Quelltext der Seite Rosemarie Nitribitt

[[Datei:Grab Rosemarie Nitribitt.jpg|mini|hochkant|Grab Rosemarie Nitribitts auf dem [[Nordfriedhof (Düsseldorf)|Düsseldorfer Nordfriedhof]]]]

'''Maria Rosalia Auguste „Rosemarie“ Nitribitt''' (* [[1. Februar]] [[1933]] in [[Düsseldorf]];<ref>[https://digitalisate-he.arcinsys.de/hstam/903/339/00583.jpg ''Sterbeurkunde 1177/1957 des Standesamts I Frankfurt am Main.''] In: ''arcinsys.de.'' Vom 12. November 1957, abgerufen am 10. August 2020.</ref> † vermutlich [[29. Oktober]] [[1957]]<ref name="faz-1491683">{{Internetquelle | url=http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/tod-einer-edelprostituierten-beruehmter-haette-sie-nicht-werden-koennen-1491683.html | titel=Berühmter hätte sie nicht werden können | autor=Thomas Kirn | werk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung#FAZ.NET|FAZ.net]] | datum=2007-10-31 |zugriff=2016-08-09}}</ref><ref name="books-6oIpJpM31T8C-PT126">Norbert F. Pötzl: ''Beitz.'' Heyne Verlag, 2011, ISBN 978-3-641-06811-0 ({{Google Buch |BuchID=6oIpJpM31T8C |SeitenID=PT126}}).</ref><ref name="focus-1110558">{{Internetquelle | url=http://www.focus.de/magazin/archiv/tid-33708/report-die-akte-nitribitt-die-akte-nitribitt_aid_1110558.html | titel=Die Akte Nitribitt | autor=Tanja Treser | werk=[[Focus Online]] | datum=2013-09-25 |zugriff=2016-08-16 |seiten=5|zitat=Tatzeitraum zwischen dem 28. und dem 31. Oktober 1957}}</ref> in [[Frankfurt am Main]]) war eine deutsche [[Prostitution|Prostituierte]], die [[Mord|ermordet]] wurde. Bei den polizeilichen [[Ermittlungsverfahren|Ermittlung]]en stellte sich heraus, dass sie Kontakt zu bedeutenden Persönlichkeiten hatte. Da der Mordfall nicht aufgeklärt werden konnte, kam es zu Vermutungen, dass einflussreiche Kreise aus Wirtschaft und Politik die Aufklärung zu verhindern suchten.

Die zu Lebzeiten als Frankfurter Edelprostituierte bekannte Nitribitt erlangte nach ihrem Tod landesweite Berühmtheit. Ihr Leben inspirierte unter anderem einen Roman, mehrere Spielfilme, das Musical ''[[Das Mädchen Rosemarie (Musical)|Das Mädchen Rosemarie]]'' und Theaterstücke. Sachbücher und Filmdokumentationen befassen sich mit dem Fall Nitribitt.

== Leben ==
Rosemarie Nitribitt war vor allem in Frankfurt am Main schon zu Lebzeiten bekannt<ref>Nina Jauker: [http://www.sueddeutsche.de/panorama/mord-an-rosemarie-nitribitt-das-letzte-bild-der-blonden-rosi-1.320511 ''Das letzte Bild der „blonden Rosi“.''] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' vom 31. Oktober 2007 (abgerufen am 23. Oktober 2009)</ref> und nach ihrem Tode erschienen zahlreiche Medienberichte über sie. Dennoch gibt es nur wenige gesicherte Erkenntnisse über ihr Leben.

