ʿAbdallāh ibn al-Hurr al-Qaisī

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ʿAbdallāh ibn al-Hurr al-Qaisī (arabisch عبد الله بن الحر القيسي, DMG

ʿAbdallāh ibn al-Ḥurr al-Qaisī

), Variante: al-ʿAbsī, al-ʿAnsī, wird von Ibn ʿAsākir in seiner monumentalen Stadtgeschichte von Damaskus genannt.[1] Er ist wahrscheinlich vor der Zeit der Prophetie Mohammeds geboren, hatte allerdings keine direkten Kontakte zu Mohammed. Somit war er kein Prophetengefährte und konnte vom Propheten keine Traditionen überliefern. Er wird lediglich unter denjenigen Muslimen genannt, die zur Zeit des Propheten gelebt haben: adraka n-nabiyya.[2]

Gemäß Ibn ʿAsākir nahm er im Jahre 636, vier Jahre nach Mohammeds Tod, an der Eroberung von Damaskus teil.

Am Kaisān-Tor (Bāb Kaisān)[3], das bereits im Römischen Reich als Tor des Jupiter galt, besaß er ein vom Kalifen Umar ibn al-Chattab als Lehen vergebenes Land (qaṭīʿa). Dort genoss er, so Ibn ʿAsākir, Ansehen und war noch in den Folgegenerationen bekannt (la-hu ḏikr).[4]

Nachdem Ibn al-Ḥurr das Land in Syrien landwirtschaftlich zu nutzen begann, zog er den Zorn des Kalifen auf sich. Denn er ließ seinen Ackerbau zerstören und sagte: „du hast dich in die Reihe der Erniedrigten und Unbedeutenden unter den Ungläubigen (kuffār) begeben“ (in die Reihe derer, die, als besiegte und ansässige Bevölkerung, Steuern an die Muslime zu entrichten hatten). Einem weiteren Bericht zufolge hat der Kalif in derselben Gegend, im Süden von Damaskus,[5] den Banū ʿAbs Weideflächen für ihre Pferde zugeteilt, die sie dann allerdings als Ackerland benutzt haben. Der Kalif nahm ihnen das Land weg und verhängte eine Geldstrafe über sie dafür auf, was sie dort erwirtschaftet haben.[6]

Die ablehnende Haltung gegenüber den Besitz und landwirtschaftliche Kultivierung der durch Dschihad eroberten Länder beschäftigte die Gelehrtenwelt über mehrere Jahrhunderte. Dabei griff man auf Aussagen des Propheten zurück, dessen Sendung und Prophetie sich im Dschihad manifestierten. Der ägyptische Gelehrte Abū Ǧaʿfar aṭ-Ṭaḥāwī († 933) zitiert den folgenden Prophetenspruch, den schon al-Buḫārī († 870) in seiner Sammlung authentischer Traditionen verzeichnet hatte: „Ich bin vor der Wiederauferstehung mit dem Schwert gesandt worden, damit Gott allein, der keinen Teilhaber hat, gedient wird. Mein Lebensunterhalt ist mir unter meine Speerspitze gelegt worden. (Var.: mein Lebensunterhalt ist mir in den Schatten meiner Lanze[7] gelegt worden). Die Erniedrigung und Demütigung ist denjenigen auferlegt, die mir Widerstand leisten. Und diejenigen, die andere Völker nachahmen, sind ein Teil von ihnen.“[8]

Der im 14. Jahrhundert wirkende ḥanbalitische Rechtswissenschaftler und Theologe Ibn Radschab[9] kommentiert die Entscheidung des Kalifen ʿUmar, der den muslimischen Eroberern von al-Ḥūla untersagte, das fruchtbare Land landwirtschaftlich zu nutzen, mit folgenden Worten: „die Prophetengefährten hielten es für verwerflich, ein besteuertes Land zwecks Ackerbau zu betreten, denn dies lenkt (die Muslime) vom Dschihad ab.“[10] Anschließend zitiert Ibn Radschab den syrischen Juristen Makhūl ibn Abī Muslim ad-Dimaschqī († zwischen 730 und 737),[11] den Ibn an-Nadīm als Verfasser eines juristischen Werkes nennt, wie folgt: „als die Muslime nach Syrien kamen, berichtete man ihnen über die üppige Landwirtschaft von al-Ḥūla. Darauf hin haben sie angefangen, das Land zu bebauen. Die Nachricht (darüber) erreichte dann ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb; er entsandte (eine Truppe) an den Ackerbau der Muslime, der in voller Blüte und Reife stand und ließ (die Felder) durch Feuer zerstören.“[12]

