Riemengetriebe
Das Riemengetriebe (auch der Riementrieb oder Riemenantrieb) ist ein Zugmittelgetriebe mit einem i. d. R. geschlossenen Riemen als Mittel zur Bewegungs- bzw. Kraftübertragung zwischen weit entfernten Getriebeteilen.
Einsatz
Früher wurden Riemengetriebe unter der Bezeichnung Transmission geführt. Die klassische Transmission ist heute nur noch äußerst selten anzutreffen. Die Entwicklung vor allem kleiner und leistungsstarker Elektromotoren und Sicherheitsaspekte (Gefahr bei Riemenriss) haben die klassische Transmission aus den Industriebetrieben verdrängt.
Bei modernen Riemengetrieben wurde der Flachriemen weitestgehend durch den Keilriemen ersetzt, da dieser große Kräfte bei kleiner Vorspannung übertragen kann. Er übernimmt bei seinem Einsatz zugleich die Funktion einer Sicherheitskupplung. Einsatz finden Riemengetriebe z. B.: im Kfz zum Antrieb der Lichtmaschine, in Waschmaschinen oder Werkzeugmaschinen sowie im Doriotgestänge zum Betrieb von zahnärztlichen Bohrern. Er wird jedoch nicht mehr für die Überwindung großer Wege eingesetzt. Bei einfachen Anwendungen wird er auch als Kupplung verwendet. Dabei wird eine Spannrolle gelockert und der sonst gespannte Riemen rutscht durch. (Anwendung beispielsweise als Radantrieb bei Rasenmähern.)
Die Entwicklung neuer Riemenarten, wie Treibriemen, hat sich jedoch in diversen Bauformen erhalten, die die Vorteile der Transmission erhalten und die Nachteile wieder aufwiegen oder bei denen sie im speziellen Fall nicht relevant sind.
Die Vorteile des Riementriebes sind etwa:
- ruhiger und geräuscharmer Lauf
- Stoßdämpfung
- geringe Wartung (keine Schmierung)
- geringe Kosten (besonders bei großen Wellenabständen),
- kurzzeitige Überlastfähigkeit (Riemenschlupf – nicht bei Zahnriemen)
- geringes Gewicht/Leistung
- hohe Umlaufgeschwindigkeiten (Drehzahlen)
Die Nachteile:
- begrenzter Temperaturbereich
- Riemendehnung (Nachspannen)
- Empfindlichkeit gegen äußere Einflüsse (Öl, Benzin, Temperatur, Schmutz, Wasser, Staub)
- ständiger Dehnschlupf (ca. 2 % – nicht bei Zahnriemen)
- große Wellenbelastungen (1,2–2,5-fach mal Umfangskraft) je nach Riemenart
Transmissionen (Riemen- und auch Zahnradgetriebe) dürfen wegen der großen Verletzungsgefahr heute nur noch umhaust (Kästen oder Gitter) betrieben werden.
Wegen möglicher elektrostatischer Aufladungen durch Ladungstrennungen und resultierender Entladungsfunken müssen Riemen in explosionsgefährdeten Räumen gegebenenfalls elektrisch leitend und somit geerdet ausgeführt werden.[1]
Einteilung
Riemengetriebe können unterschiedlich eingeteilt werden:
Nach Riemenart
Nach Riemenführung
Offen
Offene Riemengetriebe sind die einfachste Bauart. Bei ihnen läuft der Riemen über zwei Riemenscheiben, deren Achsen parallel und deren Drehrichtung gleich ist. Die Drehrichtung ist ohne weiteres umkehrbar. Es können sehr große Riemengeschwindigkeiten gefahren werden.
Gekreuzt
Gekreuzte Riemengetriebe werden eingesetzt, wenn sich die Riemenscheiben in entgegengesetzten Drehrichtungen bewegen sollen. Sie benötigen einen relativ großen Abstand zwischen den Scheiben und müssen so konstruiert sein, dass sich die Trume des Riemens nicht berühren.