Rosemarie, wie sie sich später nannte, kam als nichteheliches Kind zur Welt. Ihren Vater, einen Arbeiter aus Düsseldorf, der später Unterhaltszahlungen ablehnte, lernte Rosemarie vermutlich nie kennen.<ref>Guido Golla: ''Rosemarie Nitribitt: Recherchen und Theorien.'' Books on Demand, 2014 ([https://www.amazon.de/Rosemarie-Nitribitt-Recherchen-Guido-Golla/dp/3732253848/ref=tmm_hrd_title_0?_encoding=UTF8&qid=&sr= Buchvorschau bei Amazon]), S. 14.</ref> Sie wuchs wie ihre beiden Halbschwestern in ärmlichen Verhältnissen bei ihrer Mutter in [[Ratingen]] und Düsseldorf auf. Die Mutter musste mehrere Freiheitsstrafen verbüßen.<ref name="General-Anzeiger_1999">[http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/archiv/jahresrueckblicke/1957/Vermischtes-Der-Tod-einer-Lebedame-article255117.html '' Der Tod einer Lebedame''] [[General-Anzeiger (Bonn)|General-Anzeiger]], 31. Dezember 1999.</ref> Rosemarie wurde mehrmals in ein [[Heimerziehung|Kinderheim]] eingewiesen, wo sie als schwer erziehbar galt und mehrfach ausriss.<ref name="DMR">[https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/die-grossen-kriminalfaelle/sendung/2000/rosemarie-nitribitt-tod-einer-hure-100.html „Rosemarie Nitribitt – Tod einer Hure“] (eigentlich: „Der Fall Rosemarie Nitribitt“), Fernsehreportage des [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]] aus der Serie ''[[Die großen Kriminalfälle]]'' (2000)</ref> Letztlich kam sie in eine [[Betreuung (Recht)|Pflegefamilie]] nach [[Mendig|Niedermendig]];<ref name="welt_Ewiges Rätsel">[https://www.welt.de/vermischtes/article1307322/Das-ewige-Raetsel-um-Rosemarie-Nitribitt.html ''Das ewige Rätsel um Rosemarie Nitribitt''] welt.de, 29. Oktober 2007</ref> dort wurde sie im Alter von elf Jahren von einem 18-jährigen Mann aus der Nachbarschaft vergewaltigt, der kurz darauf zur [[Wehrmacht]] eingezogen wurde.<ref>[https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag7246.html Porträt zum 80. Jahrestag der Geburt von Rosemarie Nitribitt] wdr.de, 1. Februar 2013.</ref> Die Tat wurde den Behörden nie bekanntgegeben<ref name="welt_Ewiges Rätsel"/> und der Täter nie zur Rechenschaft gezogen, obwohl man im Dorf wusste, wer es war.<ref name="General-Anzeiger_1999"/>

Schon als Heranwachsende verdiente sie ihr erstes Geld mit Prostitution. Später zog sie nach [[Koblenz]], anschließend nach Frankfurt am Main, wo sie – immer noch minderjährig – als Kellnerin und [[Model|Mannequin]] arbeitete, bald aber wieder als Prostituierte. Sie wurde aufgegriffen und erneut in ein Erziehungsheim eingewiesen, aus dem sie bald wieder ausriss. Von April 1952 bis April 1953 war Rosemarie Nitribitt in der „Rheinischen Landes-Arbeitsanstalt Brauweiler“ in der [[Abtei Brauweiler]] bei [[Pulheim]] untergebracht.<ref>Martina Keiffenheim: ''Edelhure Nitribitt. Die Rosemarie aus Mendig''. S. 121, 126.</ref> Da sie als schwerer Fall galt, wurde sie vorzeitig (d.&nbsp;h. vor dem 21. Lebensjahr) für volljährig erklärt, damit sie entlassen werden konnte.<ref>[[Datei:TV.ico.png|20px]] [https://www.phoenix.de/sendungen/dokumentationen/skandal-die-grossen-affaeren-in-deutschland-a-282817.html Phoenix: Skandal! Die großen Affären in Deutschland - Der Fall Nitribitt]</ref>

Sie gab sich große Mühe, ihre einfache Herkunft zu verbergen. Um in Gesellschaft nicht durch mangelnde Bildung und fehlende [[Kosmopolitismus|Weltbürgerlichkeit]] aufzufallen, lernte sie Englisch, Französisch und belegte Kurse für „gutes Benehmen“.<ref name="Autop98">Christian Steiger: ''Rosemarie Nitribitt. Autopsie eines deutschen Skandals.'' S. 98.</ref> Ein [[Freier (Prostitution)|Freier]] schenkte ihr 1954 einen [[Opel Kapitän]], damals ein außergewöhnlicher Besitz für eine Frau Anfang 20. Andere Freier luden sie in den Urlaub ans Mittelmeer ein. Hinterlassenen persönlichen Aufzeichnungen zufolge und nach Recherchen der Frankfurter Kriminalpolizei erwirtschaftete Nitribitt in ihrem letzten Lebensjahr ein unversteuertes Einkommen von etwa 90.000&nbsp;[[Deutsche Mark|DM]]. Mitte 1956 erwarb sie den berühmten schwarzen [[Mercedes-Benz 190 SL]] mit roten Ledersitzen,<ref>[http://www.sueddeutsche.de/panorama/bildstrecke-mordfall-rosemarie-nitribitt-1.346876-8 Foto: Nitribitt und Mercedes 190 SL]</ref> mit dem sie in Frankfurt sehr viel Aufsehen erregte und der ihr Markenzeichen wurde.<ref name="Autop101">Christian Steiger: ''Rosemarie Nitribitt. Autopsie eines deutschen Skandals.'' S. 101.</ref> Der Verbleib des Mercedes ist unklar.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.wdr.de/radio/wdr2/sonderdetail/525382.phtml | wayback=20090817122824 | text=Der Mercedes der Nitribitt}}. Ehemals auf ''wdr.de'', vom 14. August 2009</ref>

