Silk Road Fashion

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Das Silk-Road-Fashion-Projekt, das seit August 2013 läuft, ist ein deutsch-chinesisches interdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich zur Aufgabe gemacht hat, die Kommunikation durch Kleidung des 1. Jahrtausends v. Chr. in Ostzentralasien zu erforschen. Man erhofft sich daraus Erkenntnisse über Technik- und Körperwissen, Sozialstrukturen, Ressourcenverfügbarkeit, Wirtschaftsgeschichte und Handelsnetze in Ostzentralasien ca. 1200 v. Chr. bis 300 n. Chr.[1]

Das Projekt ist Teil der Schwerpunktförderung „Sprache der Objekte“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).[2] Es erlangte eine größere Bekanntheit durch die Entdeckung der ältesten Hose der Welt.[3]

Beteiligte Projektpartner

Beteiligte Projektpartner sind das Deutsche Archäologische Institut, Eurasien-Abteilung, Außenstelle Peking; Naturwissenschaftliches Referat der Zentrale, das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-AnhaltLandesmuseum für Vorgeschichte, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Chemie, Bereich Organische Chemie, die Freie Universität Berlin mit dem Kunsthistorischen Institut, Fachrichtung Ostasiatische Kunstgeschichte und dem Institut für Geologische Wissenschaften, Fachrichtung Paläontologie, das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e. V., die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW), Turfanforschung sowie auf chinesischer Seite die Chinesische Akademie für Kulturerbe und das Denkmalamt der Autonomen Region der Uyguren, Xinjiang.[1] Der Vertrag für dieses Kooperationsprojekt wurde am 11. April 2013 geschlossen zwischen dem Deutschen Archäologischen Institut, dem Denkmalamt des Gebietes Uyguren Xinjiang und der Chinesischen Akademie für das Kulturerbe in Anwesenheit des Staatsamtes für Kulturerbe der Volksrepublik China und der Deutschen Botschaft Peking.[4] Das Projekt wird von Mayke Wagner vom Deutschen Archäologischen Institut geleitet.[5]

Wissenschaftlicher Ansatz

Die Forschungen und Ausgrabungen konzentrieren sich auf zwei Fundplätze, Gräberfelder mit mehreren tausend Gräbern aus mehreren Jahrhunderten. Die Ausgrabungen, die meist schon mehrere Jahrzehnte andauern, sollen mit Hilfe eines interdisziplinären Teams wissenschaftlich in den bisherigen Forschungsstand eingefügt werden.[1] Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Institute ermöglicht eine vielschichtige Forschung mit Methoden der Archäologie, Textil- und Lederforschung und Farbstoff-, Web- und Schnittanalyse, Ornamentkunde, Paläopathologie, Vegetations- und Klimaforschung sowie Linguistik.[2][6] Untersucht werden ca. 20 vollständige Ausstattungen mit insgesamt etwa 100 Fundstücken und Objektgruppen, die in den Regionen Turfan und Hami gefunden wurden.

Untersuchungsgegenstand sind folgende Fragen: Wann trug man diese Kleidung? Wo trug man welche Kleidung? Wie wurde sie hergestellt? Gibt es geschlechts-, alters- oder standesspezifische Merkmale? Gibt es spezielle Moden einzelner Gruppen? Welche Schlüsse lassen sich aus der Kleidung auf die damaligen geo-klimatischen Bedingungen und auf die damaligen Handelswege ziehen.[2][6]

Vergleichsstudien beziehen auch die Nachbarregionen in die Analysen mit ein. Untersucht werden die Pazyryk-Kultur im Altai, Gräber der Xiongnu-Nomaden in der Mongolei, chinesische Textilien und Schnittmodelle oder griechisch-römische Darstellungen von Bekleidung und Accessoires.[6]

Forschungsergebnisse

Im autonomen Gebiet der Uyguren, Xinjiang, in der Turfan-Oase im Nordwesten Chinas wurden in Gräbern bis zu 3000 Jahre alte Textilien gefunden. Zu dieser Zeit breitete sich die nomadische Weidewirtschaft in Asien aus. Die zunehmende extreme Trockenheit sorgte für eine natürliche Konservierung.[1] Eine rund 3.200 Jahre alte gewebte Wollhose, die aus zwei Beinstücken und einem gestuften Zwickelteil besteht, gilt seit Anfang 2014 offiziell als bisher älteste Hose der Welt. Die Forscher fanden heraus, dass die Stoffe nicht zugeschnitten wurden, sondern passgerecht für jeden einzelnen Träger gewebt wurden.[3] Anhand der anderen Funde in den Gräbern, wie typische Waffen und Zaumzeug, geht man davon aus, dass diese Hosen von Reitern getragen wurden. Darauf deutet auch der weite Zwickelteil, der es dem Träger ermöglicht, bequem mit gespreizten Beinen auf dem Pferd zu sitzen.[3]

