Quelltext der Seite Dampfkraftwerk Engerthstraße

{{Infobox Kraftwerk
|NAME = Dampfkraftwerk Engerthstraße
|BILD = GuentherZ 0013 Dampfkraftwerk Engerthstrasse.jpg
|BILDBESCHREIBUNG = Dampfkraftwerk Engerthstraße
|PRIMÄRENERGIE = [[Fossile Energie]]
|TYP = [[Dampfkraftwerk]]
|LEISTUNG = 32 [[Megawatt]]
|POSKARTE =
|BREITENGRAD = 48/13/16/N
|LÄNGENGRAD = 16/24/33/E
|REGION-ISO = AT-9
|LAND = [[Österreich]]
|EIGENTÜMER = 
|BETREIBER = [[Stadt Wien]]
|PROJEKTBEGINN = 
|BETRIEBSAUFNAHME = 1890
|STILLLEGUNG = 1966
|EINSPEISUNG = 106,5
|EINSPEISUNG_JAHR = 1955
|GESAMTEINSPEISUNG = 
|WEBSITE = 
|STAND = 
<!-- Die folgenden Parameter sind nur für Wasserkraftwerke und thermische Kraftwerke (mit Wasserkühlung) relevant. -->
|TURBINE =
|GEWAESSER =
<!-- Die folgenden Parameter sind nur für befeuerte, thermische Kraftwerke relevant. -->
|BRENNSTOFF = [[Braunkohle]], [[Erdgas]], [[Heizöl]]
|FEUERUNG =
|KESSEL =
|SCHORNSTEINHOEHE =
}}
Das '''Dampfkraftwerk Engerthstraße''' im 2. [[Wiener Gemeindebezirke|Wiener Gemeindebezirk]] [[Leopoldstadt]] wurde ursprünglich als privat betriebenes [[Elektrizitätswerk]] errichtet und später von der Stadt [[Wien]] übernommen.

Die Höchstleistung des Werks betrug 32&nbsp;[[Watt (Einheit)|Megawatt]] (MW). Im Jahr 1955 wurden 106,5&nbsp;[[Wattstunde|Gigawattstunden]] an elektrischer Energie erzeugt. Das Kraftwerk war über eine 28-kV-Kabelleitung mit den [[Umspannwerk]]en [[Umspannwerk Wien-Nord|Wien-Nord]], Leopoldstadt, Favoriten und Weißgerber verbunden.

== Standort ==
Das Dampfkraftwerk Engerthstraße befand sich in seinem Vollausbau zwischen dem [[Handelskai]] und der Engerthstraße etwas [[donau]]abwärts der [[Reichsbrücke]].

== Geschichte ==
Die ''[[Wien Energie#Gründung der Städtischen Gas- und Elektrizitätswerke|Internationale Elektricitätsgesellschaft]]'' (I.&nbsp;E.&nbsp;G.), 1889 gemeinschaftlich von ''Unionbank'' (1871–1927) und ''[[Ganz (Unternehmen)#Ganz & Co.|Ganz & Comp.]]'', [[Buda|Ofen]], als Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien gegründet,<ref>{{ANNO|vtl|26|04|1889|07|AUTOR=|Volkswirthschaftliche Zeitung. (…) Internationale Elektricitätsgesellschaft|ZUSATZ=Nr. 113/1889|ALTSEITE=7, Spalte&nbsp;1.}}.</ref> nahm zunächst die Stromproduktion mit einem von einem [[Lokomobil]] angetriebenen Generator auf. Im März 1890 wurde mit der Errichtung des Kraftwerks (''elektrische Centralstation'')<ref group="Anm.">Die ''Centralstation'' war ursprünglich für [[Margareten|Wien-Margarethen]] vorgesehen, und ''Ganz & Comp.'', deren Rechte auf die ''Internationale Elektricitätsgesellschaft'' übertragen wurden, hatte gegenüber der Stadt Wien für den Kauf eines Grundstücks bereits Kaution erlegt. Die Forderung nach deren Rückerstattung führte zu kommunalpolitischen Auseinandersetzungen.&nbsp;– Siehe: {{ANNO|vtl|12|10|1889|09|AUTOR=|Gemeinde-Zeitung. Die Faust des Juden. Gemeinderaths-Sitzung vom 11. Oktober|ZUSATZ=Nr. 280/1889|ALTSEITE=9 (unpaginiert).}}.</ref> in der Engerthstraße&nbsp;199 begonnen (Geviert Engerth-, Wachau-, Wehli-, Hillerstraße). Das nach den Plänen des Architekten Oskar Morgenstern von Stadt-Baumeister [[Alois Schuhmacher]] errichtete [[Dampfkraftwerk]] wurde am 15. November 1890 in Vollbetrieb genommen.<ref name="Bericht_p251">K.: ''Bericht über die Excursion&nbsp;…'', S. 251.</ref> Die elektrotechnische sowie maschinelle Einrichtung stand unter der Oberleitung von Werksdirektor [[Miksa Déri|Max Déri]].<ref name="Bericht_p249">K.: ''Bericht über die Excursion&nbsp;…'', S. 249.</ref>