== Ermordung und Beisetzung ==
Am 1.&nbsp;November 1957 wurde Nitribitt mit einer Platzwunde am Kopf und Würgemalen am Hals tot in ihrer Wohnung in Frankfurt am Main in der Stiftstraße&nbsp;36<ref name="190SL">{{Webarchiv|url=http://www.mercedes-benz190sl-club.de/documents/Revue_Nitri1.pdf |wayback=20071030161004 |text=Norbert Schneider: ''Das Mädchen Rosemarie'', erschienen in: ''190 SL Revue'', Ausgabe 1. Quartal 2005   }} (PDF-Datei; 1,57&nbsp;MB)</ref><ref name="DMR" /> am [[Eschenheimer Turm]] aufgefunden. Laut [[Obduktion]] war ihr Tod zwanzig bis dreißig Stunden vorher eingetreten.<ref>Axel Petermann: ''Die Faszination des Bösen. Der Mordfall Rosemarie Nitribitt'', archiv Nachrichten aus Hessen, {{Webarchiv|url=https://landesarchiv.hessen.de/sites/landesarchiv.hessen.de/files/content-downloads/Archivnachrichten%20aus%20Hessen%202016_2.pdf |wayback=20170218065348 |text=16/2 2016}}, S. 65–69</ref>

Nitribitt wurde auf dem [[Nordfriedhof (Düsseldorf)|Nordfriedhof]] in Düsseldorf beigesetzt. Ihr Kopf wurde zuvor abgetrennt und von der Frankfurter Staatsanwaltschaft als mögliches Beweismittel zurückgehalten. Er wurde später der [[Polizeipräsidium Frankfurt am Main|Frankfurter Polizei]] als Lehrmittel für die Kommissarsausbildung übergeben und im [[Kriminalmuseum Frankfurt]] ausgestellt. Nach 50&nbsp;Jahren, im Dezember 2007, gab die Staatsanwaltschaft den Schädel Nitribitts frei. Er wurde am 10. Februar 2008 in ihrem Grab auf dem Nordfriedhof beigesetzt; Spender finanzierten eine Verlängerung der Nutzungsdauer.<ref>[http://www.ksta.de/panorama/schaedel-der-nitribitt-beigesetzt,15189504,13260644.html ''Schädel der Nitribitt beigesetzt ''] Kölner Stadt-Anzeiger, 12. Februar 2008.</ref>

== Ermittlungen und Gerüchte ==
Die Beamten ermittelten gegen einige, zum Teil prominente Verdächtige, darunter waren Angehörige der Familie [[Krupp (Familie)|Krupp]] ([[Harald von Bohlen und Halbach]]), [[Harald Quandt]], [[Ernst Wilhelm Sachs]] sowie sein jüngerer Bruder [[Gunter Sachs]].<ref>[http://www.focus.de/magazin/archiv/tid-33708/report-die-akte-nitribitt_aid_1101015.html Die Akte Nitribitt], Focus, 25. September 2013</ref> Hingegen lassen sich in Film und Fernsehen immer wieder kolportierte Gerüchte über hochrangige Kunden Nitribitts aus dem Bonner Politikbetrieb,<ref>Kristian Buchna (Univ. Augsburg): [http://filmgeschichten.blogspot.de/2008/02/provoziere-nicht-die-gesellschaft.html ''Provoziere nicht die Gesellschaft.''] Essay auf [http://filmgeschichten.blogspot.de/ FilmGeschichte(n) des 19./20. Jahrhunderts].</ref> wonach neben dem damaligen Bundesverkehrsminister [[Hans-Christoph Seebohm]] auch der spätere Bundeskanzler [[Kurt Georg Kiesinger]] auf der Besucherliste der Prostituierten gestanden hätte, anhand der einschlägigen Zeugenaussagen und Vernehmungsprotokolle nicht belegen.<ref>Guido Golla: ''Rosemarie Nitribitt. Recherchen und Theorien.'' Books on Demand, 2014, S. 53 ff.</ref>

