Quelltext der Seite Patanjali

[[Datei:Patanjali.jpg|mini|hochkant|Patañjali wird häufig als Mischwesen aus Schlange und Mensch dargestellt]]
'''Patanjali''' ({{SaS|पतञ्जलि|Patañjali}},<ref>{{Monier-Williams1899|patañjali|582|1}}</ref> [{{IPA|pʌtʌɲʤʌlɪ}}]) war ein [[Indien|indischer]] Gelehrter und der Verfasser des [[Yogasutra]], des klassischen Leitfadens des [[Yoga]], weshalb er auch als „Vater des Yoga“ bezeichnet wird. Außer dem Yogasutra werden ihm noch eine Grammatik und eine [[Ayurveda|ayurvedische]] Schrift zugeschrieben, doch ist es umstritten, ob die gleichnamigen Autoren identisch sind.

== Leben und Legende ==
Über das Leben von Patanjali ist nichts bekannt. Es wird angenommen, er habe in der Zeit zwischen dem 2. Jahrhundert v.&nbsp;Chr. und dem 4. Jahrhundert n.&nbsp;Chr. gelebt.<ref>Wilfried Huchzermeyer: ''Das Yoga-Lexikon.'' 2. Aufl. Karlsruhe 2009, ISBN 978-3-931172-28-2, Stichwort: Patañjali, S. 211.</ref> Der Legende nach war seine Mutter Gonika (skt. ''Goṇikā''), weshalb er auch Gonardiya oder Gonikaputra genannt wird.<ref name="dowson">{{Dowson1879|233|234|Patanjali}}</ref> Diese war eine als Einsiedlerin lebende Asketin. Da sie als Frau keine Schüler fand, um ihr Wissen weiterzugeben, betete sie zum Sonnengott [[Surya]]. Da fiel eine kleine Schlange vom Himmel in ihre Hände, die sich in einen Jungen verwandelte und darum bat, ihr Schüler sein zu dürfen. Gonika gab ihm deshalb den Namen Patanjali (skt. ''pat''- „fliegen“, „herunterfallen“; ''añjali'' „Gruß- und Bethaltung“).<ref>Mathias Tietke: ''Der Stammbaum des Yoga.'' Theseus, Berlin 2007, ISBN 978-3-8962-0199-7. S. 229.</ref> Eine alternative Legende besagt, dass er in die Hände des Grammatikers  [[Panini (Grammatiker)|Panini]] fiel.<ref name="dowson"/> Er gilt als Inkarnation der Weltschlange [[Vasuki|Shesha]].<ref>Reinhard Palm: ''Der Yogaleitfaden des Patañjali.'' Reclam, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-15-020197-8, S. 260.</ref> In der [[Indische Kunst|indischen Kunst]] wird Patanjali als [[Mischwesen]] dargestellt, wobei sein Unterleib bis zur Hüfte die Gestalt einer zusammengeringelten Schlange hat, der Oberleib ist der eines Mannes, der die Hände zur Gruß- und Bethaltung (skt. {{IAST|''añjalimudrā''}}) gefaltet hat. Über seinem Kopf fächert sich schirmförmig eine vielköpfige Schlange aus.

== Werke ==
Patanjali wird als Autor des Yogasutra angegeben, das noch heute als Standardwerk des [[Raja Yoga|philosophischen Yogas]] gilt. Da dieses bereits im 5. Jahrhundert von [[Vyasa (Autor)|Vyasa]] im ''Yogasutrabhasya'' kommentiert wurde, muss seine Lebenszeit vor dem 5. Jahrhundert gelegen haben. Vyasas Kommentar wurde wiederum von [[Shankara]] (788–820), einem der bedeutendsten indischen Gelehrten, kommentiert. Das Yogasutra wurde erstmals vom islamischen Universalgelehrten [[al-Bīrūnī|al-Biruni]] (973–1048) ins [[Arabische Sprache|Arabische]] übersetzt, heute liegen zahlreiche Übersetzungen in verschiedenen Sprachen vor.

Patanjali gilt auch als Autor des ''Mahabhasya'' (skt. {{IAST|Mahābhāṣya}} „großer Kommentar“), einem Kommentar über die Grammatik ''Astadhyayi'' von [[Panini (Grammatiker)|Panini]]. Danach müsste er in die Mitte des 2.&nbsp;Jahrhunderts v.&nbsp;Chr. datiert werden. Als drittes Werk wird dem Patanjali noch die ''Charakapratisamskrita'' zugeschrieben, ein Kommentar über die ''Charakasamhita'', welche zu den ältesten Abhandlungen über Ayurveda gehört. Der Legende nach soll er den Kommentar verfasst haben, nachdem er bei einem Tanzkurs die Körperfunktionen kennengelernt habe. Dieser Kommentar ist allerdings verloren, weshalb es nicht möglich ist, Zeit und Autorschaft zu überprüfen.