Halbgekreuzt (geschränkt)
Durch geschränkte Riementriebe lassen sich Drehbewegungen von zwei Achsen übertragen, welche im Winkel 90° zueinander angeordnet sind (ebenso wie bei einem Schneckengetriebe). Ihr Abstand muss nicht so groß sein wie bei der gekreuzten Anordnung, da die Gefahr einer Berührung der beiden Riemenseiten nicht gegeben ist.
Mehrfachantriebe
Der Riemen läuft meist über eine Antriebsriemenscheibe und mehrere Abtriebswellen und/oder -scheiben.
Einteilung nach Spannmöglichkeit
Dehnungsgetriebe
Der Riemen ist kürzer als eigentlich notwendig und wird elastisch gedehnt.
Spannrollengetriebe
Es befindet sich eine oder mehrere zusätzliche Spannrollen am Leertrum. Die Spannrollen können entweder fest oder federnd angebracht werden.
Spannwellengetriebe
Beim Spannwellengetriebe kann die An- oder Abtriebswelle bzw. der Motor bzw. die Arbeitsmaschine in seiner Halterung bewegt werden, um den Riemen zu spannen. Eine bekannte Anwendung ist der Lichtmaschinenantrieb beim Automobil.
Selbsttätiges Spannen
- Motor auf Wippe befestigt (selbstspannender Riementrieb nach Josef Pöschl bzw. selbstspannender „Sespa“-Antrieb) – Spannung durch das Reaktionsmoment des Motors infolge des Drehmoments, Ruhevorspannung meist zusätzlich durch die Motor- und Wippensmasse.
- Antriebsscheibe mit Zahnrad zur Motorwelle verbunden. Die Antriebswelle ist um die Motorwelle schwenkbar. Das Reaktionsmoment des Motors schwenkt die Antriebsscheibe und spannt so den Riemen.
Nach Verstell-/Schaltbarkeit
Ausrückgetriebe
Das Ausrückgetriebe entspricht der oben bei der klassischen Transmission erklärten Kupplung für Flachriemen.
Stufenscheibe
Sie wird verwendet, um mit Riemengetrieben Schaltgetriebe aufzubauen. Siehe ebenfalls klassische Transmission (Flachriemen)-Anwendung bei Werkzeugmaschinen. Die Schaltung erfolgt jedoch oft im Stillstand.
Kegelscheibe
Zwei entgegengesetzte konische Rotationskörper auf denen ein etwas breiterer Riemen in Achsrichtung verschoben wird. Es ist das einfachste aller kontinuierlich verstellbaren (CVT)-Riemengetriebe.
Keilriemenverstellgetriebe
Stufenlos stellbares Getriebe (Sammelbegriff CVT-Getriebe), bei dem ein breiter Keilriemen zwischen axial verstellbaren Kegelrädern läuft. Anwendung in Kleinkrafträdern und Säulenbohrmaschinen. Siehe auch Variomatic und Kettengetriebe.
Normen und Standards
Eine Auswahl:
- Durchmesser: DIN 114
- Kupplungen: DIN 115, 116
- Lager und Lagerunterlagen: DIN 117, 118, 119, 187, 189, 193, 194, 195
- Triebscheiben: DIN 109, 110, 111, 112, 121
- Verankerungen: DIN 188, 191, 192, 261, 794, 796
- Vorgelege: DIN 751, 752, 753, 754, 755, 756, 757
- Sinnbilder: DIN 991, 992, 993
Literatur
- Thomas Nagel: Zahnriemengetriebe : Eigenschaften, Normung, Berechnung, Gestaltung. Hanser, München 2008, ISBN 978-3-446-41380-1.
- Zugmittelgetriebe. In: Waldemar Steinhilper, Bernd Sauer (Hrsg.): Konstruktionselemente des Maschinenbaus 2: Grundlagen von Maschinenelementen für Antriebsaufgaben. 6. Auflage. Springer 2008, ISBN 978-3-540-76653-7, S. 571–636. (Auszug) in der Google-Buchsuche