Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps

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Das Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps (chinesisch 

新疆生产建设兵团

, Pinyin

Xīnjiāng Shēngchǎn Jiànshè Bīngtuán

, uigurisch شىنجاڭ ئىشلەپچىقىرىش قۇرۇلۇش بىڭتۇەنى, engl.: Xinjiang Production and Construction Corps, Abk.: XPCC, Bingtuan) ist eine in ihrer Art einzigartige Wirtschafts- und Paramilitär-Organisation in der autonomen Region Xinjiang in China. Das XPCC erfüllt administrative Aufgaben für mehrere Mittelstädte, Dörfer und Landwirtschaftsbetriebe in Xinjiang. Es verfügt über eine eigene Verwaltungsstruktur und erfüllt Regierungsaufgaben wie Gesundheitsversorgung und Erziehung in den Gebieten, die seiner Verwaltung unterstehen. Die Regierung von Xinjiang tritt in den genannten Gebieten normalerweise nicht in Erscheinung. Das XPCC wurde 1954 von Wang Zhen auf Anordnung von Mao Zedong hin gegründet.[1] Die Ziele, die für die Organisation festgeschrieben sind, heißen: Entwicklung der Grenzgebiete vorantreiben, Wirtschaftsentwicklung unterstützen, soziale Stabilität und ethnische Harmonie gewährleisten und die Grenzverteidigung zu konsolidieren.[2] In seinem 50-jährigen Bestehen hat das XPCC landwirtschaftliche Betriebe, Klein- und Großstädte errichtet und für die Land- und Arbeitsverteilung für entlassene Armeeangehörige gesorgt. Das XPCC ist auch selbst im Wirtschaftsbereich tätig als China Xinjian Group[2] (chinesisch 

中国新建集团

), sowie mit einer ganzen Reihe von untergeordneten Wirtschaftsunternehmen (u. a. Xinjiang Chalkis Co.Ltd (chinesisch 

中基健康产业股份有限公司

[3])).

Geschichte

Das XPCC hat seine Wurzeln im traditionellen chinesischen tuntian-System (chinesisch 

屯田制

). Dieses System bestand darin, militärische Einheiten in Grenzgebieten anzusiedeln, mit dem Ziel den Militärangehörigen ein Leben in Selbstversorgung zu ermöglichen. Es gab vergleichbare Maßnahmen auch in der Tang- und der Qing-Dynastie.[4] Konstructions-Corps wurden in verschiedenen dünn besiedelten Grenzgebieten gegründet, unter anderem Heilongjiang, Innere Mongolei und Xinjiang. Die neugegründete Volksrepublik China hatte zunächst das Problem, was sie mit vielen ehemaligen nicht-kommunistischen Soldaten machen sollte, die viele Jahre lang nicht in wirtschaftlichen Zusammenhängen gearbeitet hatten. Es gab Ideen, diese Soldaten auf gemeinschaftlich genutzten Parzellen anzusiedeln. Die Regierung bildete daraufhin das XPCC aus Soldaten der kommunistischen First Field Army, ehemaligen Kuomintang-Soldaten,[4] sowie Soldaten der Ili National Army.[1] Das XPCC selbst wurde im Oktober 1954 gegründet mit 175.000 Militärs, die in Xinjiang unter Tao Zhiyue als erstem Kommandanten angesiedelt wurden.

