Quengeln
Quengeln bezeichnet in der Medizin eine Behandlung von bewegungseingeschränkten Gelenken mittels geeigneter Hilfsmittel. Typische Hilfsmittel sind dabei Verbände, Spanner und Schrauben.[1] Dabei übt der Quengelverband oder -apparat eine dauernde Kraft auf das betroffene Gelenk in der Richtung seiner Einschränkung aus. Entscheidend ist es dabei, die Kraft so zu dosieren, dass der Patient keinen Schmerz empfindet.
Analog wird auch ein Verband als Quengelverband bezeichnet, der einen elastischen Zug parallel zur Bewegungsrichtung einer Sehne entwickelt. Diese Art von Verbänden wird zur Nachbehandlung von Sehnenverletzungen eingesetzt.
Prinzip
Das Grundprinzip dieser Hilfsmittel besteht darin, dass auf das Gelenk eine der Richtung der Kontraktur entgegenwirkende Spannung ausgeübt wird. Das Anlegen von Quengelverbänden ist eine ärztliche Leistung.[2] Der Begriff Quengelverband findet sich in der Literatur auch als Synonym für die dynamische Schiene, die zur Nachbehandlung von Sehnenverletzungen verwendet wird. In diesen Fällen ist der Zweck der Zugvorrichtung jedoch nicht die Behandlung einer Gelenkkontraktur, sondern die Entlastung der operativ (wieder-)adaptierten Sehne.[3]
Grundsätzlich kann man das dynamische und das statische Quengeln unterscheiden. Dynamisches Quengeln bedeutet die Verwendung eines elastischen Widerstandes (s. o.), statisches eine starre Fixation wie sie beispielsweise bei der Klumpfußbehandlung eingesetzt wird. Für letzteres wird meist eher der Begriff Redression. verwendet.
Aufbau
Ein Quengelverband besteht aus zwei proximal und distal des behandlungsbedürftigen Gelenks angelegten Befestigungsmöglichkeiten für eine geeignete Zugvorrichtung. Als Befestigungsmöglichkeiten eignen sich mittels Scharnier verbundene Verbandhülsen (zirkuläre Gipsverbände, Schienen oder auch Lederhülsen) oder, beispielsweise für die Fingergelenke, eine Unterarmschiene (Quengelschiene), ergänzt durch eine Halterung am Fingernagel, und als Zugvorrichtung Federn[4] oder auch einfache Haushaltsgummis. Abnehmbare Vorrichtungen mit den gleichen Eigenschaften werden auch als Quengelapparat bezeichnet.[5]
Varianten
Bei Quengelschienen unterscheidet man zwischen statischen und dynamischen Quengelschienen.
Im Vergleich zur statischen Quengelung haben dynamische Quengelgelenke den Vorteil des gleichmäßigen Kraftverlaufs. Es lässt sich mit deutlich weniger Kraftaufwand schneller das gewünschte Ziel erreichen. Hierdurch wird das Risiko zur Entstehung von Druckstellen erheblich verringert. Dynamische Quengelschienen weisen gewöhnlich eine nahezu lineare Kraftentwicklung auf. Diese Eigenschaft trägt besonders zur Verbesserung der Beweglichkeit der Gelenke bei; somit wird auch die bessere Mobilisierung spastischer Muskulatur unterstützt. Eine besondere Anwendung finden diese Quengelschienen bei auftretenden Spasmen. Hier wirken sie anforderungsgemäß gegen auftretende Kontrakturen. Bei einem einsetzenden Spasmus arbeiten die Orthesen jedoch antagonistisch, da sie im entsprechenden Moment nachgeben und nicht gegenhalten. Somit steigert sich der Patient nicht in den Krampf hinein, sondern kann seinen Spasmus ausleben. Nach Abklingen des Krampfes wird das Gelenk wieder in seine Ursprungsposition zurückgeführt.
Historie
Historisch gesehen ist das Quengeln eine seit Jahrhunderten bekannte Behandlungsform. Die erste Quengelschiene wurde um 1530 von Hans von Gersdorff beschrieben.[6]
Einzelnachweise
- ↑ W. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. de Gruyter, 1977, ISBN 3-11-007018-9.
- ↑ Text der Anlage Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen
- ↑ K.-D. Thomann (Hrsg.): Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung: Praxis der klinischen Begutachtung. Urban & Fischer, 2008, ISBN 978-3-437-24860-3, S. 218. (Google books)
- ↑ Dietrich Hohmann, Ralf Uhlig: Orthopädische Technik. Thieme, 2005, ISBN 3-13-135929-3, S. 397. (Google books), mit Darstellung einer Quengelschiene bei Knopflochdeformität
- ↑ Hans-Peter Bischof, Jürgen Heisel, Hermann Locher: Praxis der konservativen Orthopädie. Thieme, 2007, ISBN 978-3-13-142461-7, S. 115. (Google books)
- ↑ Hans U. Debrunner, Wolfgang Rüdiger Hepp: Orthopädisches Diagnostikum. Thieme, 2004, ISBN 3-13-324007-2, S. 4. (Google books)