Benutzer:Zwergspecht/Werbung und Sponsoring in (Vor-)Schulen

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Das Schulrecht und damit auch der Umgang mit Werbung und Sponsoring in Schulen ist in Deutschland Ländersache.[1] Die jeweiligen Schulgesetze verbieten meist direkte Werbung, lassen aber durch den rechtlichen Begriff des Sponsorings Spielräume für Unternehmen, Verbände und andere Akteure, ihre Botschaften in Schulen zu platzieren.[2] Zweckgebundene Geldzahlungen, Unterrichtsmaterialien, Schulbesuche, Schulausflüge, Fortbildungen, Produktproben, Wettbewerbe, Webseiten und weitere Aktivitäten, welche durch Sponsoren angeboten werden, können dem Ziel der Schulen, neutrales Wissen zu vermitteln, entgegenstehen.[3] Eine deutliche Zuordnung von Interessen ist meist schwierig, da nicht nur Unternehmen Sponsoring betreiben, sondern auch Vereine und Stiftungen. Hinter diesen stehen aber häufig Investoren, welche durch Schulsponsoring Öffentlichkeitsarbeit betreiben möchten.[4] So hat etwa die Stiftung Partner für Schule Nordrhein-Westfalen, welche von 34 Unternehmen Stiftungskapital erhält, bereits bis Februar 2011 insgesamt 35 Projekte mit einem Umfang von 50 Millionen Euro an mehr als 4.000 Schulen umgesetzt.[5]

Für Kindertagseinrichtungen gibt es derzeit keinen gesetzlichen Rahmen zur Regelung von Sponsoring.[6]

Gesetzliche Regelungen

Die Grundlage für die Handhabung von Werbung und Sponsoring schaffen die Schulgesetze der einzelnen Bundesländer. Nur in Berlin, Bremen und Sachsen-Anhalt ist Werbung in Schulen nicht verboten, sofern dies mit den Bildungszielen vereinbar ist.

In NRW „ist Werbung, die nicht schulischen Zwecken dient, in der Schule grundsätzlich unzulässig.“ Schulen ist hingegen erlaubt, Leistungen Dritter (Sponsoring) anzunehmen, wenn diese „mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule vereinbar sind und die Werbewirkung deutlich hinter den schulischen Nutzen zurücktritt. Die Entscheidung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter mit Zustimmung der Schulkonferenz und des Schulträgers“.[7]

Die Kultusministerien der Bundesländer machen den Schulleitern und Lehrern daher durch die Schulgesetze derzeit nur grobe Vorgaben, wie Werbung und Sponsoring in Schulen zu handhaben ist.[8] Das Schulsponsoring und dessen Umsetzung muss (z.B. in Schleswig-Holstein) vertraglich zwischen Sponsor und Schule geregelt werden.[9]

Methoden und Ziele

Laut Aussage verschiedener Experten ist Sponsoring insbesondere in Schulen nicht selbstlos, sondern mit konkreten Absichten verknüpft.[10][11]

Imageförderung

Nach Ansicht der Stiftung Partner für Schule Nordrhein-Westfalen dokumentieren Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung durch Sponsoring von Schulen. Durch positive Assoziationen mit einem Sponsor oder einer Marke ergäben sich Vorteile. Das Firmenimage könne langfristig verbessert werden. Unternehmen könnten durch Sponsoring auch das „Kommunikationsnetzwerk der Schule und Gemeinden“ nutzen und von Berichterstattung in lokalen Medien profitieren. Auch die Erschließung neuer Zielgruppen könne mit dem Sponsoring erreicht werden.[12]

In einem Forschungsbericht der Universität Augsburg wird darauf hingewiesen, dass insbesondere auch die Erstellung von Online-Lehrmaterialien auf einen etwaigen Prestigegewinn abzielen könne.[13]

Schulmarketing

Schulmarketing ist das gezielte Platzieren von Produkten, Marken oder Logos im Schulalltag.[14][15] Aus der Marktforschung ist bekannt, dass Schüler oft bei Anbietern von Produkten oder Dienstleistungen bleiben, welche Ihnen bereits bekannt sind. Weiterhin können (Marken-)Kenntnisse von Kindern, insbesondere im Technologiebereich, auch Einfluss auf die Konsumentscheidungen von Eltern haben.[16] Einige auf das Schulmarketing spezialisierte Agenturen verschicken auch Pakete mit Produktproben.[17] So gibt es beispielsweise Rezepthefte von Dr. Oetker, Schwimmabzeichen von Capri-Sonne und T-Shirts von Funny-frisch in Schulen.[18] Unterrichtsmaterialien der Deutschen Post enthalten „implizite Kaufanregungen, Produkt- und Markenabbildungen“.[19]

