Ukrainisches Institut für Nationale Erinnerung

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Logo des Instituts (UINP)

Das Ukrainische Institut für Nationale Erinnerung[1] (ukrainisch Український інститут національної пам'яті / Ukrajinskyj instytut nazionalnoji pamjati, wiss. Transliteration

Ukraïnsʹkyj instytut nacionalʹnoï pamʼjati

/ Abk. УІНП / UINP)[2] ist ein ukrainisches Institut, das „maßgeblich“ die „Richtung der nationalstaatlichen Geschichts- und Erinnerungspolitik“ bestimmt.[3]

Lypska-Straße 16, Kiew

Einführung

Es untersteht dem Ministerkabinett der Ukraine, dem obersten Organ der Exekutive der Ukraine. Es wurde am 31. Mai 2006 gegründet als spezielle Einrichtung für die Wiederherstellung und Bewahrung des nationalen Gedächtnisses des ukrainischen Volkes. Von 2006 bis 2010 war es eine zentrale staatliche Einrichtung mit Sonderstatus, von 2010 bis 2014 eine Forschungseinrichtung. Am 9. Dezember 2010 wurde das Institut durch einen Erlass von Viktor Janukowitsch aufgelöst, und am selben Tag schuf das Ministerkabinett der Ukraine an seiner Stelle das UINP als Forschungseinrichtung, die dem Ministerkabinett der Ukraine untersteht.

Dem Autor Mykola Davydiuk[4] zufolge hat das Institut dreißig Mitarbeiter.[5]

Direktoren

Dekommunisierung in der Ukraine

Im Mai 2015 unterzeichnete der ukrainische Präsident Petro Poroschenko vier Gesetze zur Dekommunisierung in der Ukraine. Der Direktor des Instituts, Wolodymyr Wjatrowytsch, war an der Ausarbeitung von zwei dieser Gesetze beteiligt. Die in diesen Gesetzen verhängten Strafen und ihre Formulierung wurden im In- und Ausland kritisiert.

Das Gesetz über den Zugang zu den Archiven der repressiven Organe des kommunistischen totalitären Regimes der Jahre 1917–1991[13] erteilt dem Institut die Zuständigkeit für die staatlichen Archive über die Repressionen während der Sowjetzeit.

Von dem Autor Christian Hörbelt wurde resümiert, dass sich die Ukraine

„in Zeiten des ukrainisch-russischen Konflikts nicht nur hinsichtlich der Zukunft von der vermeintlichen russischen Dominanz loslösen [möchte], sondern auch aus der gemeinsamen russisch-sowjetischen Geschichtsdimension aussteigen. […] Es konstruiert ein anti-sowjetisches und nationalukrainisches Narrativ, mit dem sich nicht alle ukrainischen Staatsbürger gleichermaßen identifizieren. Dies provoziert eine Vertiefung des bereits bestehenden erinnnerungskulturellen Konflikts in der Ukraine.“[14]

Fallbeispiel: Suworow-Denkmal

Suworow-Denkmal im Hof des Kiewer Militärlyzeums „Ivan Bohun (2015)

Das Denkmal für den russischen Generalissimus und Strategen Alexander Suworow (1730–1800), das im Hof des Kiewer Militärlyzeums „Ivan Bohun[15] stand, wurde auf Initiative der Lyzeumsverwaltung und mit Unterstützung des UINP und des damaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Wjatscheslaw Kyrylenko abgebaut. Die Wiederaufrichtung ebendieses Denkmals für Suworow in Poltawa auf dem Territorium der Zweigstelle des Nationalen Militärhistorischen Museums der Ukraine[16] fiel mit der Prüfung der Heiligsprechung dieses Militärführers durch die Russisch-Orthodoxe Kirche zusammen. Im Herbst 2021 wurde das Denkmal als Ausstellungsstück in das Museum für schwere Bomberflugzeuge[17] nach Poltawa verlegt und dort im Februar 2022 wieder abgebaut, mit der Begründung, es trage “Elemente der sowjetischen visuellen Agitation und Propaganda”.[18]

