Mutter Natur

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Joseph Werner: Diana von Ephesos als Allegorie der Natur, um 1680

Als Mutter Natur oder auch Mutter Erde wird in der Redensart die Natur (beziehungsweise die Umwelt) metaphorisch personifiziert. Durch die Figur der Mutter wird ihr eine weibliche Rolle zugeschrieben. Bilder, in denen die Natur als Frau verkörpert wird, sind altbekannt und zeitlos, denn Mütterlichkeit ist das Grundprinzip alles Fruchtbaren und Schöpferischen, von Ganzheit und Einheit, Ursprünglichkeit, Schutz und Ernährung. Das äußert sich in Redewendungen wie „am Busen der Mutter Natur“ oder „im Schoß der Mutter Erde“. Aus dieser Grundvorstellung entwickelten sich in der Geschichte ganz verschiedene – zum Teil durchaus widersprüchliche – Konzepte.[1] Häufig stehen die Wörter in Zusammenhang mit dem Leben.

Der Begriff wird manchmal komplementär zu Vater Staat benutzt.[2]

Geschichte

Die Redewendung „Mutter Erde“ ist bereits im mykenischen Griechisch belegt.[3] Die Metapher kam allerdings erst um 1770 in der Frühzeit der Industrialisierung größer in Gebrauch.[4] Sie findet auch heute – in die jeweilige Sprache übersetzt – in zahlreichen Zungen Verwendung, so unter anderem bei Mutter Natur und die Dampfmaschine von Gerhard Kaiser.[5]

Im 19. Jahrhundert war Mutter Natur in der westlichen Welt ein altbekanntes Klischee, das von Poeten wie Hölderlin oder Fontane aufgegriffen und gestaltet wurde.[6]

„Mother Earth“

„Die Liebe zum Besitz ist bei ihnen (den Weißen) wie eine Krankheit. […] Sie beanspruchen unsere Mutter, die Erde, als ihr Eigentum und grenzen sich gegen ihre Nachbarn ab. Sie verschandeln die Erde mit ihren Gebäuden und ihrem Abfall. Jenes Volk ist wie ein Fluß im Frühling, der über seine Ufer tritt und alle vernichtet, die ihm in den Weg treten.“

Tatanka Yotanka (Sitting Bull)[7]

Mit Bezug auf die (angebliche) Mother-Earth-Philosophie der nordamerikanischen Indianer weitete die Umweltbewegung im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts den Begriff auch auf andere indigene Völker aus und machte die „irgendwie heilige“ Mutter Erde (im Sinne der gesamten Biosphäre) zu einem mystisch-romantisch verklärten Symbol für den nachhaltigen Umgang mit der Welt.

Das Bild der Mutter Erde war bei der überwiegenden Zahl der nordamerikanischen Indianervölker jedoch ursprünglich ebenfalls eher eine profane Metapher; beziehungsweise ein Sammelbegriff, um ihre unterschiedlichen religiösen Beziehungen und damit ihren Anspruch auf das Land gegenüber den weißen Eroberern zu rechtfertigen.[8]

Literatur

  • Sarah Blaffer Hrdy: Mutter Natur, die weibliche Seite der Evolution (Originaltitel: A History of Mother, Infants, and Natural Selection, übersetzt von Andreas Paul), Berlin Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-8270-0927-2.

Weblinks

Wiktionary: Mutter Natur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Irmgard Roebling u. Wolfram Mauser (Hrsg.): Mutter und Mütterlichkeit: Wandel und Wirksamkeit einer Phantasie in der deutschen Literatur : Festschrift für Verena Ehrich-Haefeli. Königshausen & Neumann, Würzburg 1996, ISBN 3-8260-1212-7. S. 13, 187–192, 255.
  2. siehe z. B. Eva Lang (Hrsg.): „Mutter Natur und Vater Staat“ – Zukunftsperspektiven und Gestaltungsansätze einer schwierigen Beziehung im Zeichen der Nachhaltigkeit., Vereinigung für Ökologische Ökonomie, Beiträge und Berichte 4/2003, ISBN 3-00-011297-9; Gerhard Wolf: Im deutschen Dichtergarten. Lyrik zwischen Mutter Natur und Vater Staat. Ansichten und Portraits. Verlag Luchterhand, 1985; Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger: Aphorismen und Zitate über Natur und Wissenschaft. John Wiley & Sons, 2013, ISBN 978-3-52-733613-5.
  3. ma-ka. In: Palexicon. Open Publishing. Abgerufen am 25. August 2013.
  4. Literaturwissenschaftliches Jahrbuch, Band 37, Theodor Berchem Duncker & Humblot, 1996
  5. Mutter Natur und die Dampfmaschine, Gerhard Kaiser, Freiburg im Breisgau : Rombach, 1991, 1. Aufl.
  6. Irmgard Roebling u. Wolfram Mauser (Hrsg.): Mutter und Mütterlichkeit: Wandel und Wirksamkeit einer Phantasie in der deutschen Literatur: Festschrift für Verena Ehrich-Haefeli. Königshausen & Neumann, Würzburg 1996, ISBN 3-8260-1212-7. S. 13, 187–192, 255.
  7. Zitat in T.C. McLuhan: ... Wie der Hauch eines Büffels im Winter. Hoffman und Campe, Hamburg 1984. S. 96.
  8. Christian F. Feest: Beseelte Welten – Die Religionen der Indianer Nordamerikas. In: Kleine Bibliothek der Religionen, Bd. 9, Herder, Freiburg / Basel / Wien 1998, ISBN 3-451-23849-7. S. 55–59, 101.