In der ersten Ausbaustufe verfügte das Werk über drei Zweizylinder-Verbundmaschinen mit jeweils 600&nbsp;PS bei 125 Umdrehungen pro Minute und drei Wechselstromgeneratoren mit je 400&nbsp;kW und einer [[elektrische Spannung|elektrischen Spannung]] von 2&nbsp;kV. Dazu kamen noch eine Zweizylinder-Verbundmaschine mit 300&nbsp;PS bei 170 Umdrehungen pro Minute und ein Wechselstromgenerator mit 200&nbsp;kW und 2&nbsp;kV Spannung. Der Dampf zum Antrieb der Maschinen wurde mit sechs Röhrendampfkesseln System [[L. & C. Steinmüller|Steinmüller]] erzeugt.

Zwischen 1891 und 1908 wurde das Werk wesentlich erweitert (14 Dampfmaschinen mit 800&nbsp;PS und fünf Maschinen mit 1.000&nbsp;PS, 22 [[Babcock & Wilcox|Babcock-Wilcox]]-Kessel, acht Steinmüller-Kessel, zwei Simonis-Lanz-Kessel, Gesamtheizfläche 7.848&nbsp;m<sup>2</sup>)<ref group="Anm.">1912 wurden Teile dieses Maschinenparks an die ''[[Innsbrucker Kommunalbetriebe#Geschichte des Unternehmens|Städtischen Elektrizitätswerke Innsbruck]]'' verkauft, jedoch umgehend rückübernommen, was zu Spekulationen in den Medien führte.&nbsp;– Siehe: {{ANNO|aze|26|05|1912|10|AUTOR=|Gemeindeangelegenheiten. Ein merkwürdiges Geschäft|ZUSATZ=Nr. 143/1912|ALTSEITE=10, Spalte&nbsp;2&nbsp;f.}}.</ref>

Am 1. Mai 1908 wurde das Dampfkraftwerk der Gemeinde Wien übergeben. Diese erweiterte bis 1909 den Maschinenpark<ref>''Aus der Entwicklungsgeschichte der Stromversorgung und der stadteigenen Elektrizitätswerke Wiens''. In: ''Amtsblatt der Stadt Wien'', Nr. 34/1963 (LXVIII. Jahrgang), 27. April 1963. Stadt Wien&nbsp;– Presse- und Informationsdienst, Wien 1963, {{ZDB|562440-X}}, S.&nbsp;91, Spalte&nbsp;2.&nbsp;– [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/periodical/pageview/1715333 Online].</ref> und legte 1910 einen Kohlenlagerplatz und eine [[Schleppbahn]] an. 1913 wurde mit der [[Dreiphasenwechselstrom|Drehstromerzeugung]] im Dampfkraftwerk begonnen. Nach dem Ersten Weltkrieg, 1919, wurde die Feuerung zur Verbrennung minderwertiger heimischer Braunkohle auf [[Heizöl]] umgestellt.<ref>{{ANNO|bau|00|00|1919|552|AUTOR=|Baunachrichten. Niederösterreich. (…) Wien. Bauarbeiten in den städtischen Elektrizitätswerken|ZUSATZ=Nr. 47/1919|ALTSEITE=379, Spalte&nbsp;2.|anno-plus=ja}}.</ref> Anschließende Arbeiten betrafen die Beendigung der unwirtschaftlichen direkten Herstellung von Wechselstrom. Im Winter 1922/1923 wurden zu diesem Zweck so genannte [[Scottschaltung|Scott-Umwandler]] aufgestellt, mit deren Hilfe [[Dreiphasenwechselstrom]] in [[Zweiphasenwechselstrom]] umgesetzt werden konnte. 1917 wurden die Arbeiten für eine ''[[Rangieren#Rangieranlagen und Rangierhilfsmittel|Rangieranlage]] mit endlosem Seil''<ref>[[Georg von Hanffstengel]] (1874–1938): ''Rangieranlagen mit endlosem Seil''. In:&nbsp;—:&nbsp;''Die Förderung von Massengütern''. Band&nbsp;2,&nbsp;1: ''Bahnen. Wagen für Massengüter, Wagenkipper, zweischienige Bahnen, Hängebahnen''. 3., vollständig umgearbeitete Auflage. Springer, Berlin 1926, S. 183 ff.&nbsp;– [https://books.google.at/books?id=XhmCBwAAQBAJ&pg=PA183 Text online].</ref> in die Wege geleitet.<ref>{{ANNO|bau|00|00|1917|425|AUTOR=|Baunachrichten. Niederösterreich. (…) Wien. Errichtung einer Rangieranlage|ZUSATZ=Nr. 33/1917|ALTSEITE=259, Spalte&nbsp;2.|anno-plus=ja}}.</ref> 1934 wurde der Kohlenlagerplatz erweitert. Außerdem wurde seit 1908 die Ausstattung mit Dampfmaschinen und Generatoren immer wieder ausgetauscht.