Der Fall von ʿAbd Allāh ibn al-Ḥurr und seinen Zeitgenossen, die sich während der Eroberungszeit in den eroberten Gebieten – wie die unterworfene Bevölkerung – der Landwirtschaft widmeten, ist in den Rechtswerken über Jahrhunderte thematisiert worden. Die Frage von Landbesitz ist allerdings im Laufe der Zeit von der Notwendigkeit des Dschihād abgetrennt behandelt worden. „Die Aussagen des Propheten über diese Themen sind Reminiszenzen an eine vergangene und ruhmreiche Zeit geblieben.“[13]

Literatur

  • Ibn ʿAsākir: Taʾrīḫ madīnat Dimašq. Band 27, S. 361. (Hrsg. ʿUmar b. Ġarāma al-ʿAmrawī). Dār al-Fikr. Beirut 1995.
  • Ibn ʿAsākir: Band: ʿAbd Allāh b. Ǧābir - ʿAbd Allāh b. Zaid (Tarāǧim ḥarf al-ʿAin). S. 136. Maṭbūʿāt Maǧmaʿ al-luġa al-ʿarabiyya bi-Dimašq. Damaskus 1981
  • Tahḏīb taʾrīḫ Dimašq. Band 7, S. 357 (Hrsg. ʿAbd al-Qādir Badrān). Beirut 1979
  • Carl Brockelmann: Geschichte der arabischen Litteratur. Zweite den Supplementbänden angepasste Auflage. Brill, Leiden 1943. Supplementbände I-III. Brill, Leiden 1937–1942
  • Meir J. Kister: Land property and Jihād. A discussion of some early traditions. In: Journal of the Economic and Social History of the Orient Band 34 (1991), S. 270–311
  • Fuat Sezgin: Geschichte des arabischen Schrifttums. Band I. (Leiden 1967)
  • Abū Ǧaʿfar aṭ-Ṭaḥāwī: Šarḥ muškil al-āṯār. Band 1. (Hrsg. Šuʿaib al-Arnaʾūṭ). Muʾassat ar-Risāla, Beirut 1987

Einzelnachweise

  1. Die Angaben über seine Stammeszugehörigkeit sind wegen des Rasm im Arabischen unterschiedlich:القيسي ، العبسي ، العنسي; siehe die Bemerkungen des Herausgebers von Ibn ʿAsākir's Werk, S. 361. Anm. 1.
  2. adraka n-nabiyya, oder la-hu idrāk. – Der Ausdruck ist ein Terminus für die Abgrenzung der vor dem Islam bzw. während der Prophetie geborenen Personen von den Prophetengefährten: Miklos Muranyi: Die Prophetengenossen in der frühislamischen Geschichte. Bonn 1973, S. 31.
  3. So in der arabischen Edition. Bekannt ist das Tor auch als Bāb Kīsān.
  4. Taʾrīḫ madīnat Dimašq. Band 27, Hrsg. ʿUmar b. Ġarāma al-ʿAmrawī. Dār al-Fikr. Beirut 1995, S. 361.
  5. Taʾrīḫ madīnat Dimašq (1981), S. 136 Anm. 2–3.
  6. M. J. Kister (1991), S. 282–283 nach der Kurzfassung des Werkes Tahḏīb taʾrīḫ Dimašq. Band 7, S. 357 (Hrsg. ʿAbd al-Qādir Badrān). Beirut 1979.
  7. Dieses Bild erklärt Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī in seinem Kommentar zu al-Buchārī mit dem Gebrauch, die Prophetenfahne an der Speerspitze zu befestigen: Fatḥ al-bārī, Band 6, S. 98–99 zum Kapitel 88 des K. al-dschihād im Ṣaḥīḥ von al-Buchārī.
  8. Zitat nach aṭ-Ṭaḥāwī, Band 1, S. 213. Nr. 231; M. J. Kister (1991), S. 280–281 und Anm. 45 mit weiteren Quellenangaben und Parallelstellen. Zu der Tradition: Und diejenigen, die andere Völker nachahmen, sind ein Teil von ihnen... siehe ausführlich: M. J. Kister: „Do not assimilate yourselves...“ Lā tashabbahū... In: Jerusalem Studies in Arabic and Islam 12 (1989), S. 321–353; mit einem Appendix von Menahem Kister, S. 354–371.
  9. Carl Brockelmann, Bd. 2, S. 129–130; Supplementband 2, S. 129–130.
  10. Nach der Sammlung der theologischen und juristischen Sendschreiben (rasāʾil) von Ibn Raǧab (Handschrift in der Biblioteca Medicea Laurenziana): M. J. Kister (1991), S. 282. Anm. 49.
  11. Fuat Sezgin (1967), S. 404.
  12. M. J. Kister (1991), S. 282, Anm. 49.
  13. M. J. Kister (1991), S. 311.