Der mit dem Fall befasste Kriminalkommissar Alfred Kalk sagte über das Notizbuch, in dem Nitribitt ihre Kontakte festhielt: „In dem Buch standen Namen, aber die waren nicht aus der großen Welt der Mächtigen und Reichen, sondern ganz normale Bürger. Das Höchste war ein Bankdirektor aus [[Bad Homburg]].“<ref>[http://www.berliner-zeitung.de/archiv/der-fall-der-nitribitt-wurde-fuers-fernsehen-neu-verfilmt--ueber-dichtung-und-wahrheit-eines-hurenlebens-in-frankfurt-am-main--legenden-um-die-blonde-rosi,10810590,9214980.html ''Legenden um die blonde Rosi''] [[Berliner Zeitung]], 13. Dezember 1996.</ref> Nitribitt hatte in ihrem Taschenkalender von 1957 insgesamt 60 Namen aufgeschrieben.<ref>Guido Golla: ''Rosemarie Nitribitt. Recherchen und Theorien.'' Books on Demand, 2014, S. 98.</ref> Der Besitzer eines Lebensmittelgeschäfts in München wurde beschattet und im Dezember 1958 mehrmals verhört, weil Nitribitt seinen Namen zusammen mit den Stichworten „Düsseldorf“ und „München“ in dem Taschenkalender notiert hatte. Im Januar 1959 wurde dem Verdächtigen mitgeteilt, dass die Ermittlungen gegen ihn eingestellt wurden. Zwölf Stunden später erlitt er einen tödlichen Herzinfarkt.<ref>Guido Golla: ''Rosemarie Nitribitt. Recherchen und Theorien''. Books on Demand, 2014, S. 77 f.</ref>

Kaum erklärbare Ermittlungspannen der Frankfurter Kripo nährten den Verdacht einer planmäßigen Vertuschung. Einige Akten verschwanden spurlos, die Beamten machten zahlreiche Fehler.<ref name="DMR" /> Über Jahre und Jahrzehnte wurde spekuliert, dass brisante Akten und Verhörprotokolle vorsätzlich beiseitegeschafft worden seien, um prominente Freier und Verdächtige aus Politik und Wirtschaft zu schützen.

2013 stießen jedoch Archivare der Frankfurter Polizei in ihren Archiven auf die verschollen geglaubten Dokumente. Das Spurenbuch und einige ausgewählte Dokumente waren bis 1972 von den Frankfurter Ermittlern aktiv weitergeführt und dann nach Schließung des Falls schlicht im Archiv vergessen worden. Mit dem Auffinden der Akten können viele der Verschwörungstheorien, die sich um den Fall ranken, als widerlegt betrachtet werden. Lange Zeit verloren geglaubte Teile der 24-bändigen Ermittlungsakten lagern im Polizeiarchiv Frankfurt. Darunter befinden sich vier Bände mit Vernehmungen, das Notizbuch von Rosemarie Nitribitt, weitere erkennungsdienstliche Bilder von Tatverdächtigen, 19 Liebesbriefe, Postkarten und Gedichte von Harald von Bohlen und Halbach.<ref>{{Internetquelle |autor=Tanja Treser |hrsg=focus.de |url=http://www.focus.de/magazin/archiv/tid-33708/report-die-akte-nitribitt_aid_1101015.html |titel=Die Akte Nitribitt |datum=2013-09-16 |zugriff=2013-11-16}}</ref>

Die vielfache Behauptung, in der Wohnung Nitribitts sei ein laufendes [[Tonbandgerät]] gefunden worden, das die Ankunft des letzten Besuchers aufgezeichnet habe, kann mittlerweile als widerlegt gelten. In der Wohnung wurde zwar ein Grundig-Tonbandgerät sichergestellt, mit dem aber zuletzt Schallplatten aufgenommen worden waren. Die Aufnahme von Sprachaufzeichnungen wäre schon aus technischen Gründen nicht ohne weiteres möglich gewesen. Am Ende des eingelegten Tonbands befand sich tatsächlich eine Sprachsequenz, die offensichtlich zu einem früheren Zeitpunkt aufgenommen worden war, und zwar gegen die Laufrichtung der übrigen auf dem Band befindlichen Musikaufnahmen. Die schlechte Qualität der Sprachaufzeichnung erklärt sich durch den Bandlauf beim ersten Abspielen des Bandes durch die Frankfurter Kripo. Spielt man die Sprachsequenz gegen den Bandlauf der Musikaufnahmen ab, hört man, wie Nitribitt ihren Hund zu sich ruft.<ref>Guido Golla: ''Rosemarie Nitribitt. Recherchen und Theorien''. Books on Demand, 2014, S. 160–165.</ref>