Das XPCC beschäftigte sich zunächst mit der Besiedlung, landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und Bebauung dünn besiedelter Gebiete, zum Beispiel in den Randgebieten der Taklamakan und der Gurbantünggüt, unter dem Prinzip "nicht mit den ansässigen Bewohnern um Gewinn zu wetteifern."[2] Das XPCC diente auch als Reserveeinheit für die aktiven Truppen in Xinjiang, wurden jedoch nie einberufen, da die Beziehungen zur benachbarten Sowjetunion in den Gründungsjahren der Volksrepublik gut waren.[1][4] Das XPCC wurde zusätzlich durch enthusiastische Jugendliche aus anderen Teilen Chinas aufgefüllt, vor allem auch um die Geschlechterquoten auszugleichen und Mitglieder mit höherer Bildung zu gewinnen. 1962, nach dem Chinesisch-sowjetischen Zerwürfnis, ereigneten sich einige Gewaltausbrüche in Yining und 60.000 Menschen aus den ethnischen Minderheiten flohen in die Sowjetunion. Die chinesische Regierung kam in Sorge, dass die Sowjetunion versuchen könnte, China zu destabilisieren[4] und Krieg anzufangen.[1] Das XPCC wurde beauftragt, die Höfe derer zu bewirtschaften, die geflohen waren.[1] 1966 hatte das XPCC eine Stärke von 1,48 Millionen Personen erreicht.

Das XPCC wurde, wie viele andere Organisationen zu der Zeit, durch die Kulturrevolution stark dezimiert. 1975 wurde es komplett aufgelöst und alle Befugnisse auf die Regierung von Xinjiang und die regionalen Behörden übertragen.[2]

Als die Sowjetunion das benachbarte Afghanistan 1979 einmarschierte und die Mudschahidin an Macht gewannen, führten Ängste vor einer Einkreisung durch die Sowjets und vor dem islamischen Fundamentalismus zur Neugründung des XPCC 1981.[2] Die Kultivierung und wirtschaftliche Entwicklung der Grenzgebiete noch intensiviert.

Organisation

Das XPCC untersteht sowohl der chinesischen Zentralregierung, als auch der Regierung von Xinjiang und hat Kompetenzen auf sub-provinzialer Ebene, vergleichbar mit Unterprovinzstädten. Die wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen werden separat von der Verwaltung Xinjiang gestaltet. Der Parteisekretär von Xinjiang ist gleichzeitig der "Executive Political Commissar" (chinesisch 

政治委員

) des XPCC, während der Parteichef des XPCC normalerweise gleichzeitig auch Politkommissar des XPCC und höchste Autorität für die täglichen Belange ist. Das Gebiet und die Bevölkerung des XPCC werden normalerweise als Teil der Statistiken von Xinjiang angegeben, aber das Bruttonationaleinkommen wird separat aufgelistet.

Das XPCC ist aufgeteilt in Divisionen und Regimenter. Das Hauptquartier hat seinen Sitz in Ürümqi. Jede Division ist vergleichbar mit einer Provinz-Präfektur von Xinjiang.

Das XPCC wird als ganzes von jeweils drei Beamten angeführt und die Divisionen sind analog dazu aufgebaut: Es gibt einen ersten Politkommissar, einen Politkommissar und einen Kommander. Der erste Politkommissar des XPCC ist gleichzeitig der "Xinjiang Committee Secretary" der KPC und die ersten Politkommissare jeder XPCC-Division sind ebenfalls "Committee Secretaries" auf den entsprechenden Präfekturebenen.

Zusätzlich zu den Regimentern unterhält das XPCC landwirtschaftliche Betriebe auf der Eben von Regimentern.

Am Ende des 20. Jahrhunderts hat sich militärische Rolle des XPCC erübrigt. Die militärische Funktion wurde dem Xinjiang Military District, einer Abteilung der Lanzhou Military Region übertragen, die das ganze nordwestliche China umfasst. Militärangehörige des XPCC sind momentan nur noch Reservisten und Milizionäre.

Verwaltungsstruktur

Das XPCC besteht aus 14 Divisionen, die in 185 Einheiten auf Regiments-Ebene (Regimenter, Farmen und Höfe) eingeteilt sind, die über die ganze Provinz Xinjiang verteilt sind.

