Ballstädt

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Ballstädt
Landgemeinde Nessetal
Koordinaten: 51° 2′ 1″ N, 10° 43′ 1″ O
Höhe: 270 m
Fläche: 11,86 km²
Einwohner: 644 (31. Dez. 2018)
Bevölkerungsdichte: 54 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2019
Postleitzahl: 99869
Vorwahl: 036255

Ballstädt ist ein etwa 700 Einwohner umfassender Ortsteil der Landgemeinde Nessetal im Landkreis Gotha in Thüringen (Gothaer Land).

Geografie

Ballstädt liegt im Thüringer Becken, an den westlichen Ausläufern der Fahner Höhen, etwa in der Mitte zwischen Gotha, Erfurt und Bad Langensalza. Die Nachbarorte sind Hausen und Pfullendorf im Süden, Westhausen im Südwesten, Eschenbergen im Südosten, Aschara im Nordwesten und Burgtonna im Norden.

Östlich der Ortslage erstrecken sich Wiesen und Felder bis zum Ballstädter Holz. Die Ballstädter Flur ist Teil der Wasserscheide von Elbe und Weser. In der sumpfigen Niederung am Südrand des Ortes entspringt die Tonna (früher Ballstedter Wasser), an der westlichen Flurgrenze liegt die Quelle des Seltengrabens, der unweit der Kirche und der Obermühle in die Tonna einmündet.[1]

Geschichte

Die Flur von Ballstädt wurde bereits in frühgeschichtlicher Zeit besiedelt. Lesefunde führten 2003 zur Entdeckung eines Brandgräberfeldes aus der römischen Kaiserzeit.[2][3]

Der Ortsname geht wohl auf Balder oder Baldur, den germanischen Gott des Lichtes und des Sommers zurück.[4] Im Laufe der Jahrhunderte wurde aus Baldinstete (822), Baldenstett (14. Jahrhundert) und dann Ballstädt. 1248 gab es einen Heinrich von Ballstedt, später Adelsfamilien von Fahner und von Scharfenstein. Sie besaßen eine Burg und ein Rittergut. Ab 1818 gab es ein Lampertsches Erblehngut. Die Gutsbesitzer (143 Hektar Landbesitz) wurden 1945 entschädigungslos enteignet.

1870 erhielt das aufstrebende Bauerndorf Ballstädt einen Bahnhof, 1913 elektrische Straßenbeleuchtung. Im Ersten Weltkrieg verlor Ballstädt 34 Männer, deren Namen auf dem 1921 eingeweihten Gefallenen-Ehrenmal genannt sind. 1936 hatte der Ort 911 Einwohner. Aus dem Zweiten Weltkrieg kehrten 55 Männer nicht zurück. Zerstörungen durch Kampfhandlungen hatte Ballstädt nicht zu verzeichnen, wenn es auch durch den Krieg insgesamt schwer getroffen wurde. Am 9. April fielen auf der Fahner Höhe sieben junge deutsche Soldaten durch amerikanische Panzergranaten. „Sieben Gräber“ erinnern an sie. 1946 hatte Ballstädt 1.385 Einwohner, davon waren 421 deutsche Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten, und 64 Staatenlose. 1946 erfolgte die Teildemontage von Eisenbahngleisen als Reparationsleistung an die Sowjetunion. Zur Gewinnung von Brenn- und Bauholz wurden viele Bäume im Ort gefällt, der früher sehr reich daran gewesen war. 1956 wurde die LPG „Befreite Erde“ gegründet, 1960 wurden auch die letzten Bauern zum Eintritt gezwungen: Ballstädt war „vollgenossenschaftlich“ geworden. 1975 konnte das große Kulturhaus eingeweiht werden, für dessen Errichtung von den Einwohnern viele Aufbaustunden geleistet worden waren. Das Gut wurde ab 1958 von der LPG bewirtschaftet. „Mit dem Nutzungsrecht durch die LPG begann auch der Verfall des Gutes (des Gutswohnhauses), da die Erhaltungskosten nicht aufgebracht wurden“.[5] 1990 fiel es an die Erben des letzten Besitzers, seit 1996 war es unbewohnt. Seitdem verfiel es gänzlich und wurde 2005 abgerissen. 1989/90 gab es auch in Ballstädt einen „Runden Tisch“ von Bürgern und Organisationen, der die kommenden gesellschaftlichen Veränderungen einleitete. 1990 ging die erste öffentliche Telefonzelle in Funktion (es gab zur DDR-Zeit nur sehr wenige private Fernsprechanschlüsse). 1991 begannen umfangreiche (Wieder-)Bepflanzungen mit Bäumen und Sträuchern in der Gemarkung. 1992 wurde das Ehrenmal um eine Tafel mit den Namen der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges ergänzt.