== Gerichtsverfahren ==
Der Hauptverdächtige war ein Freund Nitribitts, der damals 34-jährige Handelsvertreter Heinz Christian Pohlmann († 1990 in München).<ref>{{Internetquelle |autor=Süddeutsche Zeitung |url=https://www.sueddeutsche.de/panorama/dem-geheimnis-auf-der-spur-das-rehchen-1.3313806 |titel=Die Ermordung der Prostituierten Rosemarie Nitribitt |abruf=2019-12-29 |sprache=de}}</ref> Er wurde angeklagt, aber im Juli 1960 mangels Beweisen freigesprochen. Man habe trotz erheblicher Zweifel an der Herkunft des vielen Geldes, das sich unmittelbar nach der Tat in seinem Besitz befand und wahrscheinlich aus der Wohnung Nitribitts entwendet worden war, nicht mit letzter Sicherheit die Täterschaft Pohlmanns in der Mordsache erkennen können, hieß es in der Urteilsbegründung des Frankfurter [[Schwurgericht]]s.

Pohlmanns Verteidiger [[Alfred Seidl]] – der spätere bayerische Innenminister – hatte den Todeszeitpunkt infrage gestellt, den die Polizei für den Nachmittag des 29. Oktober 1957 angenommen hatte, und bekam Recht. Unter anderem hatten die am Tatort eintreffenden Beamten versäumt, die Temperatur der Leiche oder die Umgebungstemperatur in der laut Polizeibericht sehr warmen, fußbodenbeheizten Wohnung Nitribitts zu messen, was für die exakte Bestimmung der Todeszeit unbedingt notwendig gewesen wäre.<ref name="faz-1491683" /> Auch gab es Zeugenaussagen, wonach Nitribitt nach dem von den Ermittlern vermuteten Todeszeitpunkt noch Besorgungen erledigt habe (in der nahegelegenen Metzgerei Matthiae) und auf der [[Große Eschenheimer Straße|Großen Eschenheimer Straße]] gesehen worden sei. Für diesen Zeitraum besaß der Angeklagte nach Ansicht des Schwurgerichts ein Alibi. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Revision.

Die Unterlagen des Gerichtsverfahrens befinden sich heute im [[Hessisches Hauptstaatsarchiv|Hessischen Hauptstaatsarchiv]] in Wiesbaden.

