Syntänie

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Die Syntänie, seltener auch Syntenie, abgeleitet vom Griechischen σύν (syn – zusammen) und ταινία (tainíā – Band), ist ein Begriff aus der vergleichenden Genomik und Bioinformatik. Der Begriff wird heute meist für Genloci orthologer Gene verwendet, die bei verschiedenen biologischen Arten auf Chromosomen-Abschnitten mit diesen Arten gemeinsamer evolutionärer Abstammung liegen.[1][2][3] Ursprünglich wurde der Begriff anders definiert und für Gene verwendet, die, bei derselben Art, auf demselben Chromosomen sitzen, ohne notwendigerweise immer Genkopplung aufzuweisen.[2] Dieser Sprachgebrauch wird teilweise in wissenschaftlichen Zeitschriften immer noch verwendet.[4] Wenn auf Chromosomen verschiedener Arten dieselben orthologen Gene in derselben Anordnung vorhanden sind, wird dies dann konservierte Syntänie genannt. Die Bereiche, für die dies zutrifft, werden Syntänie-Blocks genannt. Anstelle von konservierter Syntänie wird aber sehr oft nur noch abkürzend von Syntänie gesprochen.

Grundlagen

Im Rahmen der vergleichenden Genomik wird das Genom verschiedener Arten miteinander verglichen, um ihre Evolutionsgeschichte und Verwandtschaft zu bestimmen, um die Funktion und den Funktionswandel verschiedener Gene aufzuklären und um, darauf aufbauend, möglicherweise dadurch ausgelöste oder geförderte Krankheiten heilen zu können. Dieser Vergleich wird dadurch erschwert, dass sich die DNA-Sequenzen zweier Arten nach der Artbildung mehr oder weniger rasch auseinanderentwickeln. Dabei treten nicht nur Punktmutationen, die zu SNPs führen, auf, sondern es können ganze Abschnitte verloren gehen, verdoppelt werden oder durch Inversionen, Translokationen und andere Umbauten tiefgreifend umgestaltet werden. Der genaue Vergleich der Sequenzen, Alignment genannt, ist daher nur bei nahe verwandten Arten oder über kurze Sequenzabschnitte möglich. Oft ist es aber möglich, homologe Gene in ähnlicher Abfolge (als Kollinearität bezeichnet) über längere Abschnitte eines Chromosoms bei verschiedenen Arten nachzuweisen, auch wenn sich deren Sequenz im Detail stark unterscheiden kann. Dies wird dann konservierte Syntänie genannt. Der Sequenzvergleich erfolgt heute computergestützt, mit den Methoden der Kombinatorik.[5] Dafür sind im Rahmen der Bioinformatik zahlreiche Algorithmen in Gebrauch, die laufend verbessert werden.[6]

Sprachgeschichte

Die englische Bezeichnung „synteny“ führte John H. Renwick von der London School of Hygiene and Tropical Medicine auf dem vierten Internationalen Kongress für Humangenetik 1971 in Paris ein.[7][8] Ursprünglich besagte der Begriff in der Genetik, dass syntäne Genorte auf demselben Chromosom liegen.

Literatur

  • Chris Bryan, Gregory Guterman, Kwan-Liu Ma, Harris Lewin, Denis Larkin, Jaebum Kim, Jian Ma, Marta Farré: Synteny Explorer: An interactive visualization application for teaching genome evolution. In: IEEE Trans Visualization Computer Graphics 23, 2017: 711–720. DOI: 10.1109/TVCG.2016.2598789.
  • Gene Order. In: N. M. van Straalen, Dick Roelofs: An Introduction to ecological Genomics. Oxford University Press, Oxford 2006, ISBN 0-19-856671-9, S. 68–70.
  • Synteny: The comparative Analysis of Genomes. In: Kurt Weising: DNA Fingerprinting in Plants: Principles, Methods, and Applications. Zweite Ausgabe. CRC Press, Hoboken 2005, ISBN 0-8493-1488-7, S. 287–288.

Einzelnachweise

  1. Nils Stein: Synteny (Syntenic Genes). In: Stanley Maloy, Kelly Hughes (eds): Brenner's Encyclopedia of Genetics (2nd ed). Elsevier, Amsterdam, München 2013, S. 623–626. ISBN 978-0-08-096156-9
  2. a b Eberhard Passarge, Bernhard Horsthemke, Rosann A. Farber: Incorrect use of the term synteny. In: Nature Genetics 23 (4), 1999: S. 387.
  3. Robert C. King, William D. Stansfield, Pamela K. Mulligan: A dictionary of genetics. Oxford University Press, 7th edition, 2006 ISBN 978-0-19-530762-7. „Syntenic genes“ auf Seite 435.
  4. Haibao Tang, John E. Bowers, Xiyin Wang, Ray Ming, Maqsudul Alam, Andrew H. Paterson: Synteny and collinearity in plant genomes. In: Science 320, 2008: 486–488. doi:10.1126/science.1153917
  5. Guénola Drillon, Alessandra Carbone, Gilles Fischer: Combinatorics of chromosomal rearrangements based on synteny blocks and synteny packs. In: Journal of Logic and Computation 23 (4), 2013: 815–838. doi:10.1093/logcom/exr047
  6. Dang Liu, Martin Hunt, Isheng J. Tsai: Inferring synteny between genome assemblies: a systematic evaluation. In Cold Spring Harbor Laboratory bioRxiv preprint server 2017. doi:10.1101/149989
  7. John H. Renwick: Assignment and map-positioning of human loci using chromosomal variation. In: Ann Hum Genet 35 (1), 1971: 79–97. doi:10.1111/j.1469-1809.1956.tb01381.x
  8. John H Renwick: The mapping of human chromosomes. In: Annual Review of Genetics 5, 1971: 81–120. doi:10.1146/annurev.ge.05.120171.000501