Sophie von Oranien-Nassau

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Prinzessin Sophie von Oranien-Nassau, spätere Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, Gemälde von Charles Verlat, 1870

Wilhelmina Sophie Marie Luise von Oranien-Nassau (* 8. April 1824 in Den Haag; † 23. März 1897 in Weimar) war eine Prinzessin der Niederlande und Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach.

Leben

Sophie war die einzige Tochter von König Wilhelm II. der Niederlande (1792–1849) und seiner Ehefrau, der russischen Großfürstin Anna Pawlowna, eine Tochter des Zaren Paul I. und der Zarin Maria Feodorowna, geborene Prinzessin Sophia Dorothea von Württemberg. Die Prinzessin wurde sehr sorgfältig ausgebildet. Den Religionsunterricht übernahm Sophies Vater, der auch dafür sorgte, dass die Prinzessin in ländlichen Tätigkeiten wie Melken, Käsemachen und Spinnen unterwiesen wurde.

Sophie heiratete am 8. Oktober 1842 in Den Haag ihren Cousin, den nachmaligen Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach (1818–1901), den einzigen Sohn des Großherzogs Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach und Sophies Tante, der Zarentochter Maria Pawlowna Romanowa. Sie zog zu ihrem Mann nach Weimar ins Residenzschloss.

Sophie war nach dem Tod der drei Söhne ihres Bruders, Wilhelm III., König der Niederlande, ab 1890 die nächste in der Thronfolge der Niederlande.

Nach dem Tod ihres ältesten Sohnes zog sich Sophie weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Sie verstarb nach einer Erkältung an Herzschwäche.

Nach Sophie wurde die Sophienhütte, eine 1852 gegründete Glashütte in Ilmenau, benannt.

Sophie und der schriftliche Goethe-Nachlass

Das Goethe-Schiller-Archiv in Weimar, entstanden auf Initiative der Großherzogin Sophie – Vorder-Ansicht des mittleren und rechten Gebäudeteils
Erinnerungstafel an die Sophien-Ausgabe der Goethe-Werke, angebracht am Stadtarchiv Weimar, dem einstigen Verlagshaus Böhlau

Die Großherzogin war als Allein-Erbin von Goethes schriftlichem Nachlass hauptverantwortlich für weitreichende, bis heute prägende Entscheidungen, die die schriftliche Hinterlassenschaften Goethes und danach auch Schillers und weiterer Geistesgrößen zusammenhielten und die Unterbringung sowie die wissenschaftliche Erschließung und Erforschung in einem eigens zu diesem Zwecke errichteten schlossähnlichen Archivgebäude – dem heutigen Goethe- und Schiller-Archiv – zur Folge hatten.

Walther von Goethe, der letzte Nachkomme Johann Wolfgang von Goethes, hatte die Großherzogin in seinem Testament zur Allein-Erbin der schriftlichen Hinterlassenschaft seines Vorfahren bestimmt. 1885 entstand auf Sophies Anregung die Goethe-Gesellschaft in Weimar mit Unterstützung von Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach.[1]

Dem Beispiel des Walther von Goethe folgten Enkel und Urenkel Schillers, die dessen Bibliothek 1889 der Großherzogin in einer Schenkung überantworteten. Sophie initiierte auch die erste kritische, 143 Bände umfassende Ausgabe der veröffentlichten Werke Goethes im Böhlau Verlag von Hermann Böhlau, die sogenannte „Sophien-Ausgabe“. Eine Tafel am heutigen Stadtarchiv Weimar, dem einstigen Verlagshaus Böhlau (Anschrift: Kleine Teichgasse 6), erinnert an diese „Sophien-Ausgabe“.[2]

Prinzessin Sophie von Oranien-Nassau

Soziales Engagement

Sophie engagierte sich als Landesmutter sehr sozial. Aus ihrem königlichen Erbe standen der Großherzogin bedeutende finanzielle Mittel zur Verfügung. Sie gründete 1854 die erste höhere Mädchenschule, das so genannte „Sophienstift“ (das als ihre „Lieblingsgründung“ galt),[3] und 1875 die Sophienhausschwesternschaft als Pflegerinnenanstalt, die Blinden- und Taubstummen-Anstalt in Weimar, die Sophienheilstätte bei Bad Berka und ein Krankenhaus in Kaltennordheim.[4] Sie förderte das Schulwesen und die Gründung von Kleinkinderbewahranstalten. Sophie war auch die Gründerin des Kinderheilbades in Stadtsulza (heute Bad Sulza), das nach ihr benannt wurde.[5] Vor allem im ärmeren Landesteil des Großherzogtums, der Rhön, unterstützte Sophie – ganz bewusst fernab der öffentlichen Wahrnehmung – Gemeinden, Schulen und Kirchen.