== Rezeption ==

=== Romane, Filme und Hörspiele ===
* 1958 verarbeitete [[Erich Kuby]] den Fall in seinem Roman ''Rosemarie. Des deutschen Wunders liebstes Kind''.
* Ebenfalls 1958 erfolgte eine Verfilmung von Kubys Roman durch [[Rolf Thiele]] mit [[Nadja Tiller]] in der Hauptrolle unter dem Titel ''[[Das Mädchen Rosemarie (1958)|Das Mädchen Rosemarie]]''.
* 1958 veröffentlichte der Schriftsteller [[Gert Ledig]] ein Hörspiel zum Fall Nitribitt: in der DDR unter dem Titel ''Das Duell'' im [[Aufbau-Verlag]], Berlin; in Westdeutschland unter dem Titel ''Der Staatsanwalt'' im Steinklopfer Verlag, Fürstenfeldbruck.
* 1959 entstand der Film ''[[Die Wahrheit über Rosemarie]]'' von [[Rudolf Jugert]]. Rosemarie Nitribitt wurde hier von [[Belinda Lee]] verkörpert.
* 1960 spielte die Filmkomödie ''[[Das Spukschloß im Spessart]]'' beiläufig auf den Fall Nitribitt an: [[Hanne Wieder]] spielt den Geist Katrin, eine frivole Frauengestalt. Indem sie sich von einer Anhalterin mit Anspielung auf Straßenprostitution gleichsam hochdient und immer noblere Autos fährt, fährt sie im Abschluss der Szenensequenz ein weißes Mercedes-Cabriolet mit roten Sitzen.
* 1976 versuchte Rolf Thiele mit seiner letzten Regiearbeit ''[[Rosemaries Tochter]]'' an seinen Erfolgsfilm ''Das Mädchen Rosemarie'' anzuknüpfen.
* 1985 zeigte [[Horst Königstein]] für den [[Norddeutscher Rundfunk|NDR]] in der Fernsehproduktion ''Die Geldverleiherin'' nach einem Drehbuch von [[Bodo Kirchhoff]], was aus Rosemarie Nitribitt hätte werden können, wenn sie nicht ermordet worden wäre.<ref>[http://www.deutsches-filmhaus.de/filme_gesamt/k_gesamt/koenigstein_horst.htm Filmographie von Horst Königstein]</ref> Ein Kammerspiel mit drei Darstellern – [[Carola Regnier]], [[Heinz Baumann]] und Bodo Kirchhoff – in der Sendereihe ''Die eigene Geschichte''.
* 1995 entstand der Film ''Rosemarie Nitribitt – Tod einer Edelhure'' mit [[Catherine Flemming]] in der Hauptrolle als Rosemarie Nitribitt, Regie: [[Gunther Scholz]], Buch: [[Friedhelm Werremeier]].
* 1996 veröffentlichte [[Bernd Eichinger]] mit ''[[Das Mädchen Rosemarie (1996)|Das Mädchen Rosemarie]]'' eine [[Neuverfilmung]] der Thiele-Verfilmung von 1958 (Titelrolle: [[Nina Hoss]]).
* 2006 erschien der Roman ''Kaiserstraße'' von [[Judith Kuckart]], in dem Motive aus dem Fall Nitribitt eingeflochten sind.
* 2008 wurde der Fall Nitribitt in der [[Hörspiel]]serie ''[[Offenbarung 23]]'' als Grundlage für die 25. Folge ''Sex and Crime'' genommen.
* 2008 zeigte das [[Deutsches Filmmuseum|Deutsche Filmmuseum]] in Frankfurt am Main die Ausstellung „Alles über Rosemarie“, eine Chronik zur Entstehung des Films von Rolf Thiele und seiner Rezeptionsgeschichte.<ref>[https://deutsches-filminstitut.de/filmmuseum/ausstellungen/sonderausstellung/alles-ueber-rosemarie/ Galerieausstellung ''Alles über Rosemarie''] deutsches-filminstitut.de</ref>

=== Fernsehdokumentationen ===
* 1986 strahlte die ARD die Filmreportage ''Die Nitribitt. Ein Mord und viele Täter'' aus, eine Produktion des [[Hessischer Rundfunk|HR]] in der Reihe ''Rück-Sichten''. Regie und Buch: [[Samuel Schirmbeck]]. 8,07 Mio. Zuschauer sahen die Sendung (24 % Haushaltsquote).
* 2000 wurde Helga Dierichs Reportage ''Der Fall Rosemarie Nitribitt'' in der Reihe ''[[Die großen Kriminalfälle]]'' vom [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]] gesendet.<ref name="DMR" /> Der Film wurde auch unter dem Titel ''Rosemarie Nitribitt – Tod einer Hure'' angekündigt.
* 2016 erschien die Fernsehdokumentation ''Der Fall Nitribitt'' (44 Min.) in der [[ZDFinfo]]-Serie ''Skandal! Große Affären in Deutschland''.<ref>ZDFinfo Doku: ''Skandal! Der Fall Nitribitt'', [https://www.youtube.com/watch?v=x-kGpQqNy1Q Video] bei YouTube</ref>
* 2020 wurde im ZDF die Dokumentation ''Tod einer Edelhure – Rosemarie Nitribitt'' (56 Min.) erstmals ausgestrahlt, 2021 auf [[ARTE]] wiederholt. Regie führte die Filmemacherin [[Birgit Tanner]].

