Schiffschaukel

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Dietesheimer Schiffschaukel

Eine Schiffschaukel ist ein auf Volksfesten weit verbreitetes Fahrgeschäft. Die Schaukel selbst ist üblicherweise nicht an Seilen, sondern an einer Stahlkonstruktion aufgehängt. Die schaukelnden Plattformen für die Fahrgäste haben traditionell die Form von Schiffen.

Antrieb

Schiffschaukel für Kinder

Kleinere Schiffschaukeln werden von Muskelkraft, größere durch Elektromotoren angetrieben. Bei letzteren erfolgt der Antrieb mit Hilfe eines stationären Reifens, der die glatte Unterseite der Schiffschaukel antreibt.

Durch Wechsel der Drehrichtung des Motors oder durch aktive Schwerpunktveränderung des Fahrgastes (Muskelkraft) wird die Schiffschaukel aufgeschaukelt. Es gibt auch Schiffschaukeln, die sich während der Fahrt drehen. Eine solche Konstruktion stellt also praktisch eine Kreuzung aus Schiffschaukel und Karussell dar.

Manche Schiffschaukeltypen können sich auch überschlagen. Je nach Bauart sitzen die mit Sicherheitsbügeln gesicherten Fahrgäste in solchen Fahrgeschäften mit dem Kopf nach oben oder nach unten, wenn die Schiffschaukel den höchsten Punkt erreicht hat. Überschlag-Schiffschaukeln, bei denen der Fahrgast stets mit dem Kopf nach oben sitzt, werden auch als Fliegender Teppich bezeichnet. Mit Muskelkraft betriebene Überschlagschaukeln werden auch als Rundschaukeln bezeichnet. Es gab auch eine mit Muskelkraft betriebene Rundschaukel, die Hollywoodschaukel hieß und bei der die Kabine – ähnlich wie beim Fliegenden Teppich – aufrecht blieb.

Schiffschaukelbremser

Der Schiffschaukelbremser ist die Person, die mit einem Hebel nach Ablauf der Fahrtzeit die Schaukel langsam abbremst, und außerdem ein abwertendes Synonym für gering qualifizierte Hilfskräfte.

Niedergang der Schiffschaukeln in Deutschland

In Deutschland gibt es nur noch wenige Schiffschaukeln. Als Gründe hierfür werden die gestiegenen Möglichkeiten zur Gestaltung der Freizeit zum Beispiel im Sport, im Internet und durch Spielgeräte gesehen. Auch die stetig sinkende Geburtenrate und die fehlende Rentabilität der Fahrgeschäfte werden für den Niedergang der Schiffschaukeln in Deutschland verantwortlich gemacht. Negativ wirke sich auch die körperliche Anstrengung aus, die teilweise über hundert Kilogramm schweren Schaukeln durch Muskelkraft anzutreiben.[1]

Ursprüngliche Form

Die ursprüngliche Form der Schiffschaukel, die um 1890 aufkam,[2] ist physikalisch ein starres Pendel. In 3–5 m Höhe[3] ist ein Rohr von etwa 4 cm Durchmesser und etwa 1–2 m Länge stabil aufgeständert; von jedem Rohrende laufen radial zwei Stützen, die einen Winkel von etwa 60° aufspreizen bis zum Boden, eine jeweils dritte Stütze läuft unter den gedachten axialen Verlängerungen des Rohrs ebenfalls mit etwa 30° gegenüber der Vertikalen zu Boden. Die Füße der Stützen können durch Streben miteinander verbunden sein und sind typisch am Boden befestigt, etwa durch in den Naturboden schräg eingeschlagene Nägel, oder beschwert.

Nahe der Rohrenden umgreift je ein Wälzlager das Rohr. Von jedem Lager gehen je zwei Rohre mit 3 cm Durchmesser etwa radial ab, um im Boden des Schiffs an zwei etwa 40 cm langen Unterzügen anzuschließen. Bug und Heck des symmetrischen Schiffs sind mit je einem Brett gedeckt, auf das man sich zum Ausruhen hinsetzen kann. Relings und Streben, seitlich eine hochschiebbare Kette bilden einen Schutzkorb gegen Herausfallen der Schaukelnden aus dem Schiff.

Die Pendelmasse wird aus Schiffsrumpf und Korb und ein oder zwei Insassen gebildet. Zwei Schaukelnde stehen mit den Gesichtern zueinander, mit den Füßen im Bootsrumpf und halten sich mit den vier Händen nur an zwei diagonal auseinanderliegenden Stangen. In Schaukelpositionen im oberen Halbkreis wirkt auf den Schaukelnden eine Komponente der Schwerkraft in Richtung Kopf. Um diese Kraft nicht nur mit dem Greifen der Hände am Rohr abzufangen können die Handgelenke mit Riemchen, die eineinhalbmal um die Stange geschlungen werden, gesichert werden. Auch die Füße können samt Schuhen in Bindungen am Schiffsboden befestigt sein.

Der ebene oder nur leicht gewölbte Boden des Schiffsrumpfs ist typisch um – etwa – ein Kreissegment aus Holz ergänzt, das an einem vom Erdboden etwas anhebbaren Holzbrett längs anreibt, um die Schaukel abzubremsen oder beim Einsteigen anzuhalten. Häufig sind Anlagen mit einem Podest ausgerüstet, von dem man in die somit erhöht stehende Schaukel einsteigt.

Anlagen weisen oft 4–6 Schiffschaukeln axial so aneinandergereiht auf, dass nur von der ersten und letzten Schaukel schräg-axiale Stützen abgehen. Die Stützen alter Anlagen sind aus Holz mit Eisenbeschlägen, später wurde eher Eisenprofil, heute mitunter Aluminiumprofilrohr verwendet. Illumination und Bilder ober der Achse schmücken die Anlage, machen aber auch das Schaukeln erlebnisreicher.

Schiffschaukeln sind die einzigen Fahrgeschäfte, die nur durch die Muskelkraft der Nutzer selbst betrieben werden.

Rundumschaukeln

Überschlag in Neustrelitz

Rundumschaukeln, der 360° Überschlag ist nur möglich, wenn der Raum oberhalb der Achse frei und ohne Anschlag ausgeführt ist. Mitunter erlauben nur ein oder zwei Schaukeln einer Anlage das Rundumschaukeln. Um mit Muskelkraft einen Überschlag zu schaffen, braucht es Körpergewicht, Kraft, Technik und im Fall von 2 Personen im Schiff gutes Zusammenspiel und natürlich eine Schaukel und einen Bremser, die beide den Überschlag erlauben.

Weblinks

Commons: Schiffschaukel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schiffschaukel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vom Untergang der Schiffschaukeln, Süddeutsche Zeitung vom 21. Juni 2015, abgerufen am 15. Dezember 2015.
  2. Volksfeste in Bayern : Vom Untergang der Schiffschaukeln sueddeutsche.de, 21. Juni 2015, abgerufen 7. Juni 2019.
  3. Biebelnheimer Kersche-Kerb vom 1. bis 2. Juli 2017 nachrichtenblatt-nieder-olm.de, 29. Juni 2017, abgerufen 7. Juni 2019. Seite 18. – Anlage für Kinder mit 6 Schiffschaukeln und knapp 3 m Pendellänge.