Radulfus de Diceto

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Seite aus Ralph de Dicetos Ymagines Historiarum

Radulfus de Diceto (* zwischen 1120 und 1130, † 22. November 1199/1200 oder 1202)[1], auch Raoul de Diceto oder Ralph de Diceto genannt, war Archidiakon von Middlesex sowie seit 1180 Dekan der St. Pauls-Kathedrale und Verfasser zweier Chroniken, nämlich der Abbreviationes Chronicorum und der Ymagines Historiarum.

Biografie

Radulfus de Diceto wurde erstmals im Jahr 1152 erwähnt. Allerdings sind weder seine Eltern noch seine Nationalität bekannt. Auf Grund seines Namens wird gelegentlich vermutet, er stamme aus Diss in Norfolk, sein Name kann sich jedoch auch von Orten Burgunds oder der Champagne ableiten. Bereits 1152 wird er als Magister bezeichnet – er hatte in Paris studiert, wo er Arnulf von Lisieux kennengelernt hatte. Ein anderer Förderer Radulfs war Gilbert Foliot von Hereford, somit unterhielt Radulfus Beziehungen zu zwei der bedeutendsten Bischöfe dieser Zeit im angevinischen Machtbereich.

Ralph Turner bezeichnet Radulfus wegen seines Zugangs zu höfischen und amtlichen Dokumenten als halbamtlichen Historiker des englischen Königshauses. Zu den Personen, mit denen er engeren Umgang hatte, zählten Richard fitz Nigel, Vorstand des Exchequer und ab 1189 Bischof von London, William de Longchamp, der Kanzler Richards I. sowie Walter de Coutances, der Erzbischof von Rouen. Radulfus war jedoch keineswegs ein Propagandist der Königsfamilie, zählte aber zu den Autoren, die weitgehend wertungsfrei über Eleonore von Aquitanien schrieben.[2]

Seine zwei wichtigsten Werke, die Abbreviationes Chronicorum und die Ymagines Historiarum, umfassen die Geschichte der Welt von der Geburt Christi bis in das Jahr 1202. Die Abbreviationes Chronicorum, dem Erzbischof Johann von Lyon gewidmet, enden mit dem Jahr 1147 und basieren ausschließlich auf anderen antiken und mittelalterlichen Quellen. Die Fortsetzung Ymagines Historiarum, schon während der Abfassung der Abbreviationes begonnen, fasst Schriften von Robert von Torigni sowie Briefe von Foliot zusammen. Ereignisse ab 1172 beschrieb Radulfus auf Basis seiner eigenen Kenntnisse.

Werke

  • Radulfi de Diceto Decan Lundoniensis opera historica, hrsg. von William Stubbs, 2 Bände, (Rerum britannicarum medii aevi scriptores or chronicles and memorials of Great Britain and Ireland during the middle ages, Bd. 68,1 und Bd. 68,2), Nachdruck der Ausgabe London 1876, New York 1965.
  • Ymagines Historiarum, hrsg. von William Stubbs: The Historical Works of Ralph of Diss, in: Rolls Series 68.1 (London, 1876)

Literatur

  • Jan Prelog: Radulfus de Diceto. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 7. LexMA-Verlag, München 1995, ISBN 3-7608-8907-7, Sp. 393.
  • Georg Goetz (Hrsg.): Trogus und Gellius bei Radulfus de Diceto. Aus dem Nachlasse G. Gundermanns, (Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch-Historische Klasse, Bd. 78,2), Leipzig 1926.
  • Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Dritter Teil (Band) unter Paul Lehmanns Mitwirkung: Vom Ausbruch des Kirchenstreits bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts. München 1931, S. 637–649 (HdAW 9.2.3) (Radulfus de Diceto)
  • Ralph V. Turner: Eleonore von Aquitanien – Königin des Mittelalters. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63199-3.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Prelog hat 1199/1200, Manitius „wahrscheinlich … 1202“. Diese unterschiedlichen Daten erklären sich aus dem Umstand, daß die Capitula zu Beginn der Ymagines bis 1198 reichen, die tatsächliche Schilderung aber bis 1202; vgl. Manitius S. 638 mit Anmerkung 9.
  2. Ralph V. Turner: Eleonore von Aquitanien – Königin des Mittelalters. München 2012, S. 13.