=== Bühnenwerke ===
* 2004 wurde das [[Musical]] ''[[Das Mädchen Rosemarie (Musical)|Das Mädchen Rosemarie]]'' in Düsseldorf uraufgeführt.<ref>[http://www.musical-world.de/theater/musicals-alphabetisch/m-r/maedchen-rosemarie/ „Das Mädchen Rosemarie“ – wieder eine Weltpremiere im Düsseldorfer Capitol-Theater]</ref>
* 2009 wurde im [[Schauspiel Frankfurt]] das experimentelle Theaterstück ''Remake::Rosemarie'' uraufgeführt. Regie: Bernhard Mikeska, Text: [[Lothar Kittstein]]. [[Valery Tscheplanowa]] als Rosemarie Nitribitt.<ref>[http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/theaterexperiment-in-frankfurt-ich-liebe-dich-ich-liebe-dich-a-781950.html spiegel.de: ''Theaterexperiment in Frankfurt: Ich liebe dich, ich liebe dich''] (abgerufen am 30. Juli 2014)</ref>
* 2014 inszeniert der Regisseur und Schauspieler [[Milan Peschel]] ''Das Mädchen Rosemarie'' nach einer Adaption des Romans von [[Erich Kuby]].<ref>[http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Das-Maedchen-Rosemarie-Schauspiel-Hannover-zeigt-Fall-Nitribitt/ „Das Mädchen Rosemarie“ – Schauspiel Hannover zeigt Fall Nitribitt]</ref>

== Sonstiges ==
[[Datei:Stiftstrasse 36.jpg|mini|Appartementhaus Stiftstraße 36 am [[Eschenheimer Tor]], 2010]]

Der zeitgenössische Volksmund witzelte über den Namen ''Nitribitt'', der an ''[[Nitrite|Nitrit]]'' erinnert. Zum Beispiel wird in dem Stück ''[[Tratsch im Treppenhaus]]'' des [[Ohnsorg-Theater]]s über einen Metzger gelästert, er tue „Nitribitt“ in die Wurst (statt „Nitrit“ im Sinne von [[Pökeln|Nitritpökelsalz]]).<ref>[http://www.wormser-zeitung.de/lokales/worms/nachrichten-worms/amuesant-getratscht_16561620.htm ''Amüsant getratscht''] wormser-zeitung.de, 19. Januar 2016.</ref>

Ähnlichkeiten mit dem Fall Nitribitt weist der Fall von [[Helga Matura]] auf, einer weiteren Edelprostituierten, die in Frankfurt mit einem Mercedes nach Kunden Ausschau hielt und 1966 ermordet wurde.<ref>[[Kai Hermann]]: [http://www.zeit.de/1966/08/nachwort-zum-fall-matura/komplettansicht ''Nachwort zum Fall Matura.''] In: ''[[Die Zeit]]'', 18. Februar 1966 Nr. 08.</ref> Der Fall Matura wurde ebenfalls nie aufgeklärt.

Der Kriminalfall bewegt bis heute die Gemüter, weshalb in Frankfurt spezielle Stadtführungen zur Nitribitt angeboten werden.<ref>[http://www.kultours-frankfurt.de/Nitribitt.htm ''Strasse des Lebens – Die Führung über Rosemarie Nitribitt – Das Original''] auf: ''kultours-frankfurt.de'', abgerufen am 26. September 2013.</ref>

Das Geschäfts- und Appartementhaus, in dem Nitribitt am Ende ihres Lebens wohnte und auch ermordet wurde, ist seit November 2013 unter anderem aus geschichtlichen Gründen [[Kulturdenkmal]] nach dem [[Denkmalschutzgesetz (Hessen)|Hessischen Denkmalschutzgesetz]]. In der Begründung hierzu wird ausdrücklich auf das Verbrechen Bezug genommen und das Gebäude als ''Nitribitt-Haus'' bezeichnet.<ref name="kd202709">{{DenkXweb|objekt=202709|titel=Stiftstraße 34: Nitribitt-Haus}}.</ref><ref name="kd202710">{{DenkXweb|objekt=202710|titel=Stiftstraße 36: Nitribitt-Haus}}.</ref>

Das Buch ''Rosemarie – Des deutschen Wunders liebstes Kind'' von Erich Kuby war 2020 der für das Lesefest [[Frankfurt liest ein Buch]] ausgewählte Roman.

