Thiram

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Strukturformel
Struktur von Thiram
Allgemeines
Name Thiram
Andere Namen
  • TMTD
  • Tetramethylthiuramdisulfid
  • Pomarsol
  • Thianosan
  • Tetramethylthioperoxydicarbondiamid
  • Tutan
  • Bis(dimethylthiocarbamoyl)disulfid
Summenformel C6H12N2S4
Kurzbeschreibung

farb- und geruchlose, brennbare Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 137-26-8
EG-Nummer 205-286-2
ECHA-InfoCard 100.004.806
PubChem 5455
DrugBank DB13245
Arzneistoffangaben
ATC-Code

P03AA05

Eigenschaften
Molare Masse 240,44 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Dichte

1,3 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

148–152 °C[1]

Siedepunkt

129 °C (bei 26,6 hPa)[1]

Dampfdruck

0,00133 Pa (25 °C)[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 302+332​‐​315​‐​317​‐​319​‐​373​‐​410
P: 273​‐​280​‐​301+312+330​‐​302+352​‐​304+340+312​‐​314 [1]
MAK

DFG/Schweiz: 1 mg·m−3 (gemessen als einatembarer Staub)[1][5]

Toxikologische Daten

560 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Thiram (TMTD in Russland, Thiuram in Japan) ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Dithiocarbamate, genauer ein Dimethyl-Dithiocarbamat. Es liegt in Form eines farb- und geruchlosen Pulvers vor.

Geschichte

Thiram wurde 1931 von DuPont in den USA als Pflanzenschutzmittel eingeführt.[6][7] Die ersten Untersuchungen über die Auswirkungen von Thiram fanden in den 1960er Jahren statt.[8] Es wird heute in großen Mengen produziert und eingesetzt. Es unterliegt dem Rotterdamer Übereinkommen.

Gewinnung und Darstellung

Thiram wird ausgehend von Kohlenstoffdisulfid und Dimethylamin dargestellt. Diese reagieren mit Natriumhydroxid zu Natriumdimethyldithiocarbonat. Dieses wird mit Wasserstoffperoxid zu Thiram dimerisiert.[9]

Eigenschaften

Thiram zersetzt sich oberhalb des Schmelzpunktes in Schwefel-, Stickstoff- und Kohlenstoffoxide.

Verwendung

Thiram ist ein Breitband-Fungizid und wird gegen pilzliche Krankheitserreger im Kernobst- (Schorf, Lagerfäulen), Erdbeer-, Wein-, Gemüse- und Zierpflanzenanbau (Botrytis) sowie als Beizmittel verwendet.[6][10] Dabei wird es manchmal in Kombination mit anderen Stoffen wie z. B. Tecoram, Dimethomorph oder Metalaxyl eingesetzt.

Thiram wirkt außerdem als Repellent gegen Vögel und Nagetiere.[9]

Darüber hinaus wird Thiram in der Gummiindustrie als Vulkanisationsbeschleuniger eingesetzt.[11]

Zulassung

In Deutschland konnten Thiram-haltige Präparate gegen die sogenannten Auflaufkrankheiten verwendet werden. In der Schweiz bestand neben dem Einsatz gegen pilzliche Erkrankungen des Keimlings Zulassungen als Wundverschlussmittel für Obstbäume, gegen den Schorf an Obst und als Wildabhaltemittel. Auch in Österreich waren Thiram-haltige Präparate zugelassen.[12]

Die routinemäßige Verlängerung der Zulassung in der EU wurde im Oktober 2018 durch die Europäische Kommission wegen der Gefährdung von Arbeitern und Verbrauchern bei Blattspritzung sowie der Gefährdung von Vögeln und Säugetieren bei allen Verwendungsweisen abgelehnt, so dass eine Verwendung als Pflanzenschutzmittel in der EU ab dem 31. Januar 2020 nicht mehr zulässig ist.[13] Dennoch wird der von Bayer hergestellte Wirkstoff weiterhin auf dem brasilianischen Markt vertrieben.[14]

