Amerikanische Universität Beirut
Amerikanische Universität Beirut | |
---|---|
Motto | That they may have life and have it more abundantly |
Gründung | 1866 |
Trägerschaft | privat |
Ort | Beirut, Libanon |
Präsident | Fadlo R. Khuri |
Studierende | 7000 |
Website | www.aub.edu.lb |
Die Amerikanische Universität Beirut (AUB) ging aus dem Syrian Protestant College hervor und ist eine nicht-konfessionelle Universität in Beirut, die als private US-Hochschule im Bundesstaat New York registriert ist, und somit ihren Absolventen die Fortsetzung des Studiums in den USA ermöglicht. Die AUB ist heute mit etwa 7000 Studierenden eine der wichtigen und teuersten[1] Universitäten im Nahen Osten.
Lage
Der Campus hat eine Größe von etwa 250.000 Quadratmetern und befindet sich im gleichnamigen Stadtteil Jamia (arabisch جامعة ‚Universität‘), der zum Bezirk Dar el-Mreisseh gehört. Der Campus liegt am Mittelmeer, nur durch die Avenue de Paris[1] von der Küstenpromenade Corniche Beirut getrennt. Der Haupteingang liegt landseitig an der Rue Bliss.[1] Der Funkturm auf der gegenüberliegenden Seite der Corniche wird auch AUB-Tower oder University-Tower genannt. Die Universitätsklinik, das American University of Beirut Medical Center (AUBMC), liegt im benachbarten Stadtteil Ain el-Mreisseh.
Geschichte
Die AUB wurde 1866[2][3][1] im Osmanischen Reich unter dem Namen „Syrian Protestant College“ durch protestantische Missionare aus den USA unter der Leitung von Daniel Bliss[3][1] gegründet, als zweite US-Hochschule außerhalb Nordamerikas nach dem 1863 gegründeten Robert College in Istanbul. Unter den Studenten waren 2,1 %[4] Muslime im Jahr 1894, 13 %[4] um 1905 und 15 %[4] um 1908.
Der Bibelübersetzer Eli Smith[2] (1801–1857) leistete als protestantischer Missionar Vorarbeit für die Gründung der Hochschule. An der Universität erschien auch beispielsweise ab 1876[5][6] die Zeitschrift al-Muqtataf, in der 1883 unter anderem George Edward Post[5] veröffentlichte. Hingegen wurde der Historiker Dschurdschī Zaidān,[7] damals noch im Fach Medizin,[8] wegen seiner Verteidigung des Darwinismus[7] eines seiner Chemieprofessoren[8] 1882 von der Universität verwiesen. Zudem hatte sich Zaidān für die Verwendung der arabischen Sprache im Lehrbetrieb eingesetzt.[8]
Bereits vor der Unabhängigkeit des Libanon 1943 wurde 1932 die protestantisch-theologische Fakultät abgespalten, die in die heutige Near East School of Theology übergegangen ist, eine der bedeutendsten protestantisch-theologischen Hochschulen in der arabischen Welt.
Der Lehrbetrieb der AUB ging auch im Libanesischen Bürgerkrieg (1975 bis 1990) weiter. 1984 wurde der Politikwissenschaftler Malcolm Kerr, der die Universitätsleitung 1982 übernommen hatte, außerhalb des Campus von islamistischen Tätern ermordet.[9] 1991 wurde die aus den Gründungsjahren der Universität stammende College Hall[1] durch die Explosion einer Autobombe zerstört.
