Thomas Fillier

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Thomas Fillier[1][2][3][4] (* 15. August 1583[5] bzw. 1584[1] in der spanisch-niederländischen Provinz Limburg; † 10.[5] bzw. 13. April[6] 1665 in Braunschweig), auch Villier[7], Villar[8] oder Filler[5], war ein niederländischer Soldat in Diensten der Stadt Braunschweig, zuletzt 34 Jahre lang im Range des „Stadthauptmanns“ bzw. „Stadtmajors“.

Leben

Seine Eltern waren Peter Fillier und dessen Ehefrau Catharina, geb. Delamella.[1] Fillier machte eine Militärkarriere und diente zunächst dem spanischen König, später Rudolf II, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.

Soldat in Braunschweig

Belagerung Braunschweigs im Jahre 1615, bei der sich Fillier auszeichnete.

1613[5] bzw. 1614[1] kam Fillier nach Braunschweig, wo er ab 1614 als Fähnrich Dienst tat. Im Juli 1615 folgte die Beförderung zum Leutnant. Ab dem 31. Juli 1615 kam es zum wiederholten Male zu einer Belagerung Braunschweigs durch welfische Truppen, die die Stadt für Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel als Residenz zurückerobern sollten. Die Stadt wurde eingeschlossen und wochenlang unter heftigen Beschuss genommen, wobei es auch unter der Zivilbevölkerung zu zahlreichen Todesopfern kam. Es war die bisher schwerste Belagerung in der Stadtgeschichte.[6] Während dieser Zeit leistete Fillier mit seinen Truppen so erfolgreichen und für die Angreifer verlustreichen Widerstand, dass er im Oktober 1615 zum „Stadtmajor“ ernannt wurde, nachdem sein Amtsvorgänger Dominicus Adriani im Kampf gefallen war.[2] Der Belagerungsring konnte aber erst durch Eingreifen eines hansisch-niederländischen Entsatzheeres unter Führung Friedrich zu Solms-Rödelheims[9] durchbrochen werden, das am 21. Oktober eingetroffen war. Am 1./2. November zogen sich die Belagerer schließlich wieder nach Wolfenbüttel zurück. Nachdem zwischen der Stadt Braunschweig und dem Welfenherzog am 21. Dezember 1615 der Frieden von Steterburg geschlossen worden war, huldigte die Stadt dem Herzog am 5. Februar 1616. Bei dieser Gelegenheit empfing Friedrich Ulrich auch Thomas Fillier persönlich und bot ihm an, in seine Dienste zu treten, was dieser jedoch ablehnte.[10] Aufgrund seiner militärischen Verdienste wurde Fillier 1631, mitten im Dreißigjährigen Krieg, zum „Stadtmajor“ Braunschweigs ernannt, dem höchsten militärischen Posten der Stadt. Fillier bekleidete dieses Amt anschließend 34 Jahre in Folge.[6]

Familie

1617 heiratete Fillier die aus Magdeburg stammende Margaretha Hoffmeister, deren Eltern Wolff Hoffmeister und dessen Frau Catharine von der Leine waren.[1] Mit seiner Frau hatte Fillier vier Söhne, die jedoch alle im Kindesalter verstarben. Seine Ehefrau starb 1657.

Fillier und die Andreaskirche

Das Ehepaar Fillier hatte eine besondere Beziehung zur Andreaskirche im Weichbild Neustadt. So wird im Text des Epitaphes des Paares berichtet, dass Thomas Fillier das Kirchenschiff hatte ausmalen lassen („Hat Gott dem herrn zu Ehren diese / Kirche vermahlen … lassen .“). Philip Christian Ribbentrop berichtete im ersten Band seiner 1789 erschienenen Beschreibung der Stadt Braunschweig davon. Darüber hinaus auch, dass sich „Degenharnisch und Rüstung dieses in der Stadt Diensten gestandenen berühmten Majors Villar“ in der Sakristei befänden.[8] Zuvor hatte bereits Tobias Olfen, von 1643 bis 1653 Großer Bürgermeister der Altstadt in seiner überlieferten Chronik Braunschweigs berichtet, dass Filliers „… Conterfei, seine Rüstung und sein Schwerdt annoch zu seinem Gedächtniß im Zeughause zum Brüdern aufbewahrt …“ würden.[11]

Stiftung eines Kreuzigungsgemäldes

1649 stifteten die Eheleute darüber hinaus ein Kreuzigungsgemälde.[12]

Epitaph der Eheleute Fillier

Epitaph der Eheleute Fillier von 1650, seit 1945 verschollen.