Die Schweiz hat in 2019 entschieden, dass Thiram zum 6. Januar 2020 aus der Liste der zugelassenen Pflanzenschutzmittel zurückgezogen wird.[15] Der Verkauf von Thiram ist seit dem 6. Januar 2021 verboten und nach der Aufbrauchfrist bis zum 6. Januar 2022 wird auch der Einsatz als Pflanzenschutzmittel verboten.[16]

Sicherheitshinweise / Risikobewertung

Thiram ist nur wenig giftig, kann aber in großer Dosis bzw. bei längerem Kontakt Allergien auslösen und die Leber schädigen. Bei Exposition in Verbindung mit Alkoholaufnahme tritt ein Acetaldehydsyndrom auf.[17] Bei Reaktion von Thiram mit nitrosierenden Agentien kann es zur Bildung von kanzerogenen N-Nitrosaminen kommen. Spuren (100–500 ppm) von Thiram über längere Zeit im Futter von Vögeln führen zu weichen Eierschalen, verminderter Legeleistung und Missbildungen beim Geflügel.[18]

Thiram wurde 2012 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Thiram waren die Besorgnisse bezüglich hoher (aggregierter) Tonnage und weit verbreiteter Verwendung sowie als potentieller endokriner Disruptor. Die Neubewertung fand ab 2014 statt und wurde von Schweden durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[19][20]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Eintrag zu Thiram in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
  2. Donald Mackay, Wan Ying Shiu, Kuo-Ching Ma, Sum Chi Lee: Handbook of physical-chemical properties and environmental fate for organic chemicals, Vol. IV, 2nd Edition, CRC Press, 2006, ISBN 978-1-56670-687-2, S. 4097.
  3. a b Eintrag Thiram bei Extoxnet.
  4. Eintrag zu Thiram im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 137-26-8 bzw. Thiram), abgerufen am 2. November 2015.
  6. a b Eintrag zu Thiram. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 3. Mai 2015.
  7. United States Environmental Protection Agency: Thiram Factsheet (PDF; 167 kB).
  8. Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR), Monograph für Thiram, abgerufen am 9. Dezember 2014.
  9. a b Thomas A. Unger: Pesticide Synthesis Handbook. William Andrew, 1996, ISBN 0-8155-1853-6, S. 129 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Saat- und Erntetechnik GmbH: mit Fungiziden inkrustiertes Saatgut (Memento vom 6. April 2005 im Internet Archive)
  11. MAK Value Documentation in German language, 2007, doi:10.1002/3527600418.mb13726d0043
  12. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Thiram in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  13. Durchführungsverordnung (EU) 2018/1500 der Kommission vom 9. Oktober 2018 zur Nichterneuerung der Genehmigung für den Wirkstoff Thiram sowie zum Verbot der Verwendung und des Verkaufs von Saatgut, das mit Thiram enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission. 32018R1500, 10. Oktober 2018 (europa.eu [abgerufen am 25. Oktober 2018]).
  14. Benjamin Luig, Fran Paula de Castro und Alan Tygel (beide Campanha Permanente Contra os Agrotóxicos e Pela Vida), Lena Luig (INKOTA-netzwerk), Simphiwe Dada (Khanyisa), Sarah Schneider (MISEREOR) und Jan Urhahn (Rosa-Luxemburg-Stiftung): Gefährliche Pestizide. (PDF; 2,4 MB) von Bayer und BASF – ein globales Geschäft mit Doppelstandards. Rosa-Luxemburg-Stiftung, INKOTA-netzwerk, Bischöfliches Hilfswerk Misereor u. a., April 2020, abgerufen am 25. April 2020.
  15. AS 2019 4263 als Anhang 1 im PSMV, SR 916.161. 10. Dezember 2019, abgerufen am 8. August 2021.
  16. Bundesamt für Landwirtschaft BLW: Zurückgezogene Pflanzenschutzmittel mit Ausverkaufs- und Verwendungsfristen. 31. Dezember 2020, abgerufen am 8. August 2021.
  17. Veterinärpharmakologie und -toxikologie Zürich über Thiam
  18. Clinipharm: Toxikologie-Dithiocarbamate
  19. Europäische Chemikalienagentur (ECHA): Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report.
  20. Community rolling action plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Thiram, abgerufen am 26. März 2019.