Slip carriage

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Im Mittelgrund der vorausfahrende Postzug, im Vordergrund die beiden nachrollenden, abgeschnepperten Slip Coaches, Großbritannien ca. 1914

Ein slip carriage oder slip coach ist ein Eisenbahnwagen, der während der Fahrt vom Zug abgekuppelt und im nächsten Bahnhof angehalten wird.

Betrieb

In Europa kamen slip carriages nur in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden zum Einsatz. Die dortigen Eisenbahngesellschaften standen unter großem Wettbewerbsdruck und waren bestrebt, die Reisezeiten so kurz wie möglich zu halten und auf Zwischenhalte möglichst zu verzichten.

Um auch Zwischenstationen bedienen zu können, ohne Zeit für den Halt zu verlieren, wurden am Zugende ein oder mehrere slip carriages angehängt. Vor der Einfahrt in den Zielbahnhof des Wagens wurden sie abgeschneppert: Die Kupplung zwischen dem Stammzug und den slip carriages wurde getrennt. Das Fahrzeug rollte in den Bahnhof und wurde vom Schaffner mit der Handbremse am Bahnsteig angehalten, während der Zugstamm den Bahnhof mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durchfahren konnte.

Der Einsatz von slip carriages hatte verschiedene Nachteile. Die Reisemöglichkeit bestand nur in eine Richtung. Im Zielbahnhof musste eine Lokomotive zur Abstellung des Wagens bereitstehen und der Wagen musste für die Rückfahrt zum Ausgangsbahnhof einem anderen Zug beigestellt werden. Jeder slip carriage eines Zuges musste zudem mit einem hierfür ausgebildeten Schaffner besetzt sein.

Die ersten slip coaches wurden 1851 (andere Quellen: 1858) eingesetzt, die meisten Verbindungen bestanden in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Wegen des damit verbundenen Aufwandes wurde diese Betriebsweise im Laufe der Jahre unwirtschaftlich. Während des Zweiten Weltkriegs verkehrten keine slip coaches, danach nur noch auf Strecken der Great Western Railway (GWR). Nach der Verstaatlichung der GWR im Jahr 1948 gab es noch rund zwölf Verbindungen mit slip coaches. Ab 1959 blieb davon nur noch ein Wagen nach Bicester, der mit einem Zug 17:10 Uhr ab dem Bahnhof Paddington befördert wurde.[1] Im September 1960 verschwand diese Betriebsweise endgültig.

Aus heutiger (und kontinentaleuropäischer) Sicht erscheint es gefährlich, einen Personenwagen während der Fahrt abzukuppeln und ausrollen zu lassen. Das Verfahren wurde allerdings von renommierten Eisenbahngesellschaften über Jahrzehnte praktiziert, ohne Einfluss auf die Unfallstatistik zu haben.

Literatur

  • Charles Fryer: A history of slipping and slip carriages (= Oakwood series. Nr. X60). Oakwood Press, Oxford 1997, ISBN 0-85361-514-4 (englisch).

Film

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b John Huntley: Railways in the Cinema. Shepperton, Allan, London 1969, ISBN 978-0-7110-0115-2, S. 118 (englisch).