Diskussion:Annemarie Horschitz-Horst

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Bei einer Übersetzung kann man das meistens nicht mehr nachvollziehen. Der Text wird anonymisiert, seine Anatomie ausgewechselt. Oft ganz buchstäblich. Ernest Hemingway zum Beispiel, der männlichste Männermann der amerikanischen Literatur, kommt im Deutschen oft etwas seltsam herüber. Fast hätte ich gesagt, tuntig. Im Original fehlt jedenfalls dieses Element. Hemingways Prosa ist klar wie ein Blick aus himmelblauen Killeraugen. Natürlich ist Hemingway daneben auch noch sexuell ein bisschen verkorkst, aber das liegt an der Epoche. Er ist ein Autor, der den ersten Weltkrieg miterlebt hat - und denken Sie nur, wie krank diese Generation damals in Europa war.

Doch dieser seltsame Hemingway-Ton im Deutschen hängt, nach meinem Dafürhalten, eher mit seiner Übersetzerin Annemarie Horschitz-Horst zusammen. Zunächst einmal wirken ihre Verdeutschungen heute schon arg patiniert. Auch Übersetzungen haben eben ein Ablaufdatum, die Texte "sterben ab". So gibt es beim Hemingway auf Deutsch viel unfreiwillige Komik, mit Sätzen wie: "Sei nicht töricht. Ich lieg doch im Sterben" - oder gar: "Du bist geliebt zu mir." So ulkig schrieb Old Hem nicht einmal unter dem Einfluss von Gertrude Stein!

Aber: Ob Hemingway überzeugender geklungen hätte, wenn ihn ein Mann übersetzt hätte? Sicher hätte er "männlicher" geklungen - was übrigens auch eine Art von Verfälschung gewesen sein könnte. Man denke sich Hemingway im Gewand von - Theodor Plievier? Erich Kästner?

Aber das Weiche an Hemingway ist den Lesern seinerzeit offenbar weniger aufgefallen. Schließlich war es dieser, der übersetzte, Hemingway, der die gesamte deutsche Literatur der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beeinflusst hat - damals kannte und hörte man nur diese Stimme. Diese etwas sanftere Stimme der Übersetzerin, die ein wenig anders klang als Hemingways eigene, männlich-herbe, trocken-tonlose Stimme. Es war ein weiblicher Sirenengesang in männlicher Verkleidung, oder auch umgekehrt - jedenfalls eine verführerische Stimme, die in kurzen, einfachen Sätzen, befreit von allem Ballast, rein gewaschen von der vergifteten Überfrachtung des Nazi-Jargons - dieser todbringenden Männerspreche - den Männern aus der Seele sprach.

Gleichgültig also, wie "daneben" diese Übersetzungen heute wirken mögen - in ihrer Zeit waren sie genau das Richtige. Ohne sie hätte es keinen Wolfgang Borchert gegeben, keinen Heinrich Böll. Es war ein Glücksfall, dass diese Frau Hemingway übersetzte. Dass sie ihm ihre Stimme lieh, die die eigene Seele ihrer Leser atmen (ich sage absichtlich nicht "baumeln") ließ.

einzig autorisiert

Wirkliche Rückendeckung erhalten Übersetzer offenbar auf anderen Wegen - und nicht unbedingt qualitätsabhängig: Ernest Hemingway schützte die Arbeit seiner Geliebten und Übersetzerin, der Deutschen Annemarie Horschitz-Horst, in den 20er Jahren per Copyright bis ins Jahr 2003. Selbst grobe Schnitzer dürfen in der deutschen Version nicht korrigiert werden: vertauschte Dialogteile, freie und ungenaue Übersetzungen, fast lächerliche Übertragungen (San Franciscos Golden Gate Bridge wird zur "Golden Tor Brücke").

  • Das Geschäftsmodell des Autorisierens einer Übersetzerin ist für die Übersetzerin prekär. Das wird in einem Briefwechsel deutlich

In einem Brief vom 1. August 1932 berichtete Maxwell Perkins, dass er en:Jonathan Cape einen Satz des Death in the Afternoon- Druckfahnen mit allen Korrekturen (Princeton University Library ( PUL ) ) geschickt hatte. Ernst Rowohlt, der im Juni 1931 Insolvenz angemeldet hatte, würde Tod am Nachmittag mit dessen deutscher Übersetzung von Death in the Afternoon von Annemarie Horschitz-Horst in Vorleitung gegangen war, nicht veröffentlichen

In a letter of 1 August 1932, Perkins reported that he had sent Cape a set of the DIA foundry proof containing all the corrections (PUL). Rowohlt, who had declared bankruptcy in June 1931, would not publish Tod am Nachmittag, the German translation of DIA prepared by Annemarie Horschitz-Horst née Rosenthal 1899-1970) [1] Erst im Dezember 1946 erhielt Ernst Rowohlt wieder ein erstes Lebenszeichen von seinem alten Freund. Er freue sich , so schrieb Hemingway , seinen „ old counter - comrade “ noch am Leben zu wissen . „ Du hattest sicher die Hölle von einem Krieg , und ich bin froh , dass Du nicht von uns in der Schnee - Eifel oder im Huertgenwald umgelegt worden bist . Glaube bitte nicht , dass ich hier als der anmaßende Sieger spreche , denn ihr habt auch viele von unseren Jungs erledigt ( weiß Gott , ich bin froh , dass wir beide uns nicht gegenseitig erledigt haben ) . Bitte lass Annemarie Horschitz - Horst wissen , dass ich wieder auf sie als Übersetzerin rechne . Von allen meinen Übersetzern war sie am besten . “ 348 Rowohlt solle ihm mitteilen , wann er ihn wieder in Deutschland herausbringen könne.--Woodcut-like (Diskussion) 09:28, 13. Dez. 2020 (CET)


Wem die Stunde schlägt

Weiß jemand, warum sie dann als einzig autorisierte Übersetzerin nicht Wem die Stunde schlägt übersetzt hat? LigaDue 15:23, 16. Mär. 2008 (CET)

Namenszusatz

Bereits 1922 wird im Berliner Adressbuch "Walter Horschitz-Horst" aufgeführt. Der Namenszusatz steht demnach nicht im Zusammenhang mit der Emigration. -- Know Where Man 23:10, 30. Mär. 2010 (CEST)

Geliebte

War sie wirklich seine Geliebte? Normalerweise hat ein Autor gar nicht die Hoheit über eine Übersetzung, sondern der Verlag. Insofern glaube ich diese Goldene-Blatt-Story nicht so recht. Zufällig habe ich die Übersetzung von "In einem anderen Land" aus ihrer Feder heute antiquarisch erworben. Die Übersetzung ist derart schlecht, dass ich extra im Buch danach gesucht habe, wer das verbrochen hat. Sie macht aus Hemingway sprachlich einen verklemmten Kitschromanautoren. Das hat der Papa nicht verdient! (nicht signierter Beitrag von 92.228.123.176 (Diskussion) 17:54, 2. Jan. 2015 (CET))