Die Kleiderfunde aus dem 7. bis 3. Jahrhundert v. Chr. konnten lokalen oder zugewanderten Hirtengruppen zugeordnet werden. Die jüngeren Funde aus dem 3. bis 1. Jahrhundert v. Chr. zeigen deutliche Einflüsse von Zuwanderern und Durchreisenden aus China, dem Graeco-Römischen Reich, Parthien, Sogdien, dem Kuschan-Reich in sakischen Stadtstaaten am Südrand des Tarim-Beckens und belegen bereits vermutete Kontakte und Handelswege.[7] Die Griechen drangen nach Osten vor, die Chinesen nach Westen, der Handel blühte auf und sorgte für häufigen Kontakt dieser Volksgruppen. Die Anfänge dieser Kontakte und die gegenseitigen Einflüsse kann man an der Kleidung ablesen.[1]

Analysen der Fasern und Färbemittel offenbarten die Nutzung der Färbemittel Krapprot (Alizarin), Purpurin, Rubiadin, Quinizarin, Indigo und Indirubin. Für Rottöne wurde hauptsächlich lokal wachsendes Krapp genutzt, Indigo für die Blautöne wurde vermutlich importiert.[8] Dies beweist nicht nur den Handel, sondern repräsentiert auch eine der ältesten wissenschaftlich bewiesenen Nutzungen von Krapp und Indigo zum Färben von Textilien in der Xinjiang-Region.

Materialanalysen und Funddokumentationen helfen bei der Entwicklung nachhaltiger Verfahren und Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen für den physischen Erhalt von Kulturerbe in Xinjiang sowie dem Ausbau der virtuellen Verfügbarkeit weltweit.[1][7]

Nationalgeschichtliche Erkenntnisse brachten nicht nur die Untersuchung der Gräberfelder, sondern auch die Entdeckung von Wohnbauten, buddhistische Kloster- und Tempelanlagen, Stupas, Straßen, Handwerksbetriebe, Bewässerungssysteme, Stadtmauern sowie Gärten und Felder in der Nähe. Aus der Untersuchung der Ausstattungen von Individuen, ihrem klimatischen Umfeld und der Texte in Lokalsprachen konnten in Qualität und Quantität beispiellose Primärdaten gewonnen werden.[1]

Neben Lehrmaterial und wissenschaftlichen Artikeln über die Ergebnisse sollen im Rahmen des Projektes außerdem sechs Dissertationen entstehen.[2][7] Mehrere Museumsausstellungen sind geplant.[4] In einer internationalen Modenschau soll ab 2017 die Wirkung der Kleidungsstücke am bewegten Körper präsentiert werden.[2]

