Auflage, J.B. Metzler, 2004.
  • Joseph A. Kruse: Heine-Zeit, J.B. Metzler, 1997.
  • Theo Lücker: Steine sprechen. Kleiner Wegweiser durch die Düsseldorfer Altstadt. Verlag T. Ewers, Düsseldorf 1977, S. 76–78 [Nr. 37 Heines Geburtshaus].
  • Cees Nooteboom: Wo Bücher knurren, grollen, träumen. In: Susanne Schaber (Hrsg.): Cees Nooteboom. Gesammelte Werke, Band 8: Essays und Feuilletons. Suhrkamp, 2008.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Festival der Poesie im Heine Haus. In: rp-online. 25. September 2017, abgerufen am 7. April 2019.
  2. Lyrikdebütpreis des Heine Hauses. In: FAZ. 29. Mai 2021, abgerufen am 31. Mai 2021.
  3. Eva Maria Leuenberger bekommt Düsseldorfer Poesiedebüt-Preis. In: rp online. 31. Mai 2021, abgerufen am 31. Mai 2021.
  4. Sebastian Unger bekommt Düsseldorfer Poesie-Debüt-Preis, in: Rheinische Post Krefeld Kempen, 26. März 2019, S. C8.
  5. Maren Kames für "halb taube halb pfau" prämiert, boersenblatt.net, 28. März 2017, abgerufen am 12. April 2017.
  6. Preisvergabe an Julia Trompeter auf rp-online.de, 16. Juni 2016, abgerufen am 15. März 2017.
  7. Heine, H.: Ideen. Das Buch Le Grand. Reclam Bibliothek Nr. 2623, Stuttgart 1998, S. 18.
  8. Eintrag in der Denkmalliste der Landeshauptstadt Düsseldorf beim Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege, Stand: 13. Mai 2008
  9. In: Jahrbuch der Armen-Versorgungsanstalt und Adressbuch von Düsseldorf. Teil Adressbuch. 1801, S. [113]77.
  10. Heinrich Ferber. In: Historische Wanderung durch die alte Stadt Düsseldorf. Herausgegeben vom Düsseldorfer Geschichtsverein. 1889 Verlag C. Kraus, Teil I, S. [131]121.
  11. Adreßbuch der Oberbürgermeisterei Düsseldorf, 1. Juli 1863 Stephan Schoenfeld, Schreib-, Zeichen- und Malmaterialien-Handlung en gros & en Detail, Bolkerstraße 53
  12. Firmenarchiv Lukas Nerchau GmbH. Abgerufen am 7. April 2019.
  13. In: Adressbuch der Oberbürgermeisterei Düsseldorf. 1881, S. [207]15.
  14. In: Adressbuch der Stadt Düsseldorf. 1890, S. [701]567.
  15. In: Adressbuch der Stadt Düsseldorf und die Bürgermeistereien. 1911, S. [671]49. Digitalisiert bis 1940: 1940, S. [1336]13. Ab 1942: Stadtarchiv Düsseldorf.
  16. Joseph A. Kruse: Heine-Zeit. Weimar 1997, S. 69.
  17. Sebastian Brück: Düsseldorfs meistvermisster Erinnerungsort der 1980er. In: Düssel-Flaneur. 1. November 2021, abgerufen am 8. November 2021 (deutsch).
  18. Lütgenau, Evertz und die Mata-Hari-Passage. In: Düssel-Flaneur. 19. Dezember 2018, abgerufen am 7. April 2019.
  19. Zehn Jahre Nicht-Museum. In: rp-online. 7. April 2016, abgerufen am 7. April 2019.
  20. Düsseldorfs neues Literaturhaus. In: Westdeutsche Zeitung. 21. September 2017, abgerufen am 7. April 2019.

Koordinaten: 51° 13′ 34,5″ N, 6° 46′ 28,9″ O