Kernbuche

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Wildbuche)
Schrankschublade mit einigen dunkleren Jahresringen, die Kernbuchenholz auszeichnen
Rotbuche mit ausgeprägtem Rotkern

Kernbuche, in der Möbelindustrie auch als Wildbuche angeboten, ist Buchenholz mit dunklen, kernholzähnlichen, wolkigen Verfärbungen, die auch als „Buchenrotkern“ oder kurz „Rotkern“ bezeichnet werden. Es handelt sich dabei allerdings nicht um Kernholz im eigentlichen Sinn, wie es bei echten Kernholzbäumen wie Eichen, Kiefern, Douglasien oder Lärchen auftritt, sondern um sogenannten Falschkern.

Eigenschaften

Kernbuche hat eine auffällige und lebendigere Maserung als übliches Holz der Buche (Fagus sylvatica) und hat einen deutlich dunkleren Ton. Gewöhnliches Holz der Rotbuche zeichnet sich im Gegenteil gerade durch eine sehr gleichmäßige und unauffällige Maserung aus.

Dieser natürliche Veränderungsprozess bildet eine besondere Zeichnung des Holzes. Die teilweise wild wuchernd anmutende Struktur wirkt auf den Oberflächen von Möbeln dekorativ. Veränderungen der Holzeigenschaften wie Festigkeitseinbußen aufgrund der Veränderungen sind nicht bekannt, obwohl die Verfärbung früher als Holzfehler galt.

Wirtschaftliche Bedeutung

Da nur alte Buchen und von diesen nur der innere Bereich des Stammes (bis 10 – 30 % des verwertbaren Holzes) von der Verfärbung betroffen sind, ist das Angebot begrenzt. Die wachsende Nachfrage macht sich inzwischen beim Preis bemerkbar.

Früher wurde ein Rotkern an Buchen als Qualitätsnachteil betrachtet. Noch 2001 fiel der Preis in Baden-Württemberg insbesondere bei starken Buchen auf weit unter 50 %, wenn am oberen oder unteren sichtbaren Stammquerschnitt eines gefällten Baumes der Rotkernanteil 30 % überschritt.[1] Zur Herstellung von Bahnschwellen wird Buchenholz mit Farbkern nicht verwendet, da dieser nur schwer zu tränken ist.[2]

Entstehung des Farbkerns

Zur Entstehung des Farbkerns gibt es zwei Theorien:

Die eine wird unter anderem von Hans Heinrich Bosshard in seinem Werk Baumkunde vertreten. Danach kommt es im Alter zwischen 100 und 140 Jahren im Stamminnern einiger Rotbuchen zu braunen bis rötlichen, unregelmäßigen Verfärbungen, die nicht wie beim echten Kernholz konzentrisch auftreten und von einem Jahresring umschlossen werden, sondern eine unregelmäßige Begrenzung aufweisen. Die Verfärbungen sind vermutlich Begleiterscheinungen von physiologischen Veränderungen im Stamminneren. Nur die jüngeren Zellen in den äußeren Bereichen des Stamms (Splintholz) werden ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Die inneren Holzschichten des Stammes werden inaktiv. Möglicherweise entstehen die Farbänderungen durch Oxidationsvorgänge in den ursprünglich zum Wassertransport dienenden Gefäßen.[3]

Bosshard versucht, die Terminologie wissenschaftlich zu fassen und führt den Begriff „fakultatives Kernholz“ ein. Damit bezeichnet er Baumarten, die unter guten Wuchsbedingungen keinen Farbkern aufweisen, unter bestimmten Umständen jedoch einen gefärbten Kern im Stamminneren ausbilden können. Bosshard nimmt an, dass die Kernbildung bei solchen Holzarten erheblich länger dauert als bei echten Kernholzbäumen (sofern sie überhaupt auftritt).

Neuere Untersuchungen von Alex L. Shigo führen die Entstehung des Falschkerns demgegenüber auf Verletzungen der Rinde und andere Schwächungen der Widerstandskraft zurück, woraufhin bei alten Bäumen Parasiten wie Pilze und Viren in das Gewebe eindringen. Die Farbänderung des Holzes würde dann durch die Verteidigungsmechanismen des Baumes hervorgerufen.

Einzelnachweise

  1. Der Rotkern bei großkronigen Buchen. Waldwissen.net, aufgerufen am 21. Juni 2022.
  2. Buche. Holzarten bei proholz Austria, aufgerufen am 21. August 2011.
  3. Schütt, Schuck, Stimm: Lexikon der Baum- und Straucharten. Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-53-8, S. 169.

Literatur

  • Hans Heinrich Bosshard: Baumkunde. Band I–III. Birkhäuser Verlag, Basel 1970.
  • Alex L. Shigo: Moderne Baumpflege. Grundlage der Baumbiologie. Haymarket Media, 1994, ISBN 978-3-87815-051-0.