Noch zu seinen und seiner Ehefrau Lebzeiten ließ Fillier ein hölzernes Epitaph für die Andreaskirche schaffen, das bis 1945, der Endphase des Zweiten Weltkrieges, an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes zu sehen war. Als ausführender Künstler wird Heinrich Ochsenkopf, ein Sohn des Henning Ochsenkopf aus Hildesheim, vermutet.[13]

Das Werk war von einem Engel gekrönt, der über einer querovalen und von Voluten begrenzten Kartusche saß. In der Kartusche stand folgender Text: „Ich weiß an welchen ich / glaube und bin gewiß daß Er kan / mir meine belage bewahren, bisz / An Jenen Tag . 2 . Timo . I“ Unterhalb dieses Bereiches befand sich ein großes, rechteckiges Ölgemälde, das den zentralen Teil des Epitaphs bildete. Zu beiden Seiten des Gemäldes war je eine Säule, neben denen wiederum die zwei Tugendfiguren Fortitudo und Prudentia positioniert waren. Das Gemälde zeigte ein zu je einer Seite eines Altars kniendes Ehepaar. Vom Betrachter aus links vor dem Altar knieten ebenfalls vier kleine Jungen, die früh verstorbenen Kinder des Paares.[14] Über dem Altar war ein Kruzifix mit INRI. Am Fuß des Kreuzes und auf dem Altar platziert das Agnus Dei.[1]

Unterhalb des Ölgemäldes war eine von Ornamentwerk eingefasste querrechteckige, unten abgerundete Tafel mit der – ungewöhnlich für die Zeit – in Deutsch abgefassten Inschrift:

„Anno 1584 . Jst der Edle Veste und Manhaffte Thomas Fillier . von vornehmen vnd / Christlichen Eltern, als seinem vatter Peter Fillier und seiner mutter Catharina Delamella auff diese Welt gebohren in der / wolbekanten Stadt Lemburgk unter den Niederländischen Provincien hat in seiner Jugend anfangs dem Könige in / Spanien. hernach dem Römischen Keyser Rudolpho etliche Jahr im krige gedienth vnd nach dem Viel Länder / und Königreiche durchzogen Jst Anno 1614 anhero in Braunschweig kommen vnd bey dieser löbliche(n) / Stadt sich zuerst für einen gefreyten bestellen laszen, baldt dar auff er wegen seines wolverhaltens das / Fähnlein und hernach die Leutnandschafft erlanget, ferner zum Capitain uber zwey Compagnie(n) / vnd endlich zum Major bestellet worden, welches letztere Officium Er auch eine geraume / Zeit redlich verwaltet. Hat sich Anno 1617. vermählet mit der Ehr und vieltugendsahmen / Jungfer Margaretha Hoffmeisters, weilandt Herrn Wolff Hoffmeisters und Catharinen von / der leine eheleiblichen tochter, mit welcher Ehr durch Gottes Segen im heiligen Ehestand gezeuget / Vier Söhnlein, welche alle in Christo Selig entschlaffen, Hat Gott dem herrn zu Ehren diese / Kirche vermahlen, vnd solches Epitaphium alhier aufricht(en) lassen. Anno 1650 den / 7. Aprilis“

Deutsche Inschriften Online[1]

Das Epitaph gilt seit 1945 als verschollen[14], wobei unklar ist, ob es zusammen mit dem Kreuzigungsbild und der Rüstung zerstört wurde, wie der größte Teil der Ausstattung der Kirche oder ob es in der Nachkriegszeit gestohlen wurde.

Einrichtung einer Stiftung für Studenten

Testamentarisch verfügte Thomas Fillier die Einrichtung einer Stiftung[8], die noch um 1900 bestand. Sie gewährte Studierenden ein Stipendium von 45 Mark.[15] Irrtümlicherweise wurde sie als „Villers’sche Stiftung“ bezeichnet. Darüber hinaus vermachte er den Armen der Andreasgemeinde einen Geldbetrag.

Leichenpredigt

Der Braunschweiger Superintendent Andreas Heinrich Bucholtz hielt am 16. April 1665 die Leichenpredigt[16] auf Fillier in der Andreaskirche. Exemplare des 48-seitigen Dokuments mit ihren zahlreichen biographischen Angaben befindet sich heute im Stadtarchiv Braunschweig[6] und in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Fillier wurde in der Andreaskirche bestattet.[8]

Nachleben

Datei:August Otto-Walster Braunschweiger Tage 1874 Titelseite.jpg
Titelseite des 1874 erschienenen Romans Braunschweiger Tage von August Otto-Walster.
Datei:Hohnstein Otto Der Faehnrich von Braunschweig 1906.jpg
Titelblatt der 1906 erschienenen Erzählung Der Fähnrich von Braunschweig von Otto Hohnstein.

Der sozialistische Politiker und Schriftsteller August Otto-Walster verarbeitete das Leben Filliers, insbesondere die Ereignisse des Jahres 1615 in seinem 1874 erschienenen historischen Roman „Braunschweiger Tage“.[17] 1902 erschien der Roman als Neuauflage unter dem geänderten Titel Ein Held des Geistes und des Schwertes. Historischer Roman aus den Zeiten des deutschen Hansabundes. Bei dem Werk handelt es sich um den ersten Roman mit sozialistischer Tendenz.[18] Otto-Walster schildert scheinbar biografisch das Leben Filliers und stilisiert ihn zum Vorläufer proletarischer Klassenkämpfer des 19. Jahrhunderts.