Sie ließ 1886 auf Anregung des Arztes Ludwig Pfeiffer das sogenannte „Sophienhaus“, das Diakonissen-Mutterhaus von Weimar, erbauen. 1887 begann im Sophienkrankenhaus die systematische Ausbildung von Krankenschwestern.[6][7] – Ein Engagement, dessen Tradition bis heute wirkt: Weimars heutiges modernes Krankenhaus – die Sophien- und Hufeland-Klinikum gGmbH – ist Nachfolgerin des Jahrzehnte lang betriebenen Sophien-Krankenhauses und hat einen Teil seiner Wurzeln im sozialen Verantwortungsbewusstsein der Großherzogin Sophie.[8]

Zu den fast in Vergessenheit geratenen Fakten gehört, dass Großherzogin Sophie als Mäzenatin maßgeblich den Wiederaufbau der Wartburg gefördert hat.[9] Das nach ihr benannte Sophienbad in Eisenach ist eines der ältesten Jugendstilbäder Deutschlands. 1899 eröffnet, wird es heute anders genutzt – die Gesamtanlage steht unter Bestandschutz.

Die Zeit, in der sie und ihr Gemahl das Großherzogtum regierten, wird in Weimar „Silbernes Zeitalter“ genannt.[3]

Schulbenennung zu Ehren der Großherzogin Sophie

Im Jahr 1902 bestand die Zweite Bürgerschule Weimar aus drei Schulgebäuden. Daher beschloss der verstärkte Schulvorstand am 21. Oktober 1902, jeder der drei Schulen einen Namen zu geben: die in der Bürgerschulstraße wurde zur Karl-August-Schule, die in der Sophienstraße zu Ehren der Großherzogin zur Sophien-Schule und die in der Röhrstraße zu Ehren der Großherzogin Luise zur Luisen-Schule.[10]

Die erste als Schulgebäude gebaute Schule in Apolda bekam den Namen Sophienschule und wurde am 3. Juli 1890 eingeweiht (nach 1945 Umbenennung in Pestalozzischule).

Nachkommen

Aus ihrer Ehe mit Carl Alexander stammen folgende Kinder:

  • Karl August (1844–1894), Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach
⚭ 1873 Prinzessin Pauline von Sachsen-Weimar-Eisenach (1852–1904)
⚭ 1876 Prinz Heinrich VII. Reuß zu Köstritz (1825–1906)
⚭ 1886 Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg (1857–1920)

Siehe auch

Literatur

  • Richard Bürkner: Ein fürstliches Jubelpaar. Festschrift zum 8. Oktober 1892. Weimar 1892
  • Paul von Bojanowski: Sophie, Großherzogin von Sachsen. Braunschweig 1898
  • Max Berbig: Sophie (Großherzogin von Sachsen-Weimar). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 396–399.
  • Jutta Hecker: Großherzogin Sophie oder Die Pflicht der Erben. S. 22–40 in: Jutta Hecker: Wunder des Worts – Leben im Banne Goethes. Berlin 1989, ISBN 3-373-00322-9
  • Haar, Carel ter: Grossherzogin Sophie, eine niederländische Königstochter verwaltet Goethes Erbe. Hrsg. von der Kgl. Niederländ. Botschaft, Bonn 1993 (Nachbarn 37)
  • Lothar Ehrlich und Justus H. Ulbricht: Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach. Erbe, Mäzen und Politiker. 2004
  • Detlef Jena: Das Weimarer Quartett. Die Fürstinnen Anna Amalia – Louise – Maria Pawlowna – Sophie. 2007
  • Detlef Jena: Wilhelmine Maria Sophie Louise. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 594 f. (Digitalisat).

Weblinks

Commons: Sophie von Oranien-Nassau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zeitgenössische Lebensbeschreibung der Großherzogin Sophie
  2. Über das Stadtarchiv Weimar
  3. a b S. 76 in: Hannelore Henze; Ilse-Sibylle Stapff: Streifzüge durch das alte Weimar. Weimar 2004, ISBN 3-86160-156-7
  4. http://www.zehlendorfer-verband.de/gemeinschaften/schwesternschaft-des-sophienhauses-weimar.html
  5. Eckart Behr: Eine salzige Angelegenheit. S. 27 in: Der Sackpfeifer. Die Zeitschrift für unser Klinikum (= Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar), Nr. 2/2011, Ausgabe 13
  6. Oberin Rosmarie Grunert: Streiflichter der Geschichte. S. I-III in: 125 Jahre Evangelische Krankenpflegeschule Weimar. 10-seitige Jubiläumsausgabe, eingeheftet in: Der Sackpfeifer. Die Zeitschrift für unser Klinikum (= Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar), Nr. 1/2013, Ausgabe 15
  7. Evangelische Krankenpflegeschule Weimar am Klinikum Weimar
  8. Zur Historie der Weimarer Kliniken
  9. http://www.deutsche-biographie.de/sfz41703.html
  10. S. 12 in: Zur Geschichte des Sophiengymnasiums un seiner Namensgeberin. Teil 1: Von der Entstehung der Schule 1886 bis zur Namensgebung 1902. Herausgegeben vom Sophien-Gymnasium (Weimar) auf Anregung von Schulleiter Dietrich Lindauer, erarbeitet von der Projektgruppe Geschichte (Chronik) unter Leitung von Geschichtslehrerin Elke Deparade. Weimar, Mai 1992, Broschüre mit 32 Seiten (A5), ohne ISBN. - Die Information über die Schulbenennung ist in der Broschüre zitiert aus der Weimarischen Tageszeitung vom 23. Oktober 1902.