Erich Schairer

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Erich Schairer als Jugendlicher
Datei:Schairer Familie.jpg
Erich Schairer mit seiner Schwester Thusnelde und seinen Eltern, um 1900
Datei:JW Hornung - Erich Schairer, Königsgesellschaft Roigel (SS 1906).jpg
Erich Schairer als Student in Tübingen im Jahr 1906. Fux Schairer [TRv]! s/l (seinem lieben) Bauer [TRv]! z fr Erg. (zur freundlichen Erinnerung) S.S. 1906.“

Erich Schairer (* 21. Oktober 1887 in Hemmingen bei Stuttgart; † 3. August 1956 in Schorndorf) war ein deutscher Journalist und Publizist.

Leben

Schairer war der Sohn eines Lehrers und besuchte zunächst die Elementarschule und das Gymnasium in Eßlingen am Neckar (das heutige Georgii-Gymnasium), ab 1903 als Internatsschüler das Seminar Blaubeuren, dann als Student der Philosophie und Theologie das Stift in Tübingen. Während seines Studiums wurde Schairer 1905 Mitglied der Königsgesellschaft Roigel. Von 1909 an war er Vikar in Untertürkheim, Altensteig, Öhringen, Schwaikheim und Sulzbach an der Murr. In seiner Zeit als Theologe lernte er den Theologen und Philosophen Christoph Schrempf kennen, der Schairer zum Entschluss brachte, seine theologische Laufbahn innerhalb der württembergischen Landeskirche 1911 freiwillig zu beenden.

Zu Beginn des Jahres 1912 wurde Schairer Privatsekretär bei Wilhelm Ohr in München. Danach kam er als Redakteur zum Reutlinger Generalanzeiger, bevor er – als Nachfolger von Theodor Heuss – Privatsekretär Friedrich Naumanns (1912–1914) wurde. Nebenbei promovierte er 1913 über Friedrich Christian Daniel Schubart als politischer Journalist. Nach der Zeit bei Naumann war Schairer im Oktober 1914 kurzzeitig Redakteur bei der Neuen Hamburger Zeitung, bevor er Privatsekretär von Ernst Jäckh in Berlin wurde, für dessen Deutsch-Türkische Vereinigung er auch bis 1917 die Geschäfte führte.

Im Jahr 1918 wurde Schairer – als Nachfolger von Jäckh und Heuss – Chefredakteur der bürgerlich-liberalen Heilbronner Neckar-Zeitung. Nach einem Streit mit dem Verleger Viktor Kraemer um eine zensierte Glosse Schairers[1] gründete er im Januar 1920 seine eigene Wochenzeitung, die linkssozialistische Heilbronner Sonntags-Zeitung, die unabhängig und anzeigenfrei war. Sein Credo lautete: „kämpft gegen Kirchentum, Kapitalismus, Krieg und Gewaltherrschaft, für Geistesfreiheit, Gemeinwirtschaft, Gerechtigkeit und Frieden.“ Das Blatt entwickelte sich zu einem der „bedeutendsten Wochenblätter in Deutschland“.[1] 1922 trat Schairer nach einem Streit mit der Aktivitas aus dem Roigel aus. Der Grund hierfür war die wiederholte Kritik Schairers an reaktionären Tendenzen in der deutschen Studentenschaft gewesen.[2]

Schairer zog am 1. Juli 1925 von der Heilbronner Lerchenstraße 31 nach Stuttgart in die Lange Straße 18.[3] Die Sonntags-Zeitung erschien ab 1925 in Stuttgart. Schairer trat 1931 zeitweilig von der Herausgabe der Zeitung zurück und verdingte sich als freier Schriftsteller, übernahm 1932 jedoch wieder die Herausgeberschaft. 1933 geriet er in Konflikt mit den nationalsozialistischen Machthabern, deren Emporkommen er lange Jahre vorausgesehen und bekämpft hatte. Unter Schwierigkeiten konnte die Sonntags-Zeitung noch eine Weile weitergeführt werden, jedoch sahen sich Schairer und seine Mitarbeiter Repressionen ausgesetzt. Die Zeitung wurde im März 1933 vorübergehend verboten, das Verbot im April 1933 unter Auflagen dann jedoch wieder aufgehoben. 1934 trat Schairer formell erneut als Herausgeber zurück, wenngleich er weiterhin im bisherigen Umfang an der Zeitung mitarbeitete.

Anfang 1937 erhielt Schairer Berufs- und Schreibverbot und wurde schließlich von der nationalsozialistischen Presseorganisation zum Verkauf seiner Sonntags-Zeitung an einen nationalsozialistischen Strohmann gezwungen. So erhielt Richard Breitling aus Aalen Verlag, Verlagsrecht und das Inventar.[3] Im Herbst 1937 übersiedelte Schairer mit seiner Familie nach Lindau und versuchte, sich als Weinvertreter durchzuschlagen (wobei er die Kontakte zu seinen früheren Abonnenten zu nutzen wusste). Seine Frau betrieb im gemieteten Haus eine Pension. 1943 wurde Schairer als Reichsbahngehilfe verpflichtet.

Nach Kriegsende wurde Schairer im Januar 1946 Chefredakteur beim Schwäbischen Tagblatt in Tübingen, im September 1946 Mitherausgeber der Stuttgarter Zeitung. Besondere Verdienste erwarb sich Schairer um die Erhaltung des Cotta-Archivs für die Öffentlichkeit, indem er es zunächst für die Stuttgarter Zeitung erwarb, um es später dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar zu überlassen.

