Landgericht Altenschlirf
Das Landgericht Altenschlirf (ab 1854: Landgericht Herbstein) war ein erstinstanzliches Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Großherzogtum Hessen und bestand von 1821 bis 1879.
Geschichte
Ausgangslage
Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde im Großherzogtum Hessen vor 1821 durch die Ämter wahrgenommen, in denen Rechtsprechung und Verwaltung noch nicht getrennt waren. Die Ämter waren nicht alle staatlich. In einigen lagen die entsprechenden Hoheitsrechte ganz oder teilweise in den Händen Adeliger (Patrimonialgerichte).
Gründung
Ab 1821 trennte das Großherzogtum Hessen auch auf der unteren Ebene die Rechtsprechung von der Verwaltung.
Die bisher von den Ämtern wahrgenommenen Aufgaben wurden nun in Landratsbezirken (zuständig für die Verwaltung) und Landgerichtsbezirken (zuständig für die Rechtsprechung) neu organisiert.[1] Das Landgericht Altenschlirf entstand dabei aus
- dem staatlichen Amt Herbstein,
- dem Amt Altenschlirf der Herrschaft Riedesel und
- dem Amt Freiensteinau der Herrschaft Riedesel.
Weitere Entwicklung
1828 wurde die Gemeinde Landenhausen abgetrennt und dem Landgericht Lauterbach zugeteilt.[2]
Zum 1. Mai 1849 wurden eine Reihe von Orten aus dem Sprengel des Landgerichts Schotten dem Landgericht Altenschlirf zugeteilt.[3]
Im Zuge der Neuordnung der Gerichtsbezirke in der Provinz Oberhessen 1853 wurde der Sitz des Landgerichts zum 1. September 1854 von Altenschlirf nach Herbstein verlegt[4] und dabei auch dessen Sprengel um einige Gemeinden erweitert.[5] Beim Umsetzen der Maßnahme traten Schwierigkeiten auf.[6]
Ende
Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[7] So ersetzte das Amtsgericht Herbstein das Landgericht Herbstein. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Altenschlirf war dem Bezirk des Landgerichts Gießen zugeordnet.[8]
Zuständigkeit
Örtlich
Gemeinde | 1821 | später | Anmerkung |
---|---|---|---|
Altenschlirf | × | Amt Altenschlirf | |
Bannerod | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Bermuthshain | 1849 | Vom Landgericht Schotten | |
Crainfeld | 1849 | Vom Landgericht Schotten | |
Dirlammen | 1854 | Vom Landgericht Lauterbach | |
Eichelhain | 1854 | Vom Landgericht Lauterbach | |
Eichenrod | 1854 | Vom Landgericht Lauterbach | |
Engelrod | 1854 | Vom Landgericht Lauterbach | |
Freiensteinau | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Fleschenbach | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Grebenhain | 1849 | Vom Landgericht Schotten | |
Gunzenau | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Heisters | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Herbstein | × | Vom Amt Herbstein | |
Hörgenau | 1854 | Vom Landgericht Lauterbach | |
Holzmühl | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Hopfmannsfeld | 1854 | Vom Landgericht Lauterbach | |
Ilbeshausen | × | Vom Amt Herbstein | |
Landenhausen | × | Vom Amt Altenschlirf; 1828 an das Landgericht Lauterbach | |
Lanzenhain | 1854 | Vom Landgericht Lauterbach | |
Metzlos | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Metzlos-Gehaag | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Nieder-Moos | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Nösberts | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Ober-Moos | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Radmühl | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Reichlos | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Rixfeld | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Rudlos | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Salz | × | Vom Amt Freiensteinau | |
Schadges | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Schlechtenwegen | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Steinfurt | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Stockhausen | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Vaitshain, | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Weidmoos | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Wünschen-Moos | × | Vom Amt Altenschlirf | |
Zahmen | × | Vom Amt Altenschlirf |
Instanziell
Dem Landgericht Altenschlirf übergeordnet war das Hofgericht Gießen und im weiteren Instanzenzug das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Einzelnachweise
- ↑ Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
- ↑ Bekanntmachung, die Zutheilung der Gemeinde Landenhausen, Landgerichts Altenschlirf, zu dem Landgerichte Lauterbach betreffend vom 4. August 1828. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 37 vom 21. August 1828, S. 393.
- ↑ Bekanntmachung, Veränderungen in der Bezirkseintheilung der Landgerichte Altenschlirf und Schotten betreffend vom 22. März 1849. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 18 vom 31. März 1828, S. 135.
- ↑ Bekanntmachung, die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein, und die Zusammensetzung des Landgerichtsbezirks Herbstein betreffend vom 21. Juli 1854. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 26 vom 7. August 1854, S. 263.
- ↑ Bekanntmachung betreffend:
1) die Aufhebung der Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Darmstadt, Waldmichelbach, Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
2) die künftige Zusammensetzung der Stadt- und Landgerichts-Bezirke in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen vom 15. April 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 19 vom 26. April 1854, S. 221–230 (227f); [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10510182_00267.html Bekanntmachung, die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein, und die Zusammensetzung des Landgerichtsbezirks Herbstein betreffend vom 21. Juli 1854. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 26 vom 7. August 1854, S. 263. - ↑ Ziffer 3) Bekanntmachung,
1) die Aufhebung der Großherzoglichen Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
2) die künftige Zusammensetzung der Landgerichts-Bezirke in der Provinz Oberhessen betreffend vom 4. Oktober 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 44 vom 7. Oktober 1853, S. 640–641 (641). - ↑ §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
- ↑ §§ 2, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: . In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.