Divisionen:

Name Gründung Gebiet Hauptquartier
XPCC I. Division 1953 Aksu (Regierungsbezirk) Aral
XPCC II. Division 1953 Bayingolin Tiemenguan
XPCC III. Division 1966 Kaxgar (Regierungsbezirk) Tumxuk
XPCC IV. Division 1953 Ili
(Süden, direkt verwaltet)
Kokdala
XPCC V. Division 1953 Bortala Shuanghe
XPCC VI. Division 1953 Changji Wujiaqu
XPCC VII. Division 1953 westlich von Karamay Kuytun, (Tianbei New District)
XPCC VIII. Division 1953 östlich von Karamay Shihezi
XPCC IX. Division 1962 Tacheng von Ili Emin
XPCC X. Division 1959 Altay (Regierungsbezirk) von Ili Beitun
XPCC Construction Engineering Division 1953 Ürümqi
XPCC XII. Division 1982 Ürümqi Unterprovinzstadt Ürümqi
XPCC XIII. Division 1982 Hami Unterprovinzstadt Hami
XPCC XIV. Division 1982 Hotan Hotan

Siedlungsprojekte

Das XPCC hat sechs mittelgroße Städte erbaut und verwaltet heute noch fünf davon. Die Verwaltungen dieser Städte sind komplett mit derjenigen Division verwoben, die sie kontrolliert. Beispielsweise ist das Hauptquartier der Division gleichzeitig die Stadtverwaltung, der Divisions-Politkommissar auch der "City Committee Secretary", der Divisionskommandant der Bürgermeister und so weiter. Die fünf XPCC-Städte werden nominell als "Unterprovinzstadt" von Xinjiang geführt, die Verwaltung von Xinjiang hat jedoch normalerweise nichts mit der Verwaltung dieser Städte zu tun.

Name Offizielle Ernennung
zur Stadt
Verwaltungsperiode
Kuytun[1] 奎屯市 1975 1953–1975
Tianbei Xinqu 天北新区 TBD 2002–present
Shihezi[2] 石河子市 1976 1953–1975, 1980–heute
Aral 阿拉尔市 2002 1953–1975, 1980–heute
Wujiaqu[2] 五家渠市 2002 1953–1975, 1980–heute
Tumushuke 图木舒克市 2002 1966–1975, 1980–heute
Beitun 北屯市 2011 2002–heute
Tiemenguan 铁门关市 2012 2002–heute
Shuanghe 双河市 2014 2002–heute
Kokdala 可克达拉市 2015 2003–heute

Demographie

37 ethnische Gruppen sind im XPCC vertreten. Die größten davon sind Han, Uiguren, Kasachen, Hui und Mongolen. Muslime sind daraus die größte Religionsgruppe mit 250.000 Mitgliedern, es gibt daneben aber auch kleinere Gruppen von Buddhisten, Protestanten (jidujiao) und Katholiken.[2] Während die Han ursprünglich die größte Gruppe der Arbeiter beim XPCC stellten, sind ihre Zahlen zurückgegangen: von 1980 bis 1993 blieb die Mitgliederzahl des XPCC konstant, während Han-Mitglieder von 90 % auf 88 % zurückgingen.[4] Etwa 13 % (2002) der Population von Xinjiang gehört zum XPCC.

Ethnische Gruppen, 2002, geschätzt[5]
Nationalität Population Prozent-Anteil
Han 2,204,500 88.1
Uiguren 165,000 6.6
Hui 64,700 2.6
Kasachen 42,700 1.7
Mongolen 6,200 0.3
andere 18,100 0.7

Die VII. Division ist die größte mit einer Mitgliederzahl von 579.300 (2002).

Wirtschaft

Im Verlauf seiner Geschichte gründete das XPCC eine große Zahl von Bergbau und Montanindustrie-Betrieben, die nach und nach an die Regierung von Xinjiang übergeleitet wurden. Heute konzentriert sich das XPCC vor allem auf wirtschaftliche Entwicklung und Landwirtschaft. Im Zuge der wirtschaftlichen Öffnung Chinas hat das XPCC viele börsennotierte Untergesellschaften gegründet, die eine ganze Bandbreite von Produkten herstellen. Für den Auftritt der Privatwirtschaft nutzt das XPCC die Bezeichnung "China Xinjian Group".

