Benutzer:Der-Wir-Ing/Drehautomat
Ein Drehautomat ist eine Variante der Drehmaschine die für hohe Stückzahlen von relativ einfachen Werkstücken kleiner bis mittlerer Größe geeignet ist. Drehautomaten verfügen von allen Drehmaschinen über die höchste Produktivität und geringste Flexibilität. Drehzentren sind etwas weniger produktiv, dafür aber flexibler; der Übergang ist jedoch fließend.
Moderne Drehautomaten sind in der Lage mindestens drei Werkzeuge gleichzeitig zum Eingriff zu bringen. Sie können also mit diesen Werkzeugen gleichzeitig Späne abtrennen. Es wird unterschieden nach der Anzahl der Hauptspindeln zwischen Einspindeldrehautomaten (auch kurz Einspindler genannt) sowie den Mehrspindeldrehautomaten (Mehrspindler). Einspindler verfügen über eine einzelne Hauptspindel die das Werkstück trägt sowie über mehrere Werkzeugschlitten oder Werkzeugrevolver. Manchmal kommt noch eine Gegenspindel dazu, die die halbfertigen Werkstücke von der bearbeiteten Seite greift und so die Bearbeitung der Rückseite ermöglicht. Außerdem können Zusatzeinrichtungen vorhanden sein zum Bohren und Fräsen. Bei Mehrspindelautomaten befindet sich in jeder der zwei bis acht Spindeln je ein Werkstück. Diese sind in einer Spindeltrommel angeordnet die nach jedem Takt sämtliche Spindeln und Werkstücke zur nächsten Arbeitsstation weiterdreht. (Bei vier Spindeln entsprechend eine Vierteldrehung nach jedem Takt). Falls die Anzahl der Werkzeuge in jeder Arbeitsstation ausreicht um ein Werkstück vollständig zu bearbeiten, wird mit Mehrspindlern die Produktivität erhöht gegenüber den Einspindlern. Für komplizierte Formen lassen sich auch die einzelnen Arbeitsschritte auf mehrer Spindeln aufteilen.
Drehautomaten sind häufig mechanisch gesteuert (z. B. mit Kurvenscheiben), bei manchen wird auch die Werkzeugbewegung mit CNC-Steuerungen erzeugt, während die Drehzahlen und das Weitertakten mechanisch gesteuert sind. Es gibt auch Drehautomaten die ausschließlich CNC-gesteuert sind. Diese Maschinen sind flexibler hinsichtlich der herstellbaren Formen und Stückzahlen und erreichen höhere Genauigkeiten, sind aber weniger Produktiv. Sie bilden den Übergang zu Fertigungszellen, wie der Drehzelle.
Definition und Abgrenzung
Unter einem Drehautomaten verstand man im 19. Jahrhundert eine Drehmaschine die mehrere Bearbeitungsschritte selbstständig (automatisch) durchführen konnte und nicht mehr auf manuelle Bedienung angewiesen war. Zu den automatsierten Schritten zählen bis heute die Zuführung der Rohteile, die Bewegung der Werkzeuge sowie der Werkzeugwechsel falls für verschiedene Arbeitsschritte verschiedene Werkzeuge benötigt werden. Ab den 1980ern verbreitete sich die CNC-Steuerung sodass heute zahlreiche Werkzeugmaschinen mit diesen ausgestattet sind und diese Arbeitschritte automatisch ausführen können. Die Bezeichnung "Drehautomat" hat sich jedoch für besonders produktive Drehmaschinen gehalten. Moderne Drehautomaten können mindestens drei Werkzeuge gleichzeitig zum Eingriff bringen. Auf Drehzellen und -zentren gibt es häufig auch Gegenspindeln mit einem zweiten Werkzeugrevolver, sodass diese Maschinen bis zu zwei Werkzeuge gleichzeitig nutzen können.[1]
Werkstückspektrum, Rohteilzuführung und Werkstoffpektrum
Auf Drehautomaten werden meist kleinere bis mittelgroße Werkstücke mit eher einfacher Form gefertigt. Dazu zählen unter anderem Schrauben und Verbindungselemente. Zu den komplizierteren Werkstücken zählen Einspritzteile, Antriebswellen und Gehäuse aus der Automobil-, Medizin- und Armaturenindistrie.[2] Als Rohteile können einzelne Futterteile genutzt werden die automatisch zugeführt werden. Meist werden jedoch Stangenteile genutzt die mittels Stangenlader zugeführt werden. Das Rohmaterial ist dabei eine Stange deren Ende bearbeitet wird und anschließend abgetrennt wird. Diese Stangen werden durch die hohle Arbeitspindel geführt. Die Größe dieser Öffnung bestimmt damit den größtmöglichen Durchmesser der auf einer Maschine bearbeitet werden kann und ist eine wichtige konstruktive Größe. Sie reichen üblicherweise bis 60 mm, in Ausnahmefällen auch bis zu 80 mm. Als Werkstoffe wurden lange Zeit die Automatenstähle genutzt. Diese zeichnen sich dank Legierungselementen wie Blei und Schwefel durch eine sehr gute Zerspanbarkeit aus. Bleihaltiges Messing wurde auch häufig genutzt. Aus der Industrie stammen jedoch Forderungen nach vermehrtem Einsatz von hochlegierten Stählen und durch gesetzliche Reglungen wird der Einsatz von bleihaltigen Werkstoffen eingeschräkt.[3]
Geschichte
Die ersten Drehautomaten entstanden in Amerika gegen 1870. Dort herrschte damals eine große Nachfrage nach Maschinenteilen vor und zeitgleich ein großer Mangel an Fachkräften sodass zahlreiche Aufgaben automtisiert wurden. Frühe Drehautomaten wurden für die Fertigung von Schrauben genutzt sodass sich die englische Bezeichnung "screw machine" bis heute gehalten hat. Weitere wichtige Teile waren Drehteile für Schusswaffen, Nähmaschinen und Uhren. Ab der Wende zum 20. Jahrhundert kamen noch Fahrrädteile, Automobilteile, Schreibmaschinenteile, Armaturen, Kugellager und Elektromotorteile hinzu. Die Antriebe bestanden anfangs aus Riemenscheiben die über Transmissionen mit einer Dampfmaschine verbunden waren. Die Steuerung erfolgte mechanisch über Kurvenscheiben. Für die Bewegung der Werkzeuge wurde vom Antrieb eine Welle abgezweigt. Die Werkzeuge konnten sich jeweils nur auf einer Geraden bewegen, entweder senkrecht zur Drehachse oder parallel dazu. Für die Fertigung waren daher meist Profilwerkzeuge nötig, die die herzustellende Form als Negativ enhalten. In Deutschland wurden Drehautomaten seit den 1910ern gebaut. In den 1930ern wurden die Antriebe durch Elektromotoren ersetzt, während dies bei den meisten anderen Werkzeugmaschinen bereits in den 1920ern geschah. Derartige kurvengesteuerte, einspindelige Maschinen wurden in Europa bis in die 1980er gebaut.
In den 80ern veränderten sich die Anforderungen an die Maschinen durch veränderte Marktbedingungen. Die Losgrößen wurden kleiner und die Banbreite der angebotenen Produkte wurde größer, die Maschinen sollten also auch in der Lage sein kleiner Lose produktiv zu fertigen. Zunächst wurden Konzepte versucht bei denen die Kurvensteuerung durch hydraulische oder elektrische Anriebe ersetzt wurden. Diese Konzepte wurden jedoch bald verdrängt durch vollkommen überarbeitete Drehautomaten die die Möglichkeiten der CNC-Steuerung übernahmen die seit Anfang der 80er Jahre sich rasch ausbreitete. Die neuen Maschinen verfügten über Motorspindeln die ihre Positon auch um einen definierten Winkel ändern konnten C-Achse. Die ersten Varianten hatten einen Revolver für die Hauptspindeln und eine Abgreifspindeln die die Bearbeitung der Rückseite ermöglichte wofür ein weiterer Revolver zur Verfügung stand.
Die ersten Mehrspindel-Drehautomaten entstanden gegen 1900. Ziel war zunächst die Produktivität zu erhöhen. Die erstem Maschinen waren daher eher eine Kombination meherer Einspindel-Drehmaschinen. Auf allen Spindeln fanden gleichzeitig die selben Arbeitsschritte statt. Erst später entstanden Maschinen bei denen die Spindeln weitergeschaltet wruden um so auch sehr komplizierte Werkstücke fertigen zu können.[4]
Literatur
- Joachim Regel, Michael Müller: Ausgewählte spanende Werkzeugmaschinen in: Raimund Neugebauer (Hrsg.): Werkzeugmaschinen - Aufbau, Funktion und Anwendung von spanenden und abtragenden Werzeugmaschinen, Springer, 2012, S. 69-215.
- Albert Herscher: Ein- und Mehrspindeldrehautomaten S. 228-243 in: Uwe Heisel, Fritz Klocke, Eckart Uhlmann, Günter Spur (Hrsg.): Handbuch Spanen. 2. Auflage, Hanser, München 2014.
- Andreas Hirsch: Werkzeugmaschinen - Grundlagen, Auslegung, Ausführungsbeispiele Springer, 2. Auflage, 2012, S. 249-252.
Einzelnachweise
- ↑ Joachim Regel, Michael Müller: Ausgewählte spanende Werkzeugmaschinen S. 228 in: Raimund Neugebauer (Hrsg.): Werkzeugmaschinen - Aufbau, Funktion und Anwendung von spanenden und abtragenden Werzeugmaschinen, Springer, 2012, S. 69-215.
- ↑ Joachim Regel, Michael Müller: Ausgewählte spanende Werkzeugmaschinen S. 105 in Raimund Neugebauer (Hrsg.): Werkzeugmaschinen - Aufbau, Funktion und Anwendung von spanenden und abtragenden Werzeugmaschinen, Springer, 2012, S. 69-215.
- ↑ Albert Herscher: Ein- und Mehrspindeldrehautomaten S. 229 in: Uwe Heisel, Fritz Klocke, Eckart Uhlmann, Günter Spur (Hrsg.): Handbuch Spanen. 2. Auflage, Hanser, München 2014.
- ↑ Albert Herscher: Ein- und Mehrspindeldrehautomaten S. 228-231 in: Uwe Heisel, Fritz Klocke, Eckart Uhlmann, Günter Spur (Hrsg.): Handbuch Spanen. 2. Auflage, Hanser, München 2014.