Schairer trat am 1. Januar 1955 von seiner Tätigkeit als Mitherausgeber der Stuttgarter Zeitung zurück und verstarb am 3. August 1956 im Schorndorfer Kreiskrankenhaus.

Werke

  • Das Wahlrecht. Ein Überblick von E. Sch. Sonderdruck aus dem Reutlinger General-Anzeiger Nr. 90–97 des Jahrgangs 1912. Reutlingen: Oertel & Spörer o. J. [1912?]
  • Christian Friedrich Daniel Schubart als politischer Journalist. Tübingen: Mohr 1914 und Stuttgart: Privatdruck 1984 (Reprint)
  • Rathenau-Brevier. Hrsg. E. Sch. Jena: Diederichs 1918 (=Deutsche Gemeinwirtschaft. Schriftenreihe. Hg. E. Schairer, Heft 5)
  • Sozialisierung der Presse. Jena: Diederichs 1919 (=Deutsche Gemeinwirtschaft. Schriftenreihe. Hrsg. E. Schairer, Heft 12)
  • Hängen oder Köpfen? Kulturgrotesken von Adam Heller (d. i. E.Sch.). Heilbronn: Verlag der "Sonntags-Zeitung" o. J. [um 1924]
  • Warum ich nicht Pfarrer blieb. Stuttgart: Verlag der "Sonntags-Zeitung" o. J.
  • Mit andern Augen. Jahrbuch der "Sonntags-Zeitung" 1920–1929. Stuttgart: Verlag der "Sonntags-Zeitung" 1929
  • Gottlosigkeit. Stuttgart: Verlag der "Sonntags-Zeitung" 1932
  • Fünf Minuten Deutsch. Ein sprachliches Sündenregister. Stuttgart: Turmhaus-Druckerei 1951
  • Sebastian Blau / Erich Schairer (Hrsg.), Des Leib- und Seelenarztes Dr. Owlglass Rezeptbuch. Gereimtes und Erzähltes. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1955
  • Fünf Dutzend oder ein volles Schock Doppel-Schüttelreime nicht ohne Mühe gedichtet, mit den notwendigen Überschriften versehen, etwas geordnet und zu Fastnacht 1941 seinem Freunde Dr. Owlglass ehrerbietig und dankbar gewidmet von Erich Schairer Doktor der Philosophie und der freien Künste Magister. Illustrationen von Eberhard Schairer zum 80. Geburtstag Erich Schairers am 21. Oktober 1967. Stuttgart: Turmhaus-Druckerei 1967

Literatur

  • Koszyk, Kurt: Schairer, Erich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 546 f. (Digitalisat).
  • Agathe Kunze: Erich Schairer zum Gedächtnis. Aus seinen Schriften — Würdigungen — Erinnerungen. Stuttgart 1967
  • Will Schaber: Der Gratgänger. Welt und Werk Erich Schairers (1887–1956). 1981
  • Otto Borst: Eine Kraft für sich. In: Stuttgarter Zeitung, 19. Dezember 1981
  • Richard Schmid: Aufgepaßt, ohne Stelzen. Leben und Werk Erich Schairers. In: Stuttgarter Zeitung, 19. Mai 1982
  • L. Rohner: Dissident aus Schwaben. In: Die Zeit, 25. März 1983
  • Will Schaber: Erich Schairer. Ders.: Sonntagszeitung. Beides in: H. Donat, K. Holl: Die Friedensbewegung. 1983, S. 332 f. u. 361 ff.
  • Reinhard Appel: Erinnerungen an Erich Schairer. In: Stuttgarter Zeitung, 21. Oktober 1967
  • Manfred Bosch (Hrsg.): Mit der Setzmaschine in die Opposition. Auswahl aus Erich Schairers Sonntags-Zeitung 1920–1933. 1989
  • Manfred Bosch, Agathe Kunze (Hrsg.): Bin Journalist, nichts weiter. Ein Leben in Briefen. Silberburg-Verlag, Tübingen 2002
  • Andrea Weil: Der öffentlichen Meinung entgegentreten. Erich Schairers publizistische Opposition gegen die Nationalsozialisten 1930–1937. Lit-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-8258-0863-1.
  • Manfred Bosch: Erich Schairer (1887–1956) – als Journalist "tapfer mit Feder und Geist". In: Angela Borgstedt u. a. (Hrsg.): Mut bewiesen. Widerstandsbiographien aus dem Südwesten, Stuttgart 2017 (Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs; 46), S. 389–398 ISBN 978-3-945414-37-8.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band II: Künstler. Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6813-5, S. 599–600.

Weblinks

Quellen

  1. a b Uwe Jacobi: Heilbronner Pressegeschichte. In: Gerhard Schwinghammer (Hrsg.): Heilbronn und Hans Franke. Publizist, Dichter und Kritiker 1893–1964. Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn 1989, ISBN 3-921923-06-9 (Heilbronner Stimme / Buchreihe, 3), S. 22 – S. 26, dazu S. 24.
  2. vgl. z. B. "Mit Mütze und Schläger" http://www.erich-schairer.de/maa/kap038.html
  3. a b http://heuss.stadtarchiv-heilbronn.de/index.php?ID=26836