Es gibt auf das Schulmarketing spezialisierte Agenturen. Manche Aktion im Bereich Schulmarketing sei, laut eines Branchenkenners, juristisch anfechtbar.[20]

Vermittlung politischer Ideen

In einer Studie beschreibt Lobbycontrol Fälle, in welchen mit Schulsponsoring auch die Vermittlung von politischen Ideen beabsichtigt seien. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft widme sich beispielsweise gezielt dem Thema soziale Sicherung und stelle die „Probleme und Gefahren sozial staatlicher Maßnahmen“ heraus.[21]

Datensammlung

Der Chef des Deutschen Philologenverbandes weist darauf hin, dass Schülerwettbewerbe ein Mittel sein können, gezielt Adressen von Schülern zu sammeln.[22]

Rekrutierung

Beim Schulsponsoring kann es auch um den Austausch zwischen Theorie und Praxis und die Gewinnung von zukünftigen Mitarbeitern über Praktika gehen.[23]

Gesellschaftlicher Diskurs

Der Chef des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, weist darauf hin, dass die Offerten von Schulsponsoren zunehmen[24]. Schulleiter würden bei der derzeitigen Gesetzeslage mit der „Anfragenflut allein gelassen“. Die Prüfung insbesondere von Schulmaterialien sei, nach Aussage eines Schulleiters, „zum Teil nicht mehr zu bewältigen“. Laut Meidinger habe das Sponsoring aber auch positive Effekte, wenn es etwa darum zukünftige Mitarbeiter und Unternehmen gegenseitig vorzustellen.[25]

Fraglich ist, ob die Schulgesetze der Bundesländer das gesetzlich verankerte Verbot von Werbung in Schulen auch durchsetzen können. Auch die gerechte Verteilung privater Mittel kann kritisch beurteilt werden. Staatliche Schulen sollten nach Ansicht von Experten nicht abhängig von Unternehmen werden und nicht untereinander im Wettbewerb um Sponsoren stehen.

Foodwatch vertritt den Standpunkt, dass Werbung den Bildungsauftrag der Schulen unterlaufe. Kritisches Denken und Handeln, welches in Schulen vermittelt werden müsse, stünde dem Interesse der Unternehmen gegenüber. „Unternehmen wollen Produkte verkaufen und Schülern eine positive Einstellung eben jenen Produkten gegenüber vermitteln.“ Darüber hinaus würden Kinder auch falsche Botschaften über eine gesunde Ernährung vermittelt.[26]

Laut Lobbycontrol sei es insbesondere schwer, einseitige Inhalte zu erkennen. Einzelne unerwünschte Inhalte würden oft bewusst weggelassen. „So ist es ist nicht verwunderlich, wenn VW in einer Unterrichtseinheit mit dem Titel „Mobil im Klimaschutz“ nicht vorschlägt, weniger Autos zu kaufen und mehr Fahrrad zu fahren.“[27]

Fallbeispiele

In diesem Abschnitt werden exemplarisch Programme einzelner Unternehmen beschrieben.

RWE

RWE verteilt jährlich 60.000 Frühstücksdosen mit Werbegeschenken (Schreibutensilien, Broschüre mit Verweis auf Webauftritt, Bewegungsspiel, Frisbee) an Schulanfänger. Dabei wird das Unternehmen von Bürgermeistern unterstützt. Teil der Kampagne ist auch eine Webportal, welches sich speziell an Schüler richtet.[28] Einige dieser Veranstaltungen mit Unterstützung von Bürgermeistern und Schulleitern sind in folgender Tabelle dokumentiert.

Stadt Schule Bemerkung Zeitpunkt/Zeitraum
Rees Grundschule Rees gemeinsam mit ehemaligen Bürgermeister Bruno Ketteler, aktuellem Bürgermeister Christoph Gerwers 27. August 2009
Schulanfang 2013[29][30]
Goch Gemeinschaftsgrundschule Arnold Janssen gemeinsam mit stellv. Bürgermeisterin Gabriele Theissen Schulanfang 2012[31]
Bersenbrück Grundschule Bersenbrück gemeinsam mit Bürgermeister Harald Kräuter zuletzt 15.8.13[32]
Erkelenz gemeinsam mit Peter Jansen, Bürgermeister zuletzt 12. September 2013[33]
Grevenbroich Gemeinschaftsgrundschule in Grevenbroich-Kapellen ersten Beigeordneten der Stadt Grevenbroich [34]

Die gleiche Aktion fand u.a. auch in Essen-Borbeck,[35] Boppard,[36] Essen,[37] Mülheim,[38] Bergheim[39] und Marl[40] statt.