== Identität der drei Autoren ==
Erstmals findet sich bei König [[Bhoja]] von [[Malwa|Malva]] (11. Jahrhundert), der das ''Rajamartanda'' schrieb, ein Kommentar zum Yogasutra des Patanjali, der Hinweis, dass der Grammatiker und der Verfasser des Yogasutras identisch seien.<ref>Mircea Eliade: ''Yoga''. insel taschenbuch 3001, Frankfurt a.&nbsp;M. 2004, ISBN 3-458-34701-1, S. 16.</ref> Etwa zur selben Zeit setzte Chakrapanidatta (11. Jahrhundert) in seinem Werk ''Ayurvedadipika'', einem Kommentar zur ''Charakasamhita'', den Grammatiker mit dem Autor der ''Charakapratisamskrita'' sowie mit dem mythischen Schlangenkönig [[Vasuki|Ahipati]] („Schlangenvater“) gleich.

Erst wieder im 18. Jahrhundert finden sich weitere Angaben über die Identität der drei Patanjalis. Bei Shivarama (18. Jh.) findet sich eine Hymne zu Ehren Patanjalis, wonach alle drei Werke derselben Person zugehören:

{{Zitat|{{IAST|''yogena cittasya padena vācāṃ malaṃ śarīrasya ca vaidyakena<br />yo‘pākarot-taṃ pravaraṃ munīnāṃ patañjaliṃ prāñjalir-ānato‘smi''}}<br />„Mit gefalteten Händen verneige ich mich vor Patañjali, dem vortrefflichen Wildasketen,<br />der die Unreinheit des Geistes durch Yoga, der Sprache durch Grammatik, des Körpers durch Heilkunde ausgemerzt hat.“|Shivarama: ''Vasavadatta-Kommentar''; in der Übersetzung von Reinhard Palm<ref>Reinhard Palm: ''Der Yogaleitfaden des Patañjali''. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2010, ISBN 978-3-15-020197-8, S. 262.</ref>}}

Viele moderne Yogameister folgen dieser Ansicht, besonders [[B. K. S. Iyengar]] ist ein Verfechter dieser Ansicht und lässt zu Beginn seiner Lektionen jeweils die bei Shivarama überlieferte Hymne singen.<ref>Mathias Tietke: ''Der Stammbaum des Yoga''; Theseus, Berlin 2007. ISBN 978-3-8962-0199-7. S. 245</ref>

Die Meinungen über die Identität der drei Autoren ist dagegen in der wissenschaftlichen Forschung umstritten. [[Surendranath Dasgupta]] vertritt die Meinung, dass die Sprache beider Werke deutliche Parallelen aufweise.<ref>{{Literatur |Autor=Surendranath Dasgupta |Titel=A history of Indian philosophy |Hrsg= |Sammelwerk= |Band=1 |Nummer= |Auflage= |Verlag=Cambridge : University Press |Ort= |Datum=1922 |ISBN= |Seiten= |Online=https://archive.org/details/historyofindianp01dasg |Abruf=2018-10-17}}</ref> Auch [[Richard von Garbe]] hält den Grammatiker und den Yogameister für identisch.<ref name="Eliade377">Mircea Eliade: ''Yoga''. Insel Taschenbuch 3001, Frankfurt a.&nbsp;M. 2004, ISBN 3-458-34701-1, S. 377.</ref> Dagegen wies [[Hermann Jacobi (Indologe)|Hermann Jakobi]] darauf hin, dass der Wortschatz der beiden Werke zu verschieden sei, und nimmt die Existenz zweier gleichnamiger Autoren an wie auch [[Arthur Berriedale Keith]] und [[James Haughton Woods]].<ref name="Eliade377"/>

== Literatur ==
Siehe auch die im Artikel [[Yogasutra#Literatur|Yogasutra]] angegebene Literatur.

* [[Mircea Eliade]]: ''Der Yoga des Patanjali''. Herder Spektrum, Freiburg 1999.
* [[Wilfried Huchzermeyer]]: ''Das Yoga-Lexikon''; Karlsruhe 2009 (2. Aufl.). ISBN 978-3-931172-28-2. Stichwort: '''Patañjali''', S. 211.
* [[Reinhard Palm]]: ''Der Yogaleitfaden des Patañjali''. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2010. ISBN 978-3-15-020197-8.
* [[Mathias Tietke]]: ''Der Stammbaum des Yoga''. Theseus, Berlin 2007. ISBN 978-3-8962-0199-7. S. 227–246.
* James Haughton Woods: [https://archive.org/details/yogasystemofpata00wooduoft ''The Yoga Sutras of Patanjali''.] The Harvard University Press, Cambridge 1914

== Weblinks ==
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* {{DNB-Portal|119387077}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=p|GND=119387077|LCCN=n/80/44780|VIAF=56649678}}

[[Kategorie:Person (Yoga)]]
[[Kategorie:Grammatiker]]
[[Kategorie:Inder]]
[[Kategorie:Geboren im 5. Jahrhundert v. Chr.]]
[[Kategorie:Gestorben im 4. Jahrhundert v. Chr.]]
[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Patanjali
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=indischer Gelehrter
|GEBURTSDATUM=vor 400 v. Chr.
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|STERBEDATUM=nach 400 v. Chr.
|STERBEORT=
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