Vakuumtherapie

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Vakuumverband: Die flächenhafte Wunde ist in diesem Beispiel mit einem schwarzen Schaumstoff bedeckt, dieser wiederum mit einer Klebefolie dicht verschlossen. Links oben ist der Saugschlauch sichtbar.

Die Vakuumtherapie (auch Vakuumversiegelung, Negative pressure wound therapy (NPWT), vacuum assisted closure-therapy (VAC-Therapie) und andere) ist eine Form der Wundbehandlung. Die Wundheilung soll hier durch einen Wundverschluss (Okklusion) in Kombination mit einer Drainage für Wundsekret und Blut erreicht werden, wobei ein Unterdruck durch Sog aufrechterhalten wird.

Die Namensgebung in der deutschen Sprache war unglücklich, weil kein Vakuum im eigentlichen Sinne, sondern verminderter atmosphärischer Druck angewendet wird. Eine bessere Bezeichnung des Verfahrens ist daher Unterdruck-Wundtherapie.

Aktives Wirkungsprinzip

Mittels einer Pumpe wird ein kontrollierter, örtlich begrenzter Unterdruck in einer Wunde erzeugt und dadurch der Heilungsprozess in chronischen als auch akuten Wunden möglicherweise beschleunigt, auf jeden Fall vereinfacht.[1] Dies geschieht durch das Absaugen von Wundsekret und dem damit einhergehenden Absaugen von proteolytischen Enzymen, besonders der Matrix-Metalloproteasen, sowie einer mechanischen Säuberung der Wunde. Die Durchblutung in der Wunde wird dadurch verbessert, dass die Einsprossung neuer Gefäße (Angiogenese) induziert wird. In weiterer Folge bildet sich Granulationsgewebe und eine feuchte Wundbehandlung ohne Stau von Wundexsudat und proteolytischen Enzymen ist gegeben. Der Unterdruck kann kontinuierlich, intermittierend oder konstant sein. Je nach Durchblutungssituation der betroffenen Stelle (z. B. bei vorhandener pAVK) kann der Unterdruck in einem Bereich von 25 mmHg bis hin zu 125 mmHg variiert werden.

Einsatzgebiete

Weitere spezielle Anwendungsgebiete sind das abdominelle Kompartmentsyndrom, septisches Abdomen und die Versorgung enteraler Fisteln.

Kontraindikationen

Im Rahmen der Konsensuskonferenz zur Vakuumtherapie einigten sich die Vertreter der Wundheilungsgesellschaften aus Österreich und Deutschland auf folgende Kontraindikationen:

  • Starke Blutgerinnungsstörungen mit erhöhter Blutungsgefahr,
  • freiliegende Blutgefäße, welche der Gefahr unterliegen, durch die Vakuumtherapie geschädigt zu werden.
  • nekrotischer Wundgrund,
  • unbehandelte Osteomyelitis,
  • maligner Wundgrund (Willy 2005)
  • Wunden, die sich in der Nähe des Nervus vagus befinden

In diesem Zusammenhang kam es im Jahr 2009 und erneut im März 2011 zu einer Warnung der FDA nach einer Serie von 12 Todesfällen und 174 Verletzungen durch Blutungen bis hin zum Kreislaufschock innerhalb von 4 Jahren. Die FDA rät von der Therapie ab bei[2]

  • Kindern
  • Personen mit Gefäßtransplantaten
  • Infektionen der Blutgefäße
  • Patienten, die antikoagulative Medikamente erhalten
  • Wunden mit nekrotischem Gewebe oder Schorfauflage
  • unbehandelter Osteomyelitis,
  • bei nicht-enterischer oder nicht explorierter Fistel
  • Malignomen im Wundbereich
  • Wunden, in denen Blutgefäße, Nerven, Anastomosen oder Organe sichtbar sind
  • bei freiliegendem Knochen muss eine Abdeckung des Knochens erfolgen.

Bewertung

Da das System geschlossen ist, kann der Verband mehrere Tage auf der Wunde bleiben, es sind zumindest theoretisch keine täglichen Verbandswechsel nötig. Durch den Sog im System verringert sich das Wundvolumen, wird überschüssige Flüssigkeit sowie behinderndes Exsudat entfernt und die Granulation so gefördert. Hinzu steigert sich der Komfort für den Patienten (kein Geruch, kein belästigendes Exsudat, seltener Verbandswechsel etc.).

Den selteneren Verbandswechseln (je nach Wundzustand) stehen die Leasingkosten des Therapiesystems und der Preis der Verbrauchsmaterialien gegenüber. Der einzelne Verbandswechsel ist deutlich aufwendiger, andererseits seltener. Die Pumpen benötigen prinzipiell Netzstrom. Es werden aber auch mobile Systeme mit Akkubetrieb angeboten, so dass der Patient entsprechend der Akkukapazität frei beweglich bleibt, jedoch die Pumpe mit sich führen muss.

Eine systematische Übersichtsarbeit randomisierter, kontrollierter Studien kommt zu dem Schluss, dass die Vakuumtherapie möglicherweise einen positiven Effekt auf die Wundheilung hat, aber letztlich noch immer Belege für Vor- oder Nachteile gegenüber der konventionellen Wundtherapie fehlen. Insbesondere waren die publizierten Studien heterogen und die Aussagen dadurch verzerrt. Auffällig sei auch, dass offenbar eine große Zahl an Studien abgebrochen wurde.[1] Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch ein Cochrane-Review[3] (2008) und zwei IQWiG-Beurteilungen (2006 und 2018).[4][5]

Literatur

  • Ch. Willy: Die Vakuumtherapie: Grundlagen, Indikationen, Fallbeispiele, praktische Tipps. Anne Lindqvist Verlag, Ulm 2005, ISBN 3-00-016219-4.
  • A. Vasel-Biergans, W. Probst: Wundauflagen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2003, ISBN 3-8047-2003-X.
  • D. Furniss, P. E. Banwell, W. Fleischmann: Surgical Wound Infection: The Role of Topical Negative Pressure Therapy. Oxford Wound Healing Society, 2005.

Weblinks

Commons: Negative pressure wound therapy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Frank Peinemann, Stefan Sauerland: Vakuumtherapie von Wunden: Systematische Übersicht randomisierter kontrollierter Studien. In: Dtsch Arztebl Int. 108(22), 2011, S. 381–389.
  2. Unterdruck-Wundtherapie: FDA warnt vor tödlichen Risiken. In: Deutsches Ärzteblatt. 1. März 2011.
  3. D. T. Ubbink, S. J. Westerbos, D. Evans, L. Land, H. Vermeulen: Topical negative pressure for treating chronic wounds. In: Cochrane Database Syst Rev., (3), 16. Juli 2008, S. CD001898. Review. PMID 18646080
  4. N04-03: Vakuumversiegelungstherapie von Wunden. (PDF; 13 MB) IQWiG, 2006.
  5. Vakuumtherapie bei Wunden: Verstoß gegen ethische und wissenschaftliche Standards. Hersteller und Wissenschaftler halten Studienergebnisse unter Verschluss / Nutzen und Schaden deshalb weiter unklar. IQWiG, 28. August 2018; abgerufen am 3. September 2018