Am 3. Mai 1944 wurde das Kraftwerk Engerthstraße erstmals bei einem Bombenangriff schwer und auch bei späteren Luftangriffen immer wieder getroffen. Während der Schlacht um Wien – das Kraftwerk stellte am 11. April 1945 gegen 9 Uhr den Betrieb ein – kam es zu zusätzlichen Schäden durch die Bodenkämpfe. Mit den Aufräumungs- und Reparaturarbeiten wurde am 16. April begonnen, am 16. Mai 1945 ging das Dampfkraftwerk Engerthstraße wieder ans Netz.

1945 wurden die Hoch- und Mitteldruckkessel zunächst auf Ölfeuerung umgestellt, 1948 aber wieder für Braunkohlenfeuerung eingerichtet. Zwischen 1949 und 1950 wurden die ersten beiden Hochdruckkessel mit Erdgasbrennern ausgestattet. Von 1951 bis 1952 wurden zwei weitere Hochdruck-Kessel auf Erdgasfeuerung und vier Hochdruck-Kessel auf Ölfeuerung umgerüstet.

1956, also 10 Jahre vor der Außerdienststellung, dienten [[Braunkohle]] aus der [[Tschechoslowakei]] und [[Braunkohlentagebau Langau-Riegersburg|Langau]], [[Erdgas]] aus dem Erdölrevier [[Zistersdorf]] sowie als Heizöl Schwerölrückstände inländischer Raffinerien als Brennstoffe.

[[Datei:Umspannwerk Handelskai 01.jpg|mini|Das heutige Umspannwerk]]
[[Datei:Umspannwerk Handelskai 03.jpg|mini|Umspannwerk Handelskai]]
1959 wurde der gesamte Kesselbetrieb auf Erdgasfeuerung umgestellt und die Kohlenförderanlage stillgelegt.<ref>''Aus der Entwicklungsgeschichte der Stromversorgung und der stadteigenen Elektrizitätswerke Wiens''. In: ''Amtsblatt der Stadt Wien'', Nr. 34/1963 (LXVIII. Jahrgang), 27. April 1963. Stadt Wien&nbsp;– Presse- und Informationsdienst, Wien 1963, {{ZDB|562440-X}}, S.&nbsp;95, Spalte&nbsp;1.&nbsp;– [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/periodical/pageview/1715337 Online].</ref> Wegen des niedrigen Wirkungsgrades des Elektrizitätswerks war eine Weiterführung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar. Um 1959 wurde dieser Standort auch in die Planungen der [[Wiener Stadtwerke]] zur Errichtung von Fernheizwerken miteinbezogen, wobei brauchbare Einrichtungen des E-Werks in den Neubau mit einbezogen werden sollten. Vorgesehen war es für die Wärmelieferung an Gebäude am [[Wiener Ringstraße|Stuben- und Opernring]] sowie entlang des Kais.<ref>''http://www.wien.gv.at/rk/historisch/1959/juli.html''</ref> Diese Pläne wurden jedoch nicht realisiert.

1962 wurde die Kohlenmischanlage demontiert.

Außer Dienst gestellt wurde das Dampfkraftwerk Engerthstraße schließlich am 7. Mai 1966. Ab Juni 1966 erfolgte die verwaltungsmäßige und technische Umstellung zu einem Umspannwerk.

Da auf dem Gelände des ehemaligen Dampfkraftwerks Engerthstraße ein Wohnbau gebaut werden sollte, wurde in unmittelbarer Nähe das 1973 in Betrieb genommene Umspannwerk Handelskai errichtet.

== „Überbleibsel“ ==
Ein Überbleibsel des ehemaligen Dampfkraftwerks Engerthstraße ist der Fußballverein [[FS Elektra Wien]]. Dieser wurde als ''Sportclub Elektra Wien'' von Angestellten des Elektrizitätswerks 1921 gegründet. Weiters erinnert die auf den sogenannten E-Werks-Gründen errichtete städtische Wohnhausanlage, die heute noch als „E-Werksbau“ bezeichnet wird, und das 1973 in der Nähe dieses Gemeindebaus neu errichtete Umspannwerk am Handelskai an die Geschichte des Dampfkraftwerks.