Mitte Juli 2020 entließ die AUB 1500[10] Angestellte. Die Universitätsleitung gab bekannt, dies „aufgrund der Wirtschaftskrise“[10] entschieden zu haben. Die Zahl entsprach 20–25 %[10] aller Beschäftigten der Universität. Die Gewerkschaften sprachen von einem „Massaker“.[10] Die Universität wurde nach der Bekanntgabe von Polizei und Armee besetzt,[10] um Unruhen zu verhindern. Fadlo R. Khuri, der Präsident der AUB, begründete diese Maßnahme mit „massiven Drohungen von außen“,[10] nach seiner Darstellung seien seitens der Universität aber auch Fehler in der Kommunikation gemacht worden.[10]
Bibliothek
Zur Universitätsbibliothek gehört die Nami Jafet Memorial Library, die Engineering and Architecture Library und die Science and Agriculture Library. Das Agricultural Research and Education Center (AREC) in der Bekaa-Ebene ist ebenfalls mit seiner Bibliothek angebunden.[11]
Der Bestand umfasst:
- 587.778 Einzelbände
- 923 Magazine, 244 davon in arabisch
- 57.679 elektronische Journale
- 1.139.340 Einzelposten in verschiedensten Formaten, die meisten als Mikrofilm, vor allem mit Inhalten von regionalen, zum Teil historischen Zeitschriften und Dokumenten
- 1.398 Manuskripte der “Archives and Special Collections”
- 7.714 Diplom- und Doktorarbeiten, zurück bis ins Jahr 1907
- 3.940 Poster
- 1.902 Karten
- 46.418 historische Fotografien[12]
Bekannte Professoren und Studenten
- Haidar Abdel-Shafi (1919–2007), palästinensischer Arzt und Politiker
- Hanan Aschrawi (* 1946), palästinensische Politikerin
- Mounir Aoun, Geschichtenerzähler
- Wadi' al-Bustani, libanesischer Dichter
- Faris al-Churi (1877–1962), Premierminister von Syrien
- Hassan Diab (* 1959), Hochschullehrer, Bildungs- und Premierminister
- Walid Dschumblat (* 1949), Führer der Sozialistischen Fortschrittspartei Libanons
- Samir Geagea (* 1952), libanesischer Milizführer
- Aschraf Ghani Ahmadsai (* 1949), afghanischer Politologe und Politiker
- George Habasch (1926–2008), palästinensischer Aktivist[13]
- Zaha Hadid (1950–2016), Professorin für Architektur
- Selim al-Hoss (* 1929), Wirtschaftswissenschaftler, vormaliger Premierminister im Libanon
- Malcolm Kerr (1931–1984), Politikwissenschaftler, Student und Präsident der AUB, vormaliger Dekan der Sozialwissenschaften an der UCLA
- Zalmay Khalilzad (* 1951), amerikanischer Diplomat, US-Botschafter in Afghanistan und Irak
- Philip S. Khoury (* 1949), Dekan der Kunst- und Wissenschaftsfakultät am MIT
- Said Khoury, Mitgründer der Consolidated Contractors Company
- Manfred Korfmann (1942–2005), deutscher prähistorischer Archäologe
- Simone Kosremelli (* 1950), libanesische Architektin
- Otto Krayer (1899–1982), deutsch-amerikanischer Arzt und Pharmakologe
- Nazim al-Qudsi (1906–1998), Präsident von Syrien
- Charles Malik (1906–1987), Philosoph, Diplomat, libanesischer Botschafter, Mitverfasser der UN-Menschenrechtserklärung
- Nadschib Miqati (* 1955), Ingenieur, Premierminister des Libanon
- Sulaimān an-Nābulusī (1908–1976), jordanischer Premierminister
- Najib Nassar (1865–1947), Gründer der Zeitung Al-Karmil[14]
- Adel Osseiran (1905–1998), einer der Gründervater des Libanon und Parlamentspräsident
- George Edward Post, Arzt und Botaniker, Professor am Syrian Protestant College
- Abdallah ar-Rimawi (* 1920), jordanischer Außenminister
- Lea Rustom, Gründer der Alba-tayeb-Wohlfahrtsorganisation
- Elias Saba, libanesischer Minister
- Saeb Salam (1905–2000), vormaliger Premierminister des Libanon
- Kamal Salibi (1929–2011), libanesischer Historiker, AUB Emeritus Professor für Geschichte
- Sana Salous (* 1955), palästinensische Professorin für Nachrichtentechnik an der Universität Durham
- Ghada al-Samman (* 1942), syrische Schriftstellerin
- Randa Bassem Serhan, Soziologe
- Abdul-Rahman Shahbandar (1880–1940), antifranzösischer Nationalist und syrischer Außenminister
- Serene Husseini Shahid (1920–2008), palästinensische Schriftstellerin
- Kamal Shair, Gründer und Seniorpartner von Dar Al-Handasah
- Shoghi Effendi (1897–1957), Glaubensführer der Bahá'í
- Wasfi at-Tall (1919–1971), jordanischer Politiker[15]
- Ja'afar Touqan (* 1938), palästinensisch-jordanischer Architekt
- Ghassan Tueni (1926–2012), Journalist, Politiker, Botschafter, Herausgeber der Zeitung An-Nahar
- Birgitta Maria Siefker-Eberle (* 1954), deutsche Botschafterin
- Dschurdschī Zaidān (1861–1914), Schriftsteller und Historiker
- Constantin Zurayk (1909–2000), Historiker, vormaliger AUB-Professor und Präsident
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Jessica Lee: Beirut. In: Stephanie Rebello (Hrsg.): Focus Middle East. 2. Auflage. Footprint Handbooks, Bath 2014, ISBN 978-1-909268-91-3, S. 29 f.
