Praxismarketing

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Praxismarketing wird das Marketing in der Branche der Leistungserbringer im Gesundheitswesen (z. B. Ärzte, Kliniken) genannt. Eine Besonderheit gegenüber anderen Marketingfeldern ist, dass Praxismarketing weitgehend unter den Bedingungen des Arztwerberechts stattfindet.

Zielgruppe

Zielgruppen sind Ärzte in Praxis und Klinik, Heilberufler, Labore, Apotheken sowie größere Versorgungsstrukturen wie überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften, medizinische Versorgungszentren oder Kliniken. Auch tiermedizinische Leistungserbringer gehören zur Zielgruppe.

Anbieter

Spezialisiert auf Praxismarketing haben sich Finanz-, Steuer- und Unternehmensberater sowie Fachanwälte für Medizinrecht, Werbeagenturen für Praxismarketing, Abrechnungsdienstleister, Berater und Auditoren für das Qualitätsmanagement, sowie Architekten und Innenarchitekten.

Geschichte

Ursprünglich war es deutschen Freiberuflern im Gesundheitswesen nicht oder nur bedingt gestattet, in größerem Umfang Maßnahmen zu ergreifen, die als Werbung bezeichnet werden können: es herrschte ein Werbeverbot. Im Februar 2002 entschied das Bundesverfassungsgericht: Berufliche Werbung bedarf keiner besonderen Anlässe.[1] Damit war der entscheidende Schritt getan, das ehemalige Werbeverbot in ein Werberecht umzuwandeln und damit einem in Praxis oder Klinik tätigen medizinischen Freiberufler ähnliche Möglichkeiten einzuräumen, wie sie auch Freiberuflern anderer Branchen zur marktorientierten Führung ihrer Unternehmen zur Verfügung stehen. Der Deutsche Ärztetag stieß in Folge im Rahmen des 105. Deutschen Ärztetages eine umfassende Reform des ärztlichen Werberechts an. Schließlich ermöglichte die Novelle der Musterberufsordnung für Ärzte[2] 2006 das heutige Praxismarketing.[3] Weitere Nivellierungen erfolgten zuletzt im November 2012 mit dem 2. Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften. Damit sind weitere Verbote aus dem sogenannten Heilmittelwerbegesetz (HWG)[4] für Kommunikation und Werbung aufgehoben worden. Dieser Veränderungsprozess bedingte für Ärze und Angehörige anderer Heilberufe, ihr Angebot nicht mehr nur hauptsächlich nach medizinischen Kriterien gestalten zu können, sondern viel mehr ihre Behandlungskonzepte auch mit betriebswirtschaftlichen Methoden und Strategien organisieren zu müssen, so dass sie dem Wettbewerb standhalten.[5]

Funktion

Praxismarketing ist als betriebswirtschaftlicher Teilprozess ein Bestandteil des Managements. Praxismarketing soll Entwicklungspotenziale einer Praxis oder Klinik identifizieren und mit zielgerichteten Maßnahmen erschließen. Wie auch andere Formen des Marketings wird Praxismarketing durch formulierte Unternehmensziele in verschiedenen Bereichen strukturiert.[6]

Kernziele sind die Gewinnung von Patienten, der Erhalt von Stammpatienten und somit der Erhalt und Ausbau der wirtschaftlichen Grundlage einer Praxis oder Klinik.

Spezielle Anforderungen

Eine Besonderheit gegenüber anderen Formen des Marketings sind die berufsrechtlichen Vorgaben, die unter anderem in der Musterberufsordnung, den Landesberufsordnungen, dem Heilmittelwerbegesetz und dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb festgeschrieben sind.

In Österreich finden sich Paragraphen zu diesem Thema beispielsweise in §16, Absatz 1 des Psychotherapiegesetzes[7] oder §53, Absatz 1 des Ärztegesetzes[8]. In beiden Paragraphen wird unter anderem das Verbot von unsachlichen oder unwahren Äußerungen betont. Der Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des Bundesministeriums für Gesundheit gibt unter Punkt IV „Psychotherapeutische Leistungen in der Öffentlichkeit“ an, dass die Verpflichtung besteht bei Werbung und Ankündigungen in der Öffentlichkeit fachlichen Punkten stets der Vorrang vor kommerziellen Interessen zu geben ist[9].

Literatur

  • Beate Bahner: Das neue Werberecht für Ärzte: Auch Ärzte dürfen werben. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2001, ISBN 3-540-41297-2
  • Udo Schmitz, Christopher F. Büll, Rainer Riedel: Werbung in der Arztpraxis. Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen. Frauenarzt 45 (2004), 1096-8, online (PDF-Dokument; 181 kB)
  • Günther Frielingsdorf: Praxismarketing: Der Praxisstandort. Frauenarzt 49 (2008), 79–81, online (PDF-Dokument; 69 kB)
  • Stephan Kock: "Ärztliche Werbung im Wandel – Was darf ein Arzt wirklich?" Deutsches Ärzteblatt – Magazin PRAXiS, 04/2013 online
  • Katri Helena Lyck, Jens Pätzold: "Praxisstrategie und Werbung in der Zahnarztpraxis. Rechtssicher, Individuell, Erfolgreich." Zahnärztlicher Fachverlag, Herne 2009, ISBN 978-3-941169-12-8
  • Volker J. Kreyher (Hrsg.): Handbuch Gesundheits- und Medizinmarketing. R. v. Decker´s Verlag, Hüthig GmbH & Co. KG, Heidelberg 2001, ISBN 3-7685-9792-X
  • Volker Streit, Michael Letter (Hrsg.): Marketing für Arztpraxen: Individuelle Gesundheitsleistungen organisieren, kalkulieren und verkaufen. Springer, Berlin 2004, ISBN 3540206418
  • Klaus-Dieter Thill: Marketing in der Arztpraxis: Der Weg zur optimalen Präsentation. Analyse, Strategie, Instrumente. Deutscher Ärzte-Verlag, 1. Aufl. (1. Juni 2005), ISBN 3769132475

Einzelnachweise

  1. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 1BvR 1644/01
  2. (Muster-) Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (Stand 2006). (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesärztekammer, 5. Dezember 2006, archiviert vom Original am 15. Juli 2007;.
  3. Udo H. Cramer, Markus P. Henkel: Standesordnung und Wettbewerb – Plädoyer für Einheit von Norm und Vollzug. In: MedR – Medizinrecht. Band 18, Nr. 12, 2000, S. 565–573, doi:10.1007/s003500000350.
  4. Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz - HWG) § 11. In: Gesetze im Internet. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 27. Juli 2020.
  5. Michael Schurr, Horst Kunhardt: Unternehmen Arztpraxis – Ihr Erfolgsmanagement. Springer, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-662-53372-7, S. V, doi:10.1007/978-3-540-48560-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Heribert Meffert, Christoph Burmann, Manfred Kirchgeorg: Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele. 10. Auflage. Gabler, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8349-9584-1, S. 10 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. JUSLINE GmbH: § 16 PsthG (Psychotherapiegesetz) – JUSLINE Österreich. Abgerufen am 20. Februar 2017.
  8. RIS – Ärztegesetz 1998 § 53 – Bundesrecht konsolidiert. Abgerufen am 20. Februar 2017.
  9. Bundesministerium für Gesundheit: Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. (PDF) 13. März 2012, abgerufen am 27. Juli 2020.