Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen

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Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) ist eine berufsübergreifende Juristenorganisation mit Sitz in Düsseldorf, die im März 1972 gegründet wurde.[1] Sie wurde auf Initiative der DKP gegründet galt als eine von deren Vorfeldorganisationen.[2] Seit der Wende 1989 und dem in der Folge eingetretenen Bedeutungsverlust der DKP wird sie nicht mehr als solche wahrgenommen und agiert unabhängig von dieser. Die VDJ ist Gründungsmitglied der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt e. V. (EJDM). Der ursprüngliche Name bis Mitte der 1980er Jahre war Vereinigung demokratischer Juristen.

Programm

„Die Vereinigung sieht die Grundlagen ihrer Arbeit in den Leitprinzipien Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Verwirklichung dieser Leitprinzipien setzt nach Vorstellung der VDJ voraus, dass jedes staatliche, wirtschaftliche und private Handeln gegenüber dem dringenden Erfordernis der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen verantwortet werden kann.
Die Vereinigung ist der antifaschistischen Tradition verpflichtet und tritt nationalistischer und rassistischer Politik entgegen; sie übt internationale Solidarität mit allen, die sich für die Durchsetzung dieser Prinzipien einsetzen. […]
Die Vereinigung tritt ein für Völkerverständigung, Sicherung des Friedens und Achtung der Menschen-, politischen und sozialen Grundrechte auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen und der internationalen Normen und Pakte.“[3]

Diskussion um Verfassungsfeindlichkeit

Bereits kurz nach der Gründung wurde die VDJ von Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder als verfassungsfeindliche Organisation eingestuft. Nicht nur stand die DKP bei der Gründung Pate, auch waren Mitte der 1970er sechs von 23 der Vorstände eingeschriebene DKP-Mitglieder. Zudem wurden eine "propagandistische Diktion" und Begriffe der Satzung als Indizien angeführt.[4][5][6][7][8] Außerdem sei eine Einbindung in die „Kampagnenpolitik“ der DKP sichtbar.[9]

Die SPD-geführte Bundesregierung bezog eine etwas differenziertere Position: Der Innenminister Werner Maihofer (FDP) nannte die VDJ als Beispiel dafür, dass nicht in jedem Fall gefolgert werden könne, dass eine gesamte Organisation verfassungsfeindliche Ziele verfolge, nur weil in ihr auch Kommunisten mitwirken. Zu der Tatsache, dass die Verfassungsschutzberichte von 1973 und 1974 die VDJ als „kommunistische Hilfsorganisation“ bezeichnet hatten, erklärte Maihofers Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium Gerhart Baum im Bundestag: „Es gibt […] Organisationen, die zwar von der DKP gegründet wurden und deren Zielen dienen sollen, denen aber auch Mitglieder angehören, die sich mit der kommunistischen Zielsetzung nicht identifizieren, die vielmehr sogar demokratischen Parteien und Organisationen angehören. Zu dieser Kategorie rechnet der Bundesinnenminister die VDJ“.[7] Tatsächlich waren die ersten beiden Bundesvorsitzenden der VDJ SPD-Mitglieder und auch im Bundesvorstand der VDJ waren in den 1970ern teils prominente Sozialdemokraten wie Wolfgang Däubler und Heinz Düx Mitglied.[4] Trotzdem wurde in der Folge in einigen Ablehnungen von Bewerbern für den Staatsdienst die VDJ-Mitgliedschaft als Beleg für mangelnde Verfassungstreue aufgeführt.[6] Dies wurde aber nicht konsistent und bundesweit praktiziert, sondern primär in CDU-regierten Bundesländern.

Mit dem Ende der DDR und der damit einhergehenden zunehmenden Bedeutungslosigkeit der DKP änderte sich auch die Wahrnehmung der VDJ: So war der Bundesverfassungsschutzbericht für das Jahr 1990 der letzte, der die VDJ als verfassungsfeindliche, von der DKP beeinflusste Organisation aufführte.

Aktivitäten

Die VDJ arbeitet in Regionalgruppen, so in Berlin-Brandenburg, Bremen, Darmstadt, Dresden, Düsseldorf/Rhein-Ruhr, Frankfurt, Hamburg und München.

Die VDJ vergibt alle zwei Jahre den nach Hans Litten benannten Hans-Litten-Preis[10] an Juristen, die nach Vorstellung der VDJ in besonders hohem Maße demokratisches Engagement bewiesen haben, gelegentlich auch hinsichtlich deren Lebenswerkes. Preisträger 2008 war der Rechtsanwalt und Kinderbuchautor Heinrich Hannover, 2012 die britische Rechtsanwältin Gareth Peirce, 2014 der türkische Rechtsanwalt und Präsident des Vereins Progressiver Anwältinnen und Anwälte Selçuk Kozağçli, 2016 Wolfgang Kaleck und Dr. Miriam Saage-Maaß[11], 2018 der Anwaltliche Notdienst zum G20 in Hamburg[12] und 2020 Rolf Gössner[13].

