Blindenkarte

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Eine Informationstafel aus weißem, marmorartigem Material ist auf eine Holzplatte montiert. Sie zeigt in ihrem Zentrum als tast- und sichtbares Relief den U-förmigen Grundriss einer Saline. Rund um die Darstellung des Grundrisses sind Beschriftungen in erhabener Normalschrift und in Braille angeordnet.
Blindenkarte der Königlichen Saline in Arc-et-Senans (Frankreich)
Das Schwarzweißfoto von 1986 zeigt eine senkrecht aufgestellte Informationstafel. Unter der in Schwarzschrift ausgeführten Überschrift „BLINDENPARK der Stadt Leipzig“ zeigt der größte Teil der Tafel einen gezeichneten Plan der Parkanlage mit einer großen Wiese, Wegen und bewaldeten Flächen. Im rechten Fünftel der Tafel sind senkrecht untereinander mehrere schwarze Reliefs angeordnet, die offenbar Ausschnitte des Plans tastbar darstellen. Am rechten Bildrand steht eine Frau, die das oberste dieser Reliefs mit ihren Fingerspitzen betastet.
Park für Blinde in Leipzig, Informationstafel
Topografische Blindenkarte nahe der Burgruine Drachenfels

Blindenkarten (taktile Karte) sind für blinde und stark sehbehinderte Menschen tastbare geografische Karten, auch Stadt- und Gebirgsmodelle. Für die Abtastung per Finger werden die Kartenobjekte erhaben dargestellt und üblicherweise mit Brailleschrift beschriftet. Da farbliche Informationen nicht genutzt werden können, benutzen Blindenkarten fühlbare Texturen.

Die Blindenkarte ist eine Sonderform der Blindengrafik.

Historie und Gegenwart

In der Vergangenheit wurden einzelne Exemplare von Blindenkarten z. B. für Blindenschulen in Holz geschnitzt oder in Leder gefertigt. Auf eine Braille-Beschriftung wurde meist verzichtet, da die Darstellung nicht filigran genug gelang.

Heutzutage werden transportable taktile Karten meist für größere Auflagen hergestellt, indem man ein Positiv bastelt, von dem ein Negativ als Form für das maschinelle Tiefziehen erstellt wird, wobei die Braille-Beschriftung leicht von einem Streifenschreiber benutzt werden kann.

Durch die gesetzlichen Vorgaben zur Barrierefreiheit erfreuen sich taktile Karten zum Beispiel in Bahnhöfen zunehmender Verbreitung.

Die Nichtverfügbarkeit für touristisch weniger interessante Orte stellt weiterhin ein großes Problem dar.

Arten

Wie bei visuellen Karten können verschiedene Inhalte dargestellt werden. Gängige Arten sind

  • Straßenkarte, Maßstab ca. 1:1000 bis 1:2000
  • Politische Karte (Gemeinden, Regionen, Länder, Staaten)
  • Geografische Karten (Flüsse, meist mit politischen Grenzen)
  • Stadtmodelle, häufig aus Bronze mit Nachbildungen von Gebäuden
  • Gebirgsmodelle, z. B. aus Kunststoff
  • Globus mit Gebirgsrelief

Herstellungsverfahren

Das historische Schwarzweißfoto vom Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt das Innere einer recht aufgeräumten Werkstatt. Im Bildvordergrund sitzt links ein Mann auf einem Holzstuhl vor einer seltsamen Maschine, auf der er eine Blindenkarte herstellt. Der Mann hat die rechte Seite dem Betrachter zugewandt, die Maschine steht rechts vor ihm. Der auffallend niedrige Stuhl hat ein altmodisches Holzgestell und einen vermutlich drehbaren Sitz mit Rückenlehne. Der etwa 40-jährige Mann trägt einen dunklen Anzug mit Kravatte und polierte Lederschuhe, er hat nach hinten gekämmtes Haar. Die etwa hüfthohe Maschine besteht im Wesentlichen aus einem Gestell mit vier geschwungenen Beinen (vermutlich aus Gusseisen), die oben eine Prägevorrichtung tragen. Die Beine werden nach unten hin im Bogen auseinandergeführt, in dem dadurch verbreiterten Fußbereich der Maschine ist ein Pedal angebracht – ähnlich dem an einer alten Nähmaschine. Der Mann hat einen Fuß auf das Pedal gestellt, ein Gestänge führt nach oben. Am oberen Ende des Gestells, in Augenhöhe des davor Sitzenden, trägt ein kräftiger, nach rechts ausladender Metallbügel mit einem Ablagetisch darunter eine Prägevorrichtung. Der Mann hat eine etwa DIN A4 große Reliefkarte auf den Tisch geschoben und beobachtet konzentriert, wie die Prägewerkzeuge die Karte bearbeiten.
Historische Herstellung von Blindenkarten
  • Bronzeguss
  • "Basteln" der Oberflächen und Braille-Beschriften eines Einzelstücks
  • "Basteln" der Oberflächen und Braille-Beschriften eines Positivs, danach Tiefziehverfahren
  • Erstellung eines virtuellen Modells am Computer mittels CAD, danach Herstellung in einer CNC-fähigen Maschine wie z. B. Fräse, Laserfräse, 3D-Drucker.
  • Druck oder Zeichnung auf Schwellpapier, danach Belichtung.
  • Erstellung eines virtuellen 2D-Modells am Computer, danach Prägen von Braille und gepunkteten bzw. gestrichelten Wegen und Flächen in einer maschinellen Präge auf Braille-Papier (Verfahren nach Daniel Hänßgen)

Weblinks

Commons: Taktile Grafik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Stadtkarten und -modelle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien