Tristan Anderson

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Juni 2019 um 06:27 Uhr durch imported>Prüm(973773) (→‎Einzelnachweise).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Tristan Anderson (* 1971 in Kalifornien, Vereinigte Staaten) ist ein Aktivist des International Solidarity Movement (ISM) und Fotojournalist, der bei einer Demonstration gegen die israelische Sperranlage im Westjordanland durch eine Tränengasgranate schwer verletzt wurde.

Wirken

Anderson engagierte sich vor dem Zwischenfall in den USA, in Mexiko, im Irak und in den Palästinensischen Autonomiegebieten als Aktivist und Reporter für soziale und ökologische Belange.[1] Er gehörte zu einer Gruppe von Studenten, die von Anfang 2007 bis September 2008 versucht hatten, an der UC Berkley die Abholzung eines Eichenwäldchens zu verhindern, indem sie die Bäume dauerhaft bewohnten.[2] Nach dem Ende der Baumbesetzung flog er 2009 nach Israel, um sich einer Reise seiner Freundin anzuschließen, die dort an einem „birthright trip“ für jüdische Amerikaner teilnahm.[3]

Vorfall in Ni'lin

Bekannt wurde Anderson, nachdem er am 13. März 2009 nach einer Demonstration gegen die israelische Sperranlage im palästinensischen Dorf Ni'lin westlich der Stadt Ramallah im Westjordanland lebensgefährliche Verletzungen durch eine israelische Tränengasgranate erlitt.[4][5] Sie traf ihn, als er etwas abseits einer Demonstration stand, bei der es zuvor Zusammenstöße zwischen Protestierenden und der israelischen Armee gegeben hatte. Dabei waren nach israelischen Angaben Steine geworfen worden.[6] Die Tränengasgranate wurde aus etwa 60 Meter Entfernung abgefeuert und traf Anderson in die Stirn über dem rechten Auge. In einem Interview des US-amerikanischen Politmagazins Democracy Now berichtete Andersons Partnerin Gabrielle Silverman, dass der palästinensische Krankenwagen, der den Verletzten zunächst aufgenommen hatte, von israelischen Soldaten am Ni'lin Checkpoint an der Einreise nach Israel gehindert wurde. Daher musste ein israelischer Krankenwagen gerufen werden, der nach ca. 15 Minuten eintraf und Anderson in ein Krankenhaus in Tel Aviv brachte.[7]

Aufgrund seiner schweren Hirnverletzungen musste Anderson anschließend 15 Monate in einem Krankenhaus in der Nähe von Tel Aviv behandelt werden. Mehrere Notoperationen waren erforderlich. Die ersten sechs bis sieben Monate befand er sich in einem „minimally responsive state“ (minimal bewusster Zustand).[8] Am 10. August 2009 wurde er einer weiteren Operation unterzogen, bei der der obere Teil seines Schädels, der vorher entfernt worden war, damit die Verletzungen des Gehirns besser ausheilen konnten, wieder eingesetzt wurde. Am 2. Juni 2010 konnte er in seine Heimat nach Grass Valley in Kalifornien, Vereinigte Staaten, zurückkehren. Anderson verlor die Sehkraft seines rechten Auges, die Kontrolle über seine linke Körperhälfte und sein Kurzzeitgedächtnis.[9][10]

Folgen

Das israelische Justiz-Ministerium teilte zunächst mit, dass keine Anklage erhoben würde, da keine Verletzungsabsicht bestanden habe. Die Familie ließ diese Entscheidung anfechten.[11] Am 14. März 2010 wurden neue Ermittlungen aufgenommen.[12] Die kalifornische Kongressabgeordnete Barbara Lee brachte am 28. April 2010 einen Resolutions-Entwurf in den Kongress ein, mit dem die Regierung der Vereinigten Staaten aufgefordert werden soll, die genauen Umstände des Vorfalls zu ermitteln sowie sicherzustellen, dass sich solch ein Unglücksfall nicht wiederhole.[13] Andersons israelische Anwälte legten gegen die Einstellung der Untersuchungen Beschwerde ein und warfen der Justiz schwerwiegende Versäumnisse vor. Am 24. Juni 2010 gab ein Sprecher des israelischen Justizministeriums bekannt, dass die Polizei mit der Untersuchung einiger Aspekte des Falles beauftragt worden sei.[14]

Nach dem Schuss auf Anderson rief die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem den obersten Militäranwalt Israels dazu auf, dafür zu sorgen, dass Tränengasgranaten nicht direkt auf Menschen geschossen werden dürfen. Medienberichten zufolge gibt es mehrere Fälle dieser Praxis der israelischen Armee zur Bekämpfung von Demonstrationen im Westjordanland.[15]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Washington Post vom 23. März 2009
  2. Tree-sitter is not in Berkeley anymore. San Francisco Chronicle, 19. März 2009
  3. Former Tree-Sitter Critically Hurt During West Bank Protest. The Berkeley Daily Planet, 19. März 2009
  4. BBC News - Israel police not charged over activist shooting
  5. U.S. citizens critically hurt at West Bank protest
  6. US national badly hurt in anti-fence protest
  7. Democracy Now: Interview mit Gabrielle Silverman und dem amerikanischen Generalkonsul in Tel Aviv vom 16. März 2009.
  8. Interview mit Andersons Lebensgefährtin Gabrielle Silverman
  9. Parents of critically injured US peace activist demand justice from Israel
  10. American Injured in West Bank Protest 'Semi-Conscious'
  11. American hurt in West Bank protest is back in US@1@2Vorlage:Toter Link/dailycaller.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  12. State to reinvestigate wounding of U.S. activist. Haaretz, 13. März 2010
  13. U.S. Congresswoman Barbara Lee Representing the 9th congressional District of California (Memento des Originals vom 1. November 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/lee.house.gov
  14. Israel to reopen investigation into shooting of U.S. activist
  15. Israelis 'firing live rounds' at West Bank protesters