Als (gesicherte) Ersterwähnung des Ortes wird der 20. März 1143 genannt.[6] Aufgrund einer anderen Erwähnung aus dem Jahr 822 feierte das Dorf aber bereits 1997 ein Dorffest zur 1175-Jahr-Feier. Der Ort lag im Amt Gotha, das seit 1640 zum Herzogtum Sachsen-Gotha, seit 1672 zum Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg und seit 1826 zum Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha gehörte.

Am 1. Januar 2019 wurden die zuvor selbständigen Gemeinden Ballstädt, Brüheim, Bufleben, Friedrichswerth, Goldbach, Haina, Hochheim, Remstädt, Wangenheim, Warza und Westhausen zur Landgemeinde Nessetal zusammengeschlossen. Ballstädt war Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Mittleres Nessetal.

Bevölkerungsentwicklung

Entwicklung der Einwohnerzahl (31. Dezember):

  • 1994: 751
  • 1995: 768
  • 1996: 765
  • 1997: 766
  • 1998: 765
  • 1999: 759
  • 2000: 758
  • 2001: 762
  • 2002: 752
  • 2003: 744
  • 2004: 739
  • 2005: 721
  • 2006: 732
  • 2007: 720
  • 2008: 703
  • 2009: 697
  • 2010: 691
  • 2011: 696
  • 2012: 686
  • 2013: 683
  • 2014: 669
  • 2015: 667
  • 2016: 673
  • 2017: 650
  • 2018: 644
Datenquelle: Thüringer Landesamt für Statistik

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Kirche
Bockwindmühle bei Ballstädt
Das neue Taubenhaus mit dem davor liegenden Teich in der Rittergut-Parkanlage
  • Sehenswert ist der Wehrkirchturm der St.-Petri-Kirche. Sie ging 1497 aus einer Kapelle hervor. Dies geht aus einer an der Südwand der Kirche angebrachten Schrifttafel hervor: Am 3. März 1497 Kirche erneuert. 1696 wurde die Kirche erneuert. Gleichzeitig erhielt sie eine neue Orgel, die wiederum 1836 erneuert wurde. 1855 erhielt die Kirche eine Turmuhr[7]
  • Die Mühlen: Das Mühlrad im Wappen weist auf die Bedeutung des Müllerhandwerks für das Dorf hin. Außer der Windmühle gab es in Ballstädt auch drei Wassermühlen. Sie wurden durch die Tonna angetrieben, einem Bach, der am Südrand des Dorfes entspringt und ein paar Kilometer nördlich in die Unstrut mündet. Entsprechend ihrer Lage entlang des Bachlaufs hießen sie Ober-, Mittel- und Untermühle. Diese Namen werden innerhalb des Dorfes auch heute noch verwendet, auch wenn bei keinem der drei Häuser die Mühlenanlagen erhalten sind. Die Untermühle ist gar völlig abgerissen.
  • Wenige hundert Meter nördlich des Dorfes in der Nähe des Bachlaufs der Tonna steht (Straße: Am Eselsstieg) eine Bockwindmühle. Sie wurde 1834 erbaut und 1933 aus Hoheneggelsen im Landkreis Hildesheim zum heutigen Standort umgesetzt.[8] Alljährlich am Deutschen Mühlentag (Pfingstmontag) ist sie zur Besichtigung geöffnet. Die Mühle ist ein geschütztes Kulturdenkmal des Landkreises Gotha.
  • Die Waidmühle: Aus einem Dokument über die Zahlung von „Waidgeld“ geht hervor, dass in Ballstädt spätestens seit 1378 Färberwaid angebaut und verarbeitet wurde. Ein Mühlstein einer Waidmühle ist bis in die Gegenwart erhalten geblieben. 2014 wurde, finanziert durch private Spenden und öffentliche Gelder, die Waidmühle funktionstüchtig und originalgetreu, jedoch nicht am ursprünglichen Standort, wieder aufgebaut. Im Sommer 2015 fand die feierliche Eröffnung und Erprobung statt.
  • In der Umgebung befinden sich Ausläufer des Hainich, die Fahner Höhe, mit ausgedehntem Mischwald und reicher Flora.
  • Unweit der Kirche ist das Areal eines ehemaligen Rittergutes, das in den Jahren 1200 bis 1500 im Besitz von Herrmann und Heinrich von Ballstädt war. Nachdem es baufällig geworden war, wurde es im Jahre 2004 durch die Gemeinde aufgekauft und 2005 abgerissen. Lediglich die Grundmauern und Keller, die für die Besucher verkehrssicher hergerichtet wurden, erinnern heute noch an das Anwesen. Das alte Taubenhaus wurde 2006 durch einen Neubau im Fachwerkstil erneuert und ein Teich davor angelegt. Am 8. September 2007 wurde das neue Parkgelände feierlich eingeweiht.[9]
  • Siehe auch: Liste der Kulturdenkmale in Nessetal