Im Jahre 1906 erschien Der Fähnrich von Braunschweig. Historische Erzählung aus dem 17. Jahrhundert des Braunschweiger Historikers Otto Hohnstein. Hohnstein schildert darin fiktive Ereignisse um Thomas Fillier und dessen (späterer) Frau aus der Zeit um die Belagerung Braunschweigs im Jahre 1615. Seiner Erzählung voran stellte Hohnstein ein Foto des Epitaphs der Eheleute Fillier aus der Andreaskirche.

Zu Ehren Thomas Filliers wurde die „Villierstraße“ (sic!) in Braunschweig nach ihm benannt.[19]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Epitaphtext bei Deutsche Inschriften Online
  2. a b Carl Friedrich von Vechelde (Hrsg.). Tobias Olfen‘s, eines braunschweigischen Rathsherrn, Geschichtsbücher der Stadt Braunschweig, S. 208
  3. Friedrich Knoll: Braunschweig und Umgebung: historisch-topographisches Handbuch und Führer durch die Baudenkmäler und Kunstschätze der Stadt, 1881, S. 87
  4. Otto Hohnstein: Geschichte des Herzogtums Braunschweig, Braunschweig 1908, S. 315
  5. a b c d Norman-Mathias Pingel: Thomas Villier (Filler), In: Camerer, Garzmann, Schuegraf, Pingel (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon, S. 236
  6. a b c d Johannes Angel: Thomas Villier (auch Filler), In: Horst-Rüdiger Jarck, Dieter Lent u. a. (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 8. bis 18. Jahrhundert., S. 720
  7. Paul Jonas Meier und Karl Steinacker: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig, 2. erw. Auflage, Braunschweig 1926, S. 30
  8. a b c d Philip Christian Ribbentrop: Beschreibung der Stadt Braunschweig, 1. Band, Braunschweig 1789, S. 143
  9. Werner Spieß: Geschichte der Stadt Braunschweig im Nachmittelalter. Vom Ausgang des Mittelalters bis zum Ende der Stadtfreiheit 1491–1671. Band 1, Braunschweig 1966, S. 176
  10. Carl Friedrich von Vechelde (Hrsg.). Tobias Olfen‘s, eines braunschweigischen Rathsherrn, Geschichtsbücher der Stadt Braunschweig, S. 225
  11. Carl Friedrich von Vechelde (Hrsg.). Tobias Olfen‘s, eines braunschweigischen Rathsherrn, Geschichtsbücher der Stadt Braunschweig, S. 212
  12. Beschreibung des Gemäldes bei Deutsche Inschriften Online
  13. Paul Jonas Meier: Das Kunsthandwerk des Bildhauers in der Stadt Braunschweig seit der Reformation. In: Werkstücke aus Museum, Archiv und Bibliothek der Stadt Braunschweig VIII., Druck und Verlag E. Appelhans & Comp., Braunschweig 1936, S. 87
  14. a b Wolfgang A. Jünke: Zerstörte Kunst aus Braunschweigs Gotteshäusern – Innenstadtkirchen und Kapellen vor und nach 1944, Groß Oesingen 1994, ISBN 3-86147-001-2, S. 40 (mit S/W-Foto)
  15. Rudolf Blasius (Hrsg.): Braunschweig im Jahre MDCCCXCVII. Festschrift den Theilnehmern an der LXIX Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte. Meyer, Braunschweig 1897, (Digitalisat), S. 429.
  16. Guter Laufs- und Glaubens-Kampf | aller rechtschaffenen | Streiter JEsu Christi: | Aus der andern Epistel | an Thimotheum Cap. IV. vers. 7, 8 | Jch habe einen guten Kampf gekämpfet/ &c: | veranlasset/ | und bey | Volkreicher ansehnlicher Leichbestattung | Des weiland/ Edlen Vesten und Mannhaften Herrn | THOMAS | Villier/ | wohlverdienten tapferen Majeurs dieser | löblichen Stadt Braunschweig. | Jn der Kirche zu S. Andreae/ Weichbildes | Neustadt hieselbst | Am XVI. Tage des Aprils/ Anno 1665. | vorgetragen und erkläret | von | ANDREA HENRICO Bucholtz/ | der Kirchen und Stadt Braunschweig | Superintendenten. | … | Gedruckt durch Christoff-Friedrich Zilligern/ Anno Christi MDCLXV
  17. Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweig in vergessenen Romanen und Erzählungen. Eine Anthologie., Zusammengestellt und kommentiert von Dietrich Voit, In: Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunschweig. Kleine Schriften 27, Braunschweig 1995, S. 18–21
  18. Viktor Žmegač (Hrsg.): Geschichte der deutschen Literatur. Vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart , Band II/1, 4. Auflage, Beltz Athenäum Verlag, 1980, ISBN 978-3-407-32117-6, S. 130
  19. Jürgen Hodemacher: Braunschweigs Straßen – ihre Namen und ihre Geschichten, Band 2: Okergraben und Stadtring, S. 280