Mitglieder gaben von 1973 bis 1993 die Vierteljahresschrift Demokratie und Recht (DuR) und geben die Internetplattform RechtProgressiv.de heraus. Zudem gibt die VDJ seit 1997 gemeinsam mit anderen Bürgerrechtsorganisationen den jährlichen Grundrechte-Report heraus.

In der VDJ gibt es die Arbeitskreise Familienrecht/Sozialpolitik und Arbeitsrecht. Der Arbeitskreis Familienrecht/Sozialpolitik wurde im Herbst 2005 gegründet und führt zweimal jährlich eine Arbeitstagung durch. Ziel dieser Tagungen ist es, ein Forum für diejenigen Berufsgruppen zu schaffen, die sich in ihrer beruflichen Praxis mit den Entwicklungen im Familienrecht beschäftigen. Der Arbeitskreis Arbeitsrecht bildet über den Kreis von Mitgliedern der VDJ hinaus ein Forum für Arbeitsrechtler, die in ihrer Tätigkeit und nach ihrem Verständnis auf die Interessen der Arbeitnehmer orientiert sind. In diesem Zusammenhang treffen sich Rechtsanwälte, insbesondere Fachanwälte für Arbeitsrecht, hauptamtliche Mitarbeiter aus den Gewerkschaften, Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit und Vertreter der Rechtswissenschaft.

Bundesvorsitzende

Publikationen

Der Verein war Herausgeberin einiger Bücher, die überwiegend im Pahl-Rugenstein Verlag verlegt wurden, bis dieser nach dem Wegfall der finanziellen Unterstützung durch die DDR 1989 insolvent wurde.

  • Das Grundgesetz: Verfassungsentwicklung und demokratische Bewegung in der BRD. Pahl-Rugenstein, 1974
  • Die Berufsverbotspraxis in der BRD und ihre Legalisierung durch das neue Sondergesetz. Sonderdruck aus Demokratie und Recht, Heft 2. 1974, Pahl-Rugenstein, 1974
  • Hitlers Blutjustiz: Ein noch zu bewältigendes Kapitel dt. Vergangenheit. Röderberg-Verlag, 1981
  • Joachim Schwammborn / Helmut Tannen (Hrsg.), Auf dem Weg in die Welt, in der wir leben möchten. Umwelt- und Technologiepolitik, gesellschaftliche Kontrolle und Recht. (Konferenzschrift), Röderberg-Verlag, 1989

Literatur

  • Berichte des Bundesamts für Verfassungsschutz 1975 (1976), S. 67; [usw. bis] 1988 (1989), S. 81
  • Andreas Engelmann/Joachim Kerth-Zelter/Ursula Mende/Cara Röhner/David-S. Schumann/Lea Welsch (Hrsg.): Streit ums Recht. Rechtspolitische Kämpfe in 50 Jahren »Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen« (VDJ), VSA Verlag, Hamburg 2022, ISBN 978-3-96488-145-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Satzung der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. In: vdj.de. 28. Oktober 2018, abgerufen am 13. Mai 2020.
  2. Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1979. August 1980, S. 86–87, abgerufen am 13. Mai 2020.
    Wolfgang Rudzio: Die Erosion der Abgrenzung: Zum Verhältnis zwischen der demokratischen Linken und Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland. Westdeutscher Verlag, Opladen 1988, ISBN 3-531-12045-X, S. 24.
  3. II. Aufgaben der Vereinigung, § 2. In: Satzung der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. 28. Oktober 2018, abgerufen am 13. Mai 2020.
  4. a b Aha, der Sumpf. In: Der Spiegel. Nr. 48, 1975, S. 70–73 (online).
  5. Günther Nollau: Die elende Intoleranz. In: Der Spiegel. Nr. 19, 1976, S. 62–63 (online).
  6. a b Dominik Rigoll: Erlass zur Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst [Radikalenerlass], 28. Januar 1972: Einleitung zum Radikalenerlass. In: 100(0) Schlüsseldokumente zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Bayerische Staatsbibliothek, 23. Juli 2018, abgerufen am 13. Mai 2020.
  7. a b Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht 211. Sitzung. (pdf; 928 kB) 14. Januar 1976, S. 14587–14590, abgerufen am 4. April 2018.
  8. Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht 226. Sitzung. (pdf; 1,3 MB) 10. März 1976, S. 15733–15734, abgerufen am 4. April 2018.
  9. Udo Baron: Westdeutscher Linksextremismus nach dem KPD-Verbot. (pdf; 82 kB) Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus, 29. Juni 2011, archiviert vom Original am 5. April 2018; abgerufen am 13. Mai 2020.
  10. https://www.vdj.de/aktivitaeten/hans-litten-preis/
  11. Hans-Litten-Preis 2016 an Wolfgang Kaleck und Dr. Miriam Saage-Maaß und MV der VDJ. Abgerufen am 8. Mai 2021.
  12. Der Anwaltliche Notdienst zum G20 in Hamburg erhält den Hans-Litten-Preis 2018. Abgerufen am 8. Mai 2021.
  13. Rolf Gössner erhält den Hans-Litten-Preis 2020. Abgerufen am 8. Mai 2021.