Partnergemeinde

Die Partnergemeinde von Ballstädt ist Miehlen, eine Ortsgemeinde im Rhein-Lahn-Kreis in Rheinland-Pfalz. Der „Miehlener Platz“ in der Ortsmitte (eigentlich Hauptstraße 4 bis 8) erinnert daran.

Wirtschaft

Die Wirtschaft besteht nur aus Kleingewerben. Seit 1990 gibt es kaum noch bäuerliche Betriebe. Der nordwestlich des Dorfes gelegene Bahnhof ist Haltepunkt der Bahnstrecke Gotha–Leinefelde und war bis 1947 Endpunkt der Bahnstrecke Ballstädt–Straußfurt. Ballstädt wurde im November 2008 Teilnehmer eines Pilotprojektes zum Ausbau der Telekommunikationstechnik im ländlichen Raum.[10] Dabei wurde durch das Telekommunikationsunternehmen Arcor ein VDSL Breitband-Internetzugang mit einer Bandbreite von bis zu 50 MBit/s eingerichtet.

Nachdem der aus einem Konsum hervorgegangene Lebensmittelladen einige Jahre nach der Wiedervereinigung schloss und im Jahr 2014 auch der örtliche Bäcker aufgab, gab es im Ort keine Einkaufsmöglichkeit mehr. Daraufhin gründete sich im März 2015[11] die Bürgergenossenschaft Konsum Ballstädt eG, die den Lebensmittelladen renovierte und unter dem Namen Der neue Konsum im November 2015 als erstes genossenschaftlich geführtes Lebensmittelgeschäft in Thüringen wiedereröffnete.[12]

Persönlichkeiten

Literatur

  • Klaus Kühnel: Chronik von Ballstädt 822–1997. Eine Fest-Chronik zur 1175-Jahr-Feier und zum 500jährigen Bestehen der Kirche St. Petri. Eigenverlag Dorfgemeinschaftsverein Ballstädt e.V., 1997.
  • Ballstädter Geschichte(n). Chronik II. Eigenverlag Ballstädter Traditionsverein e.V., 2022.

Weblinks

Commons: Ballstädt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Amtliche topographische Karten Thüringen 1:10.000. Wartburgkreis, LK Gotha, Kreisfreie Stadt Eisenach. In: Thüringer Landesvermessungsamt (Hrsg.): CD-ROM Reihe Top10. CD 2. Erfurt 1999.
  2. Klaus Kühnel: Chronik von Ballstädt 822–1997. Ballstädt 1997. S. 15
  3. Klaus Kühnel: Chronik von Ballstädt. Ballstädt 1997. S. 91
  4. Peter Acht (Bearb.): Die Urkunden seit d. Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis z. Tode Erzbischof Konrads (1200). In: Historischer Verein für Hessen (Hrsg.): Mainzer Urkundenbuch. Band II-1 (1137–1175 ). Darmstadt 1968.
  5. August Beck: Geschichte des Gothaischen Landes. Band III, Teil I, 1875.
  6. Beschriftung eines Bildes der Mühle bei Google Earth
  7. Website der Gemeinde Ballstädt
  8. Heise Newsticker: Arcor testet VDSL in Thüringer Gemeinde
  9. Aufruf zur Beteiligung auf der Website des Zentralverbands deutscher Konsumgenossenschaften
  10. Ute Rang: Die Bürger in Ballstädt haben sich einen Konsum gebaut. In: Thüringer Allgemeine, 5. November 2015.
  11. l. u.: Martersteck, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 472.