Literatur

  • Academia Turfanica Xinjiang, Xinjiang Institute of Cultural Relics and Archaeology, Excavation on the Yanghai Cemetery in Shanshan (Piqan) County, Xinjiang. Kaogu Xuebao 2011, 1: 99–150.
  • Bunker E.C., The cemetery at Shanpula, Xinjiang. Simple burials, complex textiles. In: Keller D., Schorta R. (ed.), Fabulous creatures from the desert sands. Central Asian woollen textiles from the second century BC to the second century AD (Riggisberger Berichte 10). Riggisberg: Abegg-Stiftung 2001: 15–45.
  • CACH 2009, Zhongguo wen hua yi chan yan jiu yuan [Chinesische Akademie für Kulturerbe], Tian yi you feng - Zhongguo gu dai fang zhi pin bao hu xiu fu lun wen ji [Göttliche Gewänder mit Nähten - Sammlung von Aufsätzen über die Konservierung und Restaurierung von antiken Textilien Chinas]. Beijing 2009.
  • Gong Y.W., Yang Y.M., Ferguson D.K., Tao D.W., Li W.Y., Wang C.S., Lü E.G., Jiang H.G., Investigation of ancient noodles, cakes, and millet at the Subeixi Site, Xinjiang, China. Journal of Archaeological Science 2011, 38: 470–479.
  • Anthony François Paulus Hulsewé, China in Central Asia: The early stage: 125 BC - AD 23. An annotated translation of chapters 61 and 96 of the History of the Former Han dynasty, with an introduction by Michael Loewe. Leiden 1979.
  • Li W.Y., Yingpan 95BYYM15 hao mu chu tu zhi wu, fu shi de yan jiu yu bao hu [Erforschung und Konservierung von ausgegrabenen Textilien und Bekleidung aus Grab 95BYYM15, Yingpan]. In: Tulufan xue yan jiu [Turfanological Studies] 2006, 1: 84–95.
  • Liu J., Guo D., Zhou Y., Wu Z.Y., Li W.Y., Zhao F., Zheng X.M., Identification of ancient textiles from Yingpan, Xinjiang, by multiple analytical techniques. Journal of Archaeological Science 2011, 38: 1763–1770.
  • Schorta R., A group of Central Asian woollen textiles in the Abegg-Stiftung collection. In: Keller D., Schorta R. (ed.), Fabulous creatures from the desert sands. Central Asian woollen textiles from the second century BC to the second century AD (Riggisberger Berichte 10). Riggisberg: Abegg-Stiftung 2001: 79–114.
  • Stauffer A., Textilfunde aus Xinjiang - Herstellung und Kulturtransfer entlang der Handelsrouten an der Taklamakan. In: Wieczorek A., Lind Ch., Ursprünge der Seidenstraße: sensationelle Neufunde aus Xinjiang, China. Stuttgart 2007: 73–86.
  • Wagner M., Wang B., Tarasov P., Westh-Hansen S.M., Völling E., Heller J., The ornamental trousers from Sampula (Xinjiang, China): their origins and biography. Antiquity 2009, 83: 1065–1075.
  • Wang B.H., The ancient corpses of Xinjiang. Ürümqi 1999.
  • Wang B., Wang M.F., Zagunluke mao xiu [Wolltextilien aus Zaghunluq]. Wenbo 2010, 3: 77–85.
  • Wang B., Xiao X.Y., A general introduction to the ancient tombs at Shanpula, Xinjiang, China. In: Keller D., Schorta R. (ed.), Fabulous creatures from the desert sands. Central Asian woollen textiles from the second century BC to the second century AD (Riggisberger Berichte 10). Riggisberg: Abegg-Stiftung 2001: 47–78.
  • Zhao F., Sichou zhi lu: yi shu yu sheng huo [Silk Road: Arts and Life]. Shanghai 2007.
  • Zhong Ri., gong tong Niya yi ji xue shu kao cha dui [The Sino-Japanese Joint Research of the Niya Site], Zhong Ri gong tong Niya yi ji xue shu diao cha bao gao shu [The Sino-Japanese Joint Research of the Niya Site - Scientific report]. Urumqi 1999.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Bridging Eurasia (Memento des Originals vom 15. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/bridging-eurasia.org November 2014, abgerufen am 9. April 2015
  2. a b c d e Entwicklung des Silk Road Fashion Projektes (Memento des Originals vom 14. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.china.diplo.de, abgerufen am 9. April 2015
  3. a b c Älteste Hose der Welt entdeckt, Artikel auf scinexx.de vom 4. Juni 2014
  4. a b Beginn des Silk Road Fashion Projektes (Memento des Originals vom 14. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.china.diplo.de, Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland in der Volksrepublik China, abgerufen am 9. April 2015
  5. Kerstin Britta Henning: Kulturvergleich ist auch Identitätsvergleich (Memento des Originals vom 14. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.china.diplo.de, abgerufen am 9. April 2015
  6. a b c Das Projekt „Silk Road Fashion“ entschlüsselt die Sprache der Kleider (Memento des Originals vom 7. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmbf.de Artikel vom 20. Februar 2015, abgerufen am 9. April 2015
  7. a b c e-Forschungsberichte des DAI 2014, Faszikel 1, abgerufen am 9. April 2015
  8. Annemarie Kramell, Xiao Li u. a.: Dyes of late Bronze Age textile clothes and accessories from the Yanghai archaeological site, Turfan, China: Determination of the fibers, color analysis and dating. In: Quaternary International. 348, 2014, S. 214, doi:10.1016/j.quaint.2014.05.012.