Telekom

Die Telekom AG stellt Internetzugänge für 34.000 Schulen entgeltfrei zur Verfügung.[41]

Daimler

In einer 66-seitigen Kopiervorlage „Design und Aerodynamik“ der Daimler AG werden neben Grafiken, Formeln und Aufgaben auch Bilder von Autos gezeigt.[42]

Literatur

Einzelnachweise

  1. meyer-albrecht.de
  2. Mit freundlicher Unterstützung der Keksfirma, Die Zeit
  3. Stern, Sponsoring für Schulen: Tue Gutes und rede darüber, 15. April 2004
  4. Forschungsprojekt der Universität Augsburg, Projektträger: Verband Bildungsmedien, (siehe Abstract 1, S. 2)
  5. Pressemeldung der Stiftung Partner für Schule Nordrhein-Westfalen vom 15.02.2011, Abruf 28. Oktober 2013
  6. foodwatch, Warum schadet Werbung und Sponsoring in der Schule Kindern?, 3. Mai 2013, (pdf)
  7. Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 99, Sponsoring, Werbung
  8. Die Zeit, Mit freundlicher Unterstützung der Keksfirma, 18. Juli 2011
  9. Schulsponsoring - ein Leitfaden für Schulen, Schulträger und Schulförderer des Bundeslands Schleswig-Holstein, vgl. S. 11 (Sponsoringvertrag)
  10. Die Zeit, Mit freundlicher Unterstützung der Keksfirma, 18. Juli 2011
  11. Stiftung Partner für Schule NRW
  12. Stiftung Partner für Schule NRW
  13. Forschungsprojekt der Universität Augsburg, Projektträger: Verband Bildungsmedien, (siehe Abstract 1, S.2)
  14. Die Zeit, Mit freundlicher Unterstützung der Keksfirma, 18. Juli 2011
  15. Süddeutsche Zeitung, Kunden im Klassenzimmer, 21. Januar 2013
  16. Sponsoring in der Schule: Deutsch, Mathe, Werbung, 17. Mai 2010
  17. foodwatch, Warum schadet Werbung und Sponsoring in der Schule Kindern?, 3. Mai 2013, (pdf)
  18. Der Spiegel, Trotz Verbots: Lebensmittelindustrie wirbt in Schulen für Junk-Food, 7. Mai 2013
  19. Forschungsprojekt der Universität Augsburg, Projektträger: Verband Bildungsmedien, (siehe Abstract 2, S. 1)
  20. Handelsblatt, Schulmarketing: Ohne Streuverluste bis ins Klassenzimmer, abgerufen am 4. September 2013
  21. Lobbyismus an Schulen, 2013
  22. Sponsoring in der Schule: Deutsch, Mathe, Werbung, 17. Mai 2010
  23. Die Zeit, Mit freundlicher Unterstützung der Keksfirma, 18. Juli 2011
  24. siehe auch: Forschungsprojekt der Universität Augsburg, Projektträger: Verband Bildungsmedien, (siehe Abstract 1, S.2)
  25. Sponsoring in der Schule: Deutsch, Mathe, Werbung, 17. Mai 2010
  26. foodwatch, Warum schadet Werbung und Sponsoring in der Schule Kindern?, 3. Mai 2013, (pdf)
  27. Lobbyismus an Schulen, 2013
  28. Portal von RWE, abgerufen am 6. Oktober 2013
  29. Webseite der Stadt Rees, Dr. Ketteler besucht mit RWE-Mitarbeiter Grundschule
  30. Niederrhein Nachrichten, Frühstücksdosen verteilt vom 16. September 2013, abgerufen am 22. Oktober 2013
  31. Kle-Point, Frühstücksdosen für Gocher Schulanfänger
  32. Pressemeldung der Stadt
  33. [1]
  34. Grevenbroich TV, Frühstücksdosen für Erstklässler
  35. [2]
  36. [3]
  37. [4]
  38. [5]
  39. [6]
  40. [7]
  41. 34.000 Schulen, telekom.com, Abruf 1. November 2013
  42. taz, Lobbyisten stürmen die Klassenzimmer, 30. April 2013

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