Weiters überlebten noch einige Fahrzeuge der 600 mm [[Werksbahn]] des Kraftwerkes bei FIM (Feld- u. Industriebahnmuseum in [[Freiland (Gemeinde Türnitz)|Freiland]]/NÖ): Zwei vierachsige E-Loks für 200V Gleichstrom (Oberleitung), eine zweiachsige [[Benzinelektrischer Antrieb|benzin-elektrische]] [[Moriz Gelinek|Gebus]]-Lok und ein zweiachsiger Schneepflug.

== Literatur ==
* {{ANNO|ina|00|00|1891|303|AUTOR=K.|Bericht über die Excursion des österr(eichischen) Ingenieur- und Architekten-Vereines nach der Central-Station Wien, Engerthstrasse(,) der Internationalen Elektricitäts-Gesellschaft|ZUSATZ=Nr. 28/1891|ALTSEITE=249 ff.|anno-plus=ja}}.
* {{ANNO|non|26|01|1913|01|NAME=Niederösterreichischer Grenzbote|Besichtigung der Wiener Elektrizitätswerke durch die Hainburger Gemeindevertretung|ZUSATZ=Nr. 4/1913 (II. Jahrgang)|ALTSEITE=1 f.}}.
* ''Das neue Wien. Städtewerk'', herausgegeben unter offizieller Mitwirkung der Gemeinde Wien. Elbemühl, Wien 1927.
* {{ANNO|std|26|03|1932|05|AUTOR=[[Wilhelm Weldin]]|Strom aus Kohle. Kilowattstunden am laufenden Band&nbsp;– Elektrizitätswerk Engerthstraße|ZUSATZ=Nr. 711/1932|ALTSEITE=5.}}.
* Josef H(ermann) Kluger: ''Festschrift zum fünfzigjährigen Bestand der stadteigenen Elektrizitätswerke Wiens, 8. April 1952''. Wiener Stadtwerke&nbsp;– Elektrizitätswerke, Wien 1952, [http://permalink.obvsg.at/AC03711886 OBV].
* Otto Ruiss: ''50 Jahre Städtische E-Werke''. In: ''Amtsblatt der Stadt Wien'', Nr. 32/1952 (LVII. Jahrgang), 19. April 1952. Stadt Wien&nbsp;– Presse- und Informationsdienst, Wien 1952, {{ZDB|562440-X}}, S.&nbsp;1&nbsp;f.&nbsp;– [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/periodical/pageview/1696030 Volltext Online].
* ''Österreichische Kraftwerke in Einzeldarstellungen''. Folge 3: ''Kraftwerk Engerthstraße''. Zweite, überarbeitete Auflage. Bundesministerium für Verkehr und verstaatlichte Betriebe (Hrsg.), Wien 19562, [http://permalink.obvsg.at/AC10500485 OBV].
* Karl Korczak: ''Das Dampfkraftwerk Engerthstraße''. In: ''Amtsblatt der Stadt Wien'', Nr. 91/1957 (LXII. Jahrgang), 13. November 1957. Stadt Wien&nbsp;– Presse- und Informationsdienst, Wien 1957, {{ZDB|562440-X}}, S.&nbsp;5.&nbsp;– [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/periodical/pageview/1703840 Volltext Online].
* Josef H. Kluger: ''Wie es begann. Aus der Geschichte der Elektrifizierung Wiens''. In: ''Amtsblatt der Stadt Wien'', Nr. 91/1957 (LXII. Jahrgang), 13. November 1957. Stadt Wien&nbsp;– Presse- und Informationsdienst, Wien 1957, {{ZDB|562440-X}}, S.&nbsp;55–58.&nbsp;– [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/periodical/pageview/1703890 Volltext Online].
* Hubert Mader: ''Wiener Stadtwerke&nbsp;– Elektrizitätswerke. 75 Jahre stadteigene Stromversorgung''. Mit 26 Tabellen und Grafiken. Bohmann Verlag, Wien 1977, ISBN 3-7002-0439-6.

== Einzelnachweise ==
<references />

== Anmerkungen ==
<references group="Anm." />

{{SORTIERUNG:Engerthstrasse}}
[[Kategorie:Stillgelegtes Kohlekraftwerk]]
[[Kategorie:Kraftwerk in Wien]]
[[Kategorie:Kraftwerk in Europa]]
[[Kategorie:Leopoldstadt]]