== Literatur (chronologisch) ==
* William Ernst Simmat: ''Prostitution und Öffentlichkeit: Soziologische Betrachtungen zur Affäre Nitribitt''. Decker, Schmiden bei Stuttgart 1959.
* [[Wendelin Leweke]]: ''Gretchen und die Nitribitt. Frankfurter Kriminalfälle''. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-7973-0493-5.
* Martina Keiffenheim: ''Edelhure Nitribitt. Die Rosemarie aus Mendig''. Helios, Aachen 1998, ISBN 3-925087-85-0.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3023593 | wayback=20090220005303 | text=Ein „verlorenes Kind ohne Halt“}}, [[Verlagsgruppe Rhein Main|Allgemeine Zeitung (Mainz)]], 29. Oktober 2007.</ref>
* [[Erich Kuby]]: ''Das Mädchen Rosemarie. Liebe, Leben und Tod des Callgirls Rosemarie Nitribitt''. Rowohlt, Reinbek 1998, ISBN 3-499-26015-8.
* Helga Dierichs: ''Rosemarie Nitribitt – Tod einer Hure''. In: Helfried Spitra (Hrsg.): ''[[Die großen Kriminalfälle]]''. Piper, München 2003, ISBN 3-492-23806-8, S. 36–59.
* Christian Steiger: ''Rosemarie Nitribitt. Autopsie eines deutschen Skandals''. Heel, Königswinter 2007, ISBN 3-89880-737-1.
* Dieter Wunderlich: ''Unerschrockene Frauen. Elf Porträts''. Piper Verlag, München 2013, ISBN 978-3-492-30267-8, S. 224–235.

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* {{DNB-Portal|119348098}}
* [http://www.dieterwunderlich.de/Rosemarie_Nitribitt.htm Zeittafel zur Biografie und zum Fall Nitribitt] dieterwunderlich.de
* [https://www.spiegel.de/geschichte/edelhure-nitribitt-a-948673.html ''Edelhure Nitribitt: Rätsel im Negligé''] einestages.spiegel.de, 23. Oktober 2007
* Fred Kickhefel: [https://www.berliner-zeitung.de/panorama/rosemarie-nitribitt-die-edelhure-fuer-alle-ewigkeit--6699740 ''Rosemarie Nitribitt: Die Edelhure für alle Ewigkeit''] berliner-zeitung.de, 27. Oktober 2007
* [https://www.welt.de/vermischtes/article1307322/Das-ewige-Raetsel-um-Rosemarie-Nitribitt.html ''Das ewige Rätsel um Rosemarie Nitribitt''] welt.de, 29. Oktober 2007
* [https://www.youtube.com/watch?v=x-kGpQqNy1Q ''Der Fall Nitribitt''] TV-Dokumentation, [[ZDFinfo]], 2016, Video bei YouTube (44:21 Min.)
* [https://www.youtube.com/watch?v=uErRfkhPuJs Tod einer Edelhure] Dokumentation von Birgit Tanner, [[Arte|ARTE]], 2020, Video bei YouTube (52:05 Min.)
* [https://www.hdg.de/lemo/biografie/rosemarie-nitribitt.html ''Biografie über Rosemarie Nitribitt''] auf dem Wissensportal [[Haus der Geschichte]]
* {{LAGIS|ref=nein|DB=HBN|ID=119348098|titel=Nitribitt, Rosemarie|datum=2020-05-09}}
* {{Frankfurter Personenlexikon|639|Nitribitt, Rosemarie}}
* {{RPPD Vw|nr=-pk04994}}
* Christiane Kopka: [https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/nitribitt100.html ''01.02.1933 - Geburtstag von Rosemarie Nitribitt''] [[WDR]] [[ZeitZeichen (Hörfunksendung)|ZeitZeichen]] vom 1. Februar 2013; mit Christian Steiger. (Podcast)

== Einzelnachweise ==
<references />

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{{SORTIERUNG:Nitribitt, Rosemarie}}
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[[Kategorie:Prostituierter (Deutschland)]]
[[Kategorie:Opfer eines ungeklärten Tötungsdelikts]]
[[Kategorie:Politische Affäre in der Bundesrepublik Deutschland]]
[[Kategorie:Ungeklärter Kriminalfall]]
[[Kategorie:Kriminalfall 1957]]
[[Kategorie:Kriminalfall in Deutschland]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1933]]
[[Kategorie:Gestorben 1957]]
[[Kategorie:Frau]]

{{Personendaten
|NAME=Nitribitt, Rosemarie
|ALTERNATIVNAMEN=Nitribitt, Maria Rosalia Auguste (wirklicher Name)
|KURZBESCHREIBUNG=deutsche Prostituierte in Frankfurt
|GEBURTSDATUM=1. Februar 1933
|GEBURTSORT=[[Düsseldorf]]
|STERBEDATUM=unsicher: 29. Oktober 1957
|STERBEORT=[[Frankfurt am Main]]
}}