Operation Trojan Shield

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Logo der Operation Trojan Shield

Operation Trojan Shield (englisch für Operation Trojanerschild), teilweise auch Operational Task Force Greenlight oder Operation Ironside genannt, bezeichnet eine gemeinsame Operation zahlreicher Strafverfolgungsbehörden gegen die internationale organisierte Kriminalität. Die Operation wurde maßgeblich vom US-amerikanischen FBI, der niederländischen Polizei, der schwedischen Polizei und Strafverfolgungsbehörden von 16 weiteren Ländern in Kooperation mit der amerikanischen Drug Enforcement Administration (DEA) und unterstützt von Europol durchgeführt.[1] Die Operation führte Anfang Juni 2021 zu über 800 Festnahmen und der Durchsuchung von über 700 Gebäuden in 16 Ländern.[2] Beschlagnahmt wurden unter anderem acht Tonnen Kokain, 22 Tonnen Cannabis und Cannabisharz, 2 Tonnen synthetische Drogen (Amphetamine), 6 Tonnen synthetische Drogengrundstoffe, 250 Schusswaffen sowie 55 Luxuswagen und über 48 Millionen Dollar Bar- und Kryptogeld verschiedener Währungen.[3] Laut Europol handelt es sich bei Operation Trojan Shield um „eine der größten Polizei-Aktionen jemals“.[4]

Ablauf

Logo der ANOM-App, einem zentralen Werkzeug der Operation Trojan Shield.
Ein Bild des ANOM-Chats vor seiner Abschaltung.

Während Anbieter von verschlüsselten Messengern bzw. Kryptohandys wie EncroChat, Phantom Secure und Sky ECC von der Polizei gehackt und anschließend geschlossen werden konnten, entwickelte das FBI in Zusammenarbeit mit der australischen Bundespolizei ab 2019 eine andere Verschlüsselungs-App namens ANOM (geschrieben auch ΛNØM, Leetspeak An0m) mit einer Backdoor weiter und etablierte diese über Jahre im kriminellen Milieu.[3]

Der FBI-Außenstelle in San Diego war es im Rahmen der Zerschlagung von Phantom Secure gelungen, einen Informanten anzuwerben. Er hatte Kryptohandys und entsprechende Apps an kriminelle Netzwerke weiterverkauft und war gerade dabei, ANOM zu entwickeln. Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, bot er dem FBI an, die App und sein bestehendes, ihm vertrauendes Kundennetz zur Verbreitung zu nutzen. Laut US-Gerichtsunterlagen erhielt der vorbestrafte Informant dafür eine Belohnung von 120.000 Dollar plus rund 60.000 Dollar Spesen.[5]

Das FBI gründete daraufhin ein gleichnamiges Unternehmen, das von Panama aus mehr als 12.000 verschlüsselte Geräte an über 300 kriminelle Banden in mehr als 100 Ländern lieferte. Im Verlauf von 18 Monaten konnten 27 Millionen Nachrichten, die Kriminelle für abhörsicher hielten, von Ermittlern mitgelesen werden.[2] Kriminelle auf der ganzen Welt besprachen an vermeintlich abhörsicheren Handys Drogen- und Waffengeschäfte sowie Auftragsmorde.[6]

Wie australische Medien berichten, entwickelte ein IT-Experte der australischen Bundespolizei die Idee zur Operation am Biertisch mit FBI-Agenten.[7]

Ermittlungsergebnisse

Deutschland

Im März 2021 begannen die Ermittlungen. Basis des Ermittlungskomplexes sind Daten zu rund 2700 Nutzern mit Deutschlandbezug, die von den US-Ermittlern an die Bundesrepublik übermittelt wurden.[7]

Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) wurden bis Juni 2021 insgesamt 150 Objekte durchsucht und 70 Verdächtige festgenommen. Ihnen wird Waffen- und Drogenhandel vorgeworfen.[3] In den darauffolgenden Prozessen, zum Beispiel vor dem Landgericht Frankfurt, versuchen Verteidiger, die Verwertbarkeit der Anom-Chats als Beweise in Frage zu stellen.[8]

