Wilhelm Wiebens

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Wilhelm Bernhard Paul Wiebens (* 17. März 1906 in Rüstringen/Oldenburg; † 22. Januar 1990 in Bad Pyrmont[1]) war ein deutscher SS-Führer. Als Kommandeur des Einsatzkommandos 9 war er in führender Stellung an der Massenerschießung von Juden in der besetzten Sowjetunion beteiligt.

Leben

In Wilhelmshaven besuchte er zunächst vier Jahre die Volksschule und ging dann auf die Städtische Oberrealschule über. Diese Schule verließ er im April 1923 mit Obersekundareife, um bei den Wilhelmshavener Metallwerken eine kaufmännische Lehre zu beginnen. Nach dreijährige Lehrausbildungszeit schloss er diese Lehre im Dezember 1925 mit der Kaufmannsgehilfenprüfung ab. In der Folgezeit war er bei einer Virma in Varel tätig, bis er sich im Jahre 1932 als selbständig er Handelsvertreter niederließ.[2]

Am 1. Februar 1931 trat er der NSDAP (Mitgliedsnummer 546.524) bei. Ab Februar 1931 bis Oktober 1931 gehörte er der Sturmabteilung (SA) an. Im Jahre 1931 wurde er auch Mitglied der der Schutzstaffel (SS) (SS-Nr. 16.617). In der letzteren wurde er unter anderem als Adjutant des Sturmbanns II der 24. SS-Standarte in Wilhelmshaven eingesetzt. Am 1. November 1934 wurde Wiebens in den Sicherheitsdienst der SS (SD) aufgenommen. Von Anfang 1935 bis mindestens 1939 war er Leiter des SD-Abschnitts Potsdam. In dieser Stellung erreichte er 1939 mit der Beförderung zum Obersturmbannführer seinen höchsten Dienstgrad.[3]

Im Jahre 1941 wurde er Führer des SD-Abschnitts Kiel.[4] Während des Zweiten Weltkriegs nahm Wiebens in führender Stellung an den Einsätzen der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in Osteuropa teil: Im Februar 1942 wurde er als Nachfolger von Oswald Schaefer Führer des Einsatzkommando 9, das beim Überfall auf die Sowjetunion Teil der Einsatzgruppe B war. Das Kommando verübte 1941/42 Massenmorde an Juden und Politkommissaren im Gefolge der Heeresgruppe Mitte. Im November 1942 wurde er von diesem Posten abgelöst und als Leiter des SD-Abschnittes nach Koblenz versetzt. Diese Stellung hatte er bis Kriegsende inne. Im Jahre 1943 erhielt er das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwerten. Im August 1944 wurde er kommissarisch zum Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD (IdS) in Wiesbaden ernannt.[4]

Im Mai 1945 geriet er in Söll in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde in der Folgezeit in Moosburg bis 1947 in einem Internierungslager festgehalten. Von dort wurde er der britischen Besatzungsmacht. Im Juni 1947 wurde er von einem britischen Militärgericht wegen der Erschießung von zwei alliierten Fliegern zu 15 Jahre Gefängnis verurteilt.[2] Diese Strafe hat er in der Strafanstalt Werl verbüßt. Am 7. Mai 1955 wurde er wegen guter Führung entlassen.[5] Zunächst war er für mehrere Jahre als kaufmännischer Angestellter bei den Achilles-Werken in Wilhelmshaven angestellt. Im Februar 1959 siedelte er nach Stuttgart über, wo er bei der Firma Conex zunächst die Stellung des Verkaufsleiters erhielt. Nach der Übersiedlung dieser Firma nach Böblingen im Jahre 1960 wurde er Prokurist.[2]

Am 5. Januar 1961 wurde er vorläufig festgenommen und befand sich seit diesem Tage bis zum 26. April 1961 in Untersuchungshaft. Am 4. Februar 1965 wurde er erneut festgenommen.[6] Im selben Jahr stand er erneut vor Gericht. Wiebens hatte Ende März/Anfang April 1942 einen Bericht erhalten, wonach bei Witebsk eine Anzahl „feindlicher Elemente“ unterwegs seien. Es handelte sich dabei um eine Gruppe Roma. Er stellte unverzüglich ein Hinrichtungskommando zusammen und befahl die Erschießung der ganzen Gruppe von 23 Personen, Männer, Frauen, Kinder. Eine ältere Frau hatte ihn angefleht, sie doch zu verschonen. Wiebens lehnte ab und bemerkte dabei: "Es ist besser, einen Unschuldigen zu viel zu erschießen, als einen Schuldigen laufen zu lassen." Sein Kommando erschoss auch die alte Frau.[7] Wie das Gericht feststellte, geschahen die Morde auf Wiebens eigene Initiative, das heißt, ein von der Verteidigung angeführter "Befehlsnotstand" wurde in seinem Fall nicht anerkannt. Das Westberliner Schwurgericht verurteilte Wiebens 1966 wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes zu lebenslänglichem Zuchthaus. Mitangeklagt waren die Offiziere Karl Rath, Heinz Tangermann und Oswald Schäfer des Einsatzkommandos 9 der Einsatzgruppe B.[8] Rath und Tangermann wurden wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zu fünf bzw. sechs Jahren Haft verurteilt. Schaefer wurde freigesprochen. Rath wurde 1968, Tangermann im Jahr darauf entlassen. Am 1. Juli 1980 wurde Wiebens mit Strafaussetzung zur Bewährung begnadigt. 1990 starb er in Bad Pyrmont.

Beförderungen

  • 10. August 1932: SS-Scharführer
  • 1. Dezember 1932: SS-Truppführer
  • 1. Juli 1933: SS-Obertruppführer
  • 31. Juli 1933: SS-Untersturmführer
  • 9. November 1935: SS-Obersturmführer
  • 20. April 1936: SS-Hauptsturmführer
  • 30. Januar 1937: SS-Sturmbannführer
  • 10. September 1939: SS-Obersturmbannführer

Literatur

  • Helmut Langerbein: Hitler’s Death Squads. The logic of Mass Murder. Texas A&M University Press, College Station 2003, ISBN 1-58544-285-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sterberegister des Standesamtes Bad Pyrmont Nr. 55/1990.
  2. a b c Karl Dietrich Bracher, Christian F. Rüter: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen national-sozialistischer Tötungsverbrechen 1945-1999. Bd. 23, S. 508.
  3. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 675.
  4. a b Klaus-Michael Mallmann/Andrej Angrick/Jürgen Matthäus/Martin Cüppers (Hrsg.): Deutsche Berichte aus dem Osten: Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion. WBG, Darmstadt 2014, ISBN 978-3534264636, S. 153.
  5. Helmut Langerbein: Hitler’s death squads. College Station 2003, S. 62.
  6. Karl Dietrich Bracher, Christian F. Rüter: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen national-sozialistischer Tötungsverbrechen 1945-1999. Bd. 23, S. 510.
  7. Donald Kenrick (Hrsg.): The Gypsies during the Second World War. University of Hertfordshire Press, Hatfield 1997, ISBN 1-902806-49-2, S. 160–161.
  8. Kerstin Freudiger: Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen. Mohr-Siebeck, Tübingen 2002, ISBN 3-16-147687-5, S. 71. (Aktenzeichen des Prozesses: LG Berlin Ks 1/65)