Siehe auch

Literatur

  • Christian Hörbelt: Analyse: Eine erinnerungskulturelle Zerreißprobe: Wie das Ukrainische Institut für Nationale Erinnerung ein neues nationalukrainisches Narrativ konstruiert, Bundeszentrale für politische Bildung, 18. Dezember 2017 (bpb.de)
  • Christian Hörbelt: Eine erinnerungskulturelle Zerreißprobe: Wie das Ukrainische Institut für Nationale Erinnerung ein neues nationalukrainisches Narrativ konstruiert, Ukraine-Analysen 193 (2017): 11–15 Online
  • Florian Peters: Roter Mohn statt Rotem Stern: „Entkommunisierung“ der Geschichtskultur in der Ukraine. Osteuropa, Vol. 66, No. 3, Fallstudien: Ukraine, Russland, Tschechien (2016), pp. 59–77 (19 pages) in Teilansicht
  • Wilfried Jilge: Nationalukrainischer Befreiungskampf: Die Umwertung des Zweiten Weltkrieges in der Ukraine. Osteuropa. Vol. 58, No. 6, Geschichtspolitik und Gegenerinnerung: Krieg, Gewalt und Trauma im Osten Europas (JUNI 2008), pp. 167–186 (20 pages) in Teilansicht
  • Tomasz Stryjek: Opfer und Helden – vergangenheitspoliitsche Strategien der ukrainischen Eliten, in: Etienne Francois, Kornelia Konczal, Robert Traba: Geschichtspolitik in Europa seit 1989. Deutschland, Frankreich und Polen im internationalen Vergleich. 2013, S. 264 ff.
  • Rüdiger Ritter, Rezension: Carola Lau: Erinnerungsverwaltung, Vergangenheitspolitik und Erinnerungskultur nach 1989 sehepunkte 21 (2021), Nr. 7/8

Weblinks

Commons: Ukrainisches Institut für Nationale Erinnerung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. bpb.de (Christian Hörbelt)
  2. Oder Ukrainisches Institut des nationalen Gedenkens, Ukrainisches Institut für Nationales Gedächtnis u. a.; engl. Ukrainian Institute of National Memory oder Ukrainian Institute of National Remembrance usw.
  3. Christian Hörbelt (bpb.de)
  4. russisch Микола Іванович Давидюк / Mikola Iwanowitsch Dawidjuk, wiss. Transliteration
    Mikola Ivanovič Davidjuk
  5. Mykola Davydiuk: Wie funktioniert Putins Propaganda? 2021, S. 130 („In Polen beispielsweise in einer ähnlichen Einrichtung, im Instytut Pamięci Narodowej, übersteigt diese Zahl zweitausend.“)
  6. US-Ukraine Business Council. www.usubc.org
  7. ukrainisch Валерій Федорович Солдатенко / Walerij Fedorowytsch Soldatenko; wiss. Transliteration: Valerij Fedorovyč Soldatenko
  8. ukrainisch Володимир Михайлович В'ятрович / Wolodymyr Mychajlowytsch Wjatrowytsch; Transliteration: Volodymyr Mychajlovyč Vʼjatrovyč
  9. Das Ministerkabinett entließ Wjatrowytsch vom Posten des Leiters des Ukrainischen Instituts für Nationales GedächtnisKanal 5 (aus dem Webarchiv). (Der Webseite zufolge hat Wjatrowytsch hatte auch am Harvard Ukrainian Research Institute gearbeitet.)
  10. ukrainisch Дробович Антон Едуардович / Anton Jeduardowitsch Drobowitsch; Transliteration: Anton Eduardovič Drobovič
  11. "Drobovych appointed as chairman of Ukrainian Institute of National Remembrance". Ukrinform (4. Dezember 2019)
  12. Who is Ukraine's new head of Institute of National Remembrance?, 112 Ukraine (5. Dezember 2019)
  13. Верховна Рада України; Закон від 09.04.2015 № 316-VIII Про доступ до архівів репресивних органів комуністичного тоталітарного режиму 1917–1991 років
  14. Analyse: Eine erinnerungskulturelle Zerreißprobe: Wie das Ukrainische Institut für Nationale Erinnerung ein neues nationalukrainisches Narrativ konstruiert (Christian Hörbelt, 18. 12. 2017 (abgerufen am 28. Februar 2022)
  15. ukrainisch Київський військовий ліцей імені Івана Богуна
  16. ukrainisch Національний військово-історичний музей України; Abk. НВІМУ / NWIMU, wiss. Transliteration
    NVIMU
  17. ukrainisch Музей важкої бомбардувальної авіації
  18. poltava.to: У Полтаві демонтували пам’ятник військовому діячу Російської імперії Олександрові Суворову / In Poltawa wurde ein Denkmal für Alexander Suworow, eine Militärfigur des Russischen Reiches, abgebaut (4. Februar 2022) - abgerufen am 28. Februar 2022

Koordinaten: 50° 26′ 37″ N, 30° 32′ 1″ O