- ↑ a b Paola Pizzo: La croce e la kefiah – Storia degli arabi cristiani in Palestina. Salerno Editrice, Roma 2020, ISBN 978-88-6973-524-0, S. 41.
- ↑ a b Xavier Baron: Histoire du Liban – Des origines à nos jours. In: Collection Texto. 2. Auflage. Éditions Tallandier, Paris 2019, ISBN 979-1-02103687-1, S. 108.
- ↑ a b c Anne-Laure Dupont, Catherine Mayeur-Jaouen, Chantal Verdeil: Histoire du Moyen-Orient du XIXe siècle à nos jours. In: Collection U Histoire. Éditions Armand Colin, Malakoff 2016, ISBN 978-2-200-25587-9, S. 119.
- ↑ a b Nur Masalha: Palestine – A four thousand year history. Zed Books, London 2020, ISBN 978-1-78699-869-9, S. 245.
- ↑ Bettina Gräf et al.: Die Geschichte arabischer Massenmedien von 1860 bis 1950. In: Carola Richter, Asiem El Difraoui (Hrsg.): Arabische Medien. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz und München 2015, ISBN 978-3-86764-509-6, S. 25–37, hier S. 29.
- ↑ a b Jean-Pierre Filiu: Le Milieu des mondes – Une histoire laïque du Moyen-Orient de 395 à nos jours. Éditions du Seuil, Paris 2021, ISBN 978-2-02-142024-1, S. 223.
- ↑ a b c Bernard Heyberger (dir.): Chrétiens du monde arabe. Un archipel en terre d’Islam. In: Collection Mémoires. Nr. 94. Éditions Autrement, Paris 2004, ISBN 2-7467-0390-4, S. 87.
- ↑ Zachary Lockman: Contending Visions of the Middle East – The History and Politics of Orientalism. In: Eugene L. Rogan (Hrsg.): The Contemporary Middle East. 2. Auflage. Band 3. Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0-521-11587-2, S. 194.
- ↑ a b c d e f g Doha Chams: Kein Geld, kein Strom, keine Zukunft – Libanon steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte. In: Le Monde diplomatique. Nr. 10/26. TAZ/WOZ, 8. Oktober 2020, ISSN 1434-2561, S. 17 (monde-diplomatique.de – übersetzt von Jakob Farah).
- ↑ Home – Academics – Libraries AUB (Memento vom 10. Februar 2013 im Internet Archive)
- ↑ About the AUB-Libraries (Memento vom 25. Februar 2016 im Internet Archive)
- ↑ Gerhard Schweizer: Syrien verstehen – Geschichte, Gesellschaft und Religion. 4. Auflage. J. G. Cotta’sche Buchhandlung (Klett-Cotta Verlag), Stuttgart 2016, ISBN 978-3-608-94908-7, S. 279.
- ↑ Gardner Thompson: Legacy of Empire – Britain, Zionism and the Creation of Israel. 2. Auflage. Saqi Books, London 2021, ISBN 978-0-86356-482-6, S. 31.
- ↑ Philip Robins: A History of Jordan. Cambridge University Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-59895-8, S. 107.
Koordinaten: 33° 54′ 4″ N, 35° 28′ 52″ O