Stand Juli 2022 wurden in Deutschland 140 Haftbefehle vollstreckt, fünf Drogenlabore ausgehoben und dabei anderthalb Tonnen synthetische Drogen sowie 1,3 Tonnen Cannabis und kiloweise Heroin und Kokain beschlagnahmt. Es seien ferner 55 Schusswaffen, 2400 Schuss Munition und mehr als 1,8 Millionen Euro Vermögen gesichert worden.[6]

Australien

In Australien wurden mit 4500 Beamten 500 Hausdurchsuchungen vollstreckt. Über 200 Verdächtigte wurden angeklagt sowie mehrere Tonnen Drogen, über 100 Schusswaffen und umgerechnet mehr als 28 Millionen Euro in bar und Gegenstände beschlagnahmt.[7]

Österreich

Am 9. Juni 2021 gaben der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) bekannt, dass es bei der Operation zu 67 Hausdurchsuchungen und 81 Festnahmen in Österreich kam. Auf nationaler Ebene lief die Operation unter dem Namen „Operation Achilles“. Schwerpunktmäßig erfolgten die Zugriffe in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg. Nach der Durchführung von Observationen, Telefonüberwachungen sowie internationalen Datenabgleichen, kamen beim am 8. Juni 2021 durchgeführten Aktionstag österreichweit 400 Ermittler und Mitglieder von Spezialeinheiten zum Einsatz. Sichergestellt wurden insgesamt 707 Kilo Suchtmittel, 35 Waffen und 650.000 Euro in bar. Die sichergestellten Suchtmittel bestehen aus 30 kg Kokain, 26 kg Heroin, 60 kg Streckmittel, 261 kg Cannabisharz und 390 kg Marihuana.[9] Am Aktionstag wurden 13 verdächtige Personen inhaftiert, wobei bereits U-Haft verhängt wurde. Am Tag der Pressekonferenz wurden weitere 15 Personen in die Justizanstalt Josefstadt eingeliefert.[10]

Weblinks

Fußnoten

  1. 800 criminals arrested in biggest ever law enforcement operation against encrypted communication. Europol, 8. Juni 2021, abgerufen am 8. Juni 2021.
  2. a b Trojan Shield: Europol details massive organized crime sting. Deutsche Welle, 8. Juni 2021, abgerufen am 8. Juni 2021 (englisch).
  3. a b c FBI lockte Verbrecher in die Chatfalle – mit selbst entwickelten Kryptohandys. Der Spiegel, 8. Juni 2021, abgerufen am 8. Juni 2021.
  4. Mega-Razzia: Europol und FBI stellen spektakuläre Falle. Berliner Morgenpost, 8. Juni 2021, abgerufen am 8. Juni 2021.
  5. "Operation Ironside": Polizei trickste Kriminelle mit App aus. tagesschau.de, 9. Juni 2021, abgerufen am 10. Juni 2021.
  6. a b DER SPIEGEL: Frankfurt am Main: Anom-Kryptohandys – Ermittler fassen 140 mutmaßliche Kriminelle. (spiegel.de [abgerufen am 5. Juli 2022]).
  7. a b c Mit Fake-App AN0M gegen Drogenhandel: Razzien in 16 Ländern. heise online, 8. Juni 2021, abgerufen am 8. Juni 2021.
  8. David Klaubert: Kryptodienst Anom: Organisierte Kriminalität in der Falle. In: FAZ.NET. 20. Januar 2022, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 21. Januar 2022]).
  9. Operation „Trojan Shield“: Auch 81 Festnahmen in Österreich. In: news.orf.at. Abgerufen am 9. Juni 2021.
  10. Vanessa Gaigg: Operation „Trojan Shield“: 81 Festnahmen in Österreich, 707 Kilo Drogen sichergestellt. In: derstandard.at. Abgerufen am 9. Juni 2021.