Haupterzeugnisse sind noch immer landwirtschaftliche Produkte, wie Baumwolle, Früchte, Gemüse, Grundnahrungsmittel, Pflanzenöle, Zuckerrüben und andere. Die wichtigsten davon sind Baumwolle, Tomaten, Ketchup, Korla Birnen, Turpan Weintrauben, Wein und andere. Das XPCC nutzt eine Mischung aus Massentierhaltung, Industrieller Agrar-Produktion und Kleinfarmen.

Einige weitere betrieb arbeiten auf dem Tertiärsektor, wie Handel und Transport, Immobilien, Tourismus, Bau und Versicherungswesen. Momentan hat das XPCC elf Börsennotierte unternehmen:

Kultur

Das XPCC führt sein eigenes Bildungssystem von der Grundschule bis hin zur Universitären Bildung. Es gibt momentan zwei Universitäten:

Das XPCC hat auch seine eigene Tageszeitung, die Bingtuan Daily, sowie mehrere Fernsehsender.

Rezeption

Gemäß dem Schweizerischen-Flüchtlingshilfe-Analysten aus 2001 ist „Bingtuan“ der verlängerter Arm der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in Xinjiang. Sie sollen sich um die Kolonialisierung von Xinjiang koordinieren. Des Weiteren sind sie zuständig für über einhundert Hektar Land, welches fast ausschließlich von Han-Chinesen bewohnt ist. Das Bingtuan verfügt über eine eigene Polizei bzw. Miliz, Gerichtsstrukturen, Lager und Gefängnisse, gelten somit als Staat im Staate. Die Gefängnisse werden unter anderem für politisch-oppositionelle Uiguren verwendet. Sie bauten bis 2001 über „2000 städtische oder dörfliche Siedlungen in Xinjiang“ auf, welche zu 90 Prozent von Han-Chinesen (2,5 Millionen) bewohnt werden, was einem Siebtel der Gesamtbevölkerung von Xinjiang entspricht. Die Bingtuan-Organisation ist ein elementarer Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung von Xinjiang, aber sie fördert die klar ersichtliche Politik der „ethnische[n] Segregation Ressentiments der uigurischen Bevölkerung und der lokalen Regierung“. Für die KPCh-Führung ist das Bingtuan eine ideale Institution, um alle langwierigen und aufwändigen „lokalen und regionalen Behörden“ umgehen zu können und elementar seinen Einfluss in Xinjiang sicherzustellen. Das Bingtuan protegiert seit fünf Jahrzehnten, dass Han-Chinesen in Xinjiang ansiedeln und sich wirtschaftlich als auch politisch evolvieren können. Um den wachsenden han-chinesischen Siedlern stemmen zu können wird in das südliche Xinjiang expandiert, also in das Kerngebiet der Uiguren.[6]

Literatur

  • Jean-Baptiste Malet: L'Empire de l'or rouge. Enquête mondiale sur la tomate d'industrie. Fayard 2017. ISBN 978-2-213-68185-6

Quellen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Mark O'Neill: The Conqueror of China's Wild West.Asia Sentinel 2008-04-13.
  2. a b c d e f g h IX. Establishment, Development and Role of the Xinjiang Production and Construction Corps. History and Development of Xinjiang, State Council of the People's Republic of China Mai 2003.
  3. reuters
  4. a b c d e Morris Rossabi: Governing China's Multiethnic Frontiers. University of Washington Press 2005: 157–158.
  5. Source (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive)
  6. Roland Portmann: Die Situation in der chinesischen Region Xinjiang und die Lage der Uiguren. Länderanalyse SFH. In: SFH-Infobörse. 5/01 (Dezember 2001). Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Schweiz 2001, 4.2 Das Bingtuan als verlängerter Arm Pekings in Xinjiang, S. 33–34 (ecoi.net [PDF; 101 kB]).