Tim Lüddecke

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Tim Lüddecke (* 25. Juni 1989 in Salzgitter) ist ein deutscher Biochemiker und Zoologe. Sein Forschungsgebiet ist die Biologie und Anwendung von Tiergiften, sowie die Biodiversität und Evolution von Gifttieren.

Leben

Lüddecke besuchte die Robert Bosch Gesamtschule in Hildesheim und schloss 2008 mit dem Abitur ab. Es folgte zunächst eine Berufsausbildung zum Chemielaboranten und nach deren erfolgreichen Abschluss ein Studium der Biologie an der Technischen Universität Braunschweig mit den Vertiefungsfächern Biochemie, Bioinformatik und Genetik. Während dieser Zeit lernte er Miguel Vences und Sebastian Steinfartz kennen und wurde deren Student. Im Anschluss wechselte Lüddecke 2018 ans Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Gießen, wo er bei Andreas Vilcinskas im Rahmen des LOEWE Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik über die Evolution und Chemie von Spinnengiften promovierte.[1] Für diese Arbeiten wurde Lüddecke mit dem Dissertationspreis der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgezeichnet.[2] Seit 2021 leitet er die Arbeitsgruppe Animal Venomics am Fraunhofer Institut in Gießen.[3] Er ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Fachverbände und beteiligt sich an deren Koordination, so ist er ein Vertreter für Deutschland in der COST Action "European Venom Network"[4] und der Vizevorsitzende der Deutschen Arachnologischen Gesellschaft.[5]

Wissenschaftliches Werk

Lüddeckes wissenschaftlicher Fokus gilt der Untersuchung der molekularen Vielfalt in Tiergiften mit dem Ziel neue Naturstoffe zu entdecken um deren Rolle für die Ökologie der jeweiligen Art zu verstehen und mögliche Anwendungen in Medizin oder Landwirtschaft davon ableiten zu können.[6] Er identifizierte mehrere bislang unbekannte Molekülgruppen aus den Giften von Spinnen, Schnurwürmern und Amphibien. Nennenswerte Verbindungen, an deren Entdeckung er beteiligt war, sind beispielsweise Neuropeptidartige Toxine aus der Wespenspinne[7] und mehrere Salamander-Alkaloide aus dem Gift des Feuersalamanders. Ein weiterer Schwerpunkt von Lüddeckes Arbeit ist die Evolution und Artenvielfalt von Gifttieren, insbesondere von Vogelspinnen. Unter anderem veröffentlichte er die ersten belastbaren Hypothesen zu den Verwandtschaftsverhältnissen der Vogelspinnen[8] und der Evolution ihrer Brennhaare anhand genetischer und genomischer Methoden.[9] Im Rahmen seiner Arbeit über die Evolution der Vogelspinnen beschrieb Lüddecke zusammen mit anderen Kollegen die Gattung Antikuna mit ihren sieben Arten.[10]

Literatur (Auswahl)

  • T. Lüddecke, H. Krehenwinkel, G. Canning, F. Glaw, S. Longhorn, R. Tänzler, I. Wendt, M. Vences: Discovering the silk road: Nuclear and mitochondrial sequence data resolve the phylogenetic relationships among theraphosid spider subfamilies. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 119, 2018, S. 63–70.
  • T. Lüddecke, B. M. von Reumont: Venomics: Tiergifte als Quelle neuartiger Bioressourcen. In: BIOspektrum. Band 26, Nr. 7, 2020, S. 724–727.
  • T. Lüddecke: How the integration of phylogenetics and venomics resolves persistent challenges in evolutionary systematics and toxinology – lessons from the spider kingdom. Doctoral Thesis, Justus Liebig University of Gießen, 2021.
  • R. Kaderka, N. Ferretti, M. Hüsser, T. Lüddecke, R. C. West: Antikuna, a new genus with seven new species from Peru (Araneae: Theraphosidae: Theraphosinae) and the highest altitude record for the family. In: Journal of Natural History. Band 55, Nr. 21–22, 2021, S. 1335–1402.
  • Tim Lüddecke, Volker Herzig, Björn M. von Reumont, Andreas Vilcinskas: The biology and evolution of spider venoms. In: Biological Reviews. 2021, doi:10.1111/brv.12793.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. LOEWE-TBG: TBG Projekt Andreas Vilcinskas und Team. Abgerufen am 1. Oktober 2021.
  2. Akademischer Festakt erneut im Zeichen der Pandemie. Abgerufen am 16. Februar 2022.
  3. Fraunhofer IME Gießen: Team Bioressourcen Gießen. Abgerufen am 1. Oktober 2021.
  4. EUVEN: Management Committee of the European venom Network. Abgerufen am 1. Oktober 2021.
  5. Deutsche Arachnologische Gesellschaft: Vereinsausschuss der Deutschen Arachnologischen Gesellschaft. Abgerufen am 1. Oktober 2021.
  6. Tim Lüddecke, Björn M. von Reumont: Tiergifte als Quelle neuartiger Bioressourcen. In: BIOspektrum. Band 26, Nr. 7, November 2020, ISSN 0947-0867, S. 724–727, doi:10.1007/s12268-020-1482-3.
  7. Tim Lüddecke, Björn M. von Reumont, Frank Förster, André Billion, Thomas Timm: An Economic Dilemma between Molecular Weapon Systems May Explain an Arachno-Atypical Venom in Wasp Spiders (Argiope bruennichi). In: Biomolecules. Band 10, Nr. 7, 30. Juni 2020, ISSN 2218-273X, S. 978, doi:10.3390/biom10070978, PMID 32630016.
  8. Tim Lüddecke, Henrik Krehenwinkel, Gregory Canning, Frank Glaw, Stuart J. Longhorn: Discovering the silk road: Nuclear and mitochondrial sequence data resolve the phylogenetic relationships among theraphosid spider subfamilies. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 119, Februar 2018, S. 63–70, doi:10.1016/j.ympev.2017.10.015 (elsevier.com [abgerufen am 1. Oktober 2021]).
  9. Saoirse Foley, Tim Lüddecke, Dong-Qiang Cheng, Henrik Krehenwinkel, Sven Künzel: Tarantula phylogenomics: A robust phylogeny of deep theraphosid clades inferred from transcriptome data sheds light on the prickly issue of urticating setae evolution. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 140, November 2019, S. 106573, doi:10.1016/j.ympev.2019.106573 (elsevier.com [abgerufen am 1. Oktober 2021]).
  10. Radan Kaderka, Nelson Ferretti, Martin Hüsser, Tim Lüddecke, Rick West: Antikuna , a new genus with seven new species from Peru (Araneae: Theraphosidae: Theraphosinae) and the highest altitude record for the family. In: Journal of Natural History. Band 55, Nr. 21–22, 3. Juni 2021, ISSN 0022-2933, S. 1335–1402, doi:10.1080/00222933.2021.1936680.