Aschersleber See
Der Aschersleber See ist ein See im Harzvorland und grenzt an das Stadtgebiet von Aschersleben. In früheren Jahren wurde er auch als Gatersleber See oder Wilsleber See bezeichnet und seit dem Zweiten Weltkrieg von den Einwohnern Ascherslebens auch Junkerssee genannt, da er unmittelbar an ein Werk der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke grenzte.
Geschichte
Vor Beginn unserer Zeitrechnung lag nordwestlich von Aschersleben eine weite Wasserfläche, die bis Gatersleben und kurz vor Quedlinburg reichte und aus deren sumpfiger Oberfläche Inseln und Halbinseln herausragten. Durch den Fisch- und Wildreichtum, sowie das zahlreich vorhandene Schilf an den Ufern des Sees, wurden vor Jahrtausenden Siedler an den See gelockt.
Die im Laufe der Zeit immer mehr zunehmende Verschlammung des Sees bewog den Bischof Burchard von Halberstadt 1446 „die See“ mit frischem Wasser zu füllen. Er ließ in der Nähe Gaterslebens einen hohen Wall errichten und trieb so das Wasser der Selke in das Seebecken. Das Ziel des Bischofs war durch diese Maßnahme den zahlreich um den See liegenden Klöstern jederzeit die beliebte Fastenspeise Fisch zuzuführen. Es wurden dadurch aber große Landbereiche dem Wasser geopfert, unter anderem auch die Dörfer Haseldorf und Hargersdorf. Das Recht des Fischfangs auf dem Aschersleber Gebiet stand dem Rate in Aschersleben zu. Jahrhundertelang blühte so der Fischhandel in Aschersleben und Umgebung.
Dennoch gab es einen jahrelangen Streit um die Fischereirechte am See, indem die Äbtissin des Stifts Gernrode Elisabeth von Weida eine entscheidende Rolle spielte. Als aus dem neuen See Nutzen gezogen werden sollte, beanspruchten das Bistum Halberstadt und das Stift Gernrode jeweils für sich die Fischereirechte. Die Halberstädter führten an, dass sie den See regeneriert hätten, wohingegen die Gernröder anführten, dass der See zu großen Teilen auf Flächen des Stiftes Frose liege und der Äbtissin von Gernrode die Aufsicht zustehe. Darüber hinaus beschwerte sich Frose bei der Äbtissin wegen der durch den See überschwemmten Stiftsäcker und Wiesen. Am 20. Dezember 1510 wurde der Vergleich geschlossen. Die Äbtissin verzichtete auf alle Rechte an dem See zu Gunsten des Bischofs von Halberstadt und des Rates der Stadt Aschersleben.
Um 1700 war dem preußischen König Friedrich I. der Vorschlag unterbreitet worden, das Wasser des Sees abzulassen und dadurch große Strecken fruchtbaren Landes zu gewinnen. Der König befahl trotz massiven Widerstandes aus Aschersleben die Trockenlegung des Sees. Im Jahre 1703 begann man mit der Ableitung des Sees auf Gatersleber Seite und zwei Jahre später auf Aschersleber Seite. Der Aschersleber Rat musste die Kosten dafür übernehmen. Im Jahr 1709 war das Land durch Entwässerungsgräben urbar gemacht. Bei der anstehenden Verteilung des Landes wurde der Stadt Aschersleben kaum ein Viertel des ihr zustehenden Gebietes übertragen. In jener Zeit entstanden auch die Orte Friedrichsaue und Königsaue, die zu Ehren des Königs ihre Namen erhielten. Ein Teil der Seeländereien ist lange Zeit hindurch zur Torfgewinnung benutzt worden.
Nach der Entdeckung von Braunkohlenvorkommen im Raum Aschersleben durch Hugo Sholto Graf von Douglas wurde der Braunkohlenabbau im Tiefbau in der Grube Georg im Jahre 1828 begonnen. Durch die erforderlichen Wasserhaltungsmaßnahmen erfolgte entsprechend der Tagebauentwicklung eine weiträumige Absenkung des Grundwassers. So kam es des Öfteren während des Abbaus der Braunkohle zu Wassereinbrüchen in die Stollen, da der Grundwasserspiegel auf die Stollen drückte. Im Jahre 1920 endete der Aschersleber Braunkohlenbergbau durch Einsturz der Tiefbauhohlräume, der Grundwasserspiegel stieg wieder und es entstand der heutige „Aschersleber“ oder „Wilsleber See“.[1]
In den Jahren 1928 und später dann 1964 mussten die Orte Nachterstedt und Königsaue teilweise oder ganz dem Kohleabbau weichen. Auf dem Gebiet des großen Aschersleber Sees entstanden durch Flutung zweier Tagebaurestlöcher seit 1996 der Concordiasee bei Nachterstedt und der kleinere Königsauer See.[2]
Natur
Im Bereich des Sees gibt es zahlreiche Amphibien und Reptilien. Zu den häufig vorkommenden Amphibien zählen Teichmolch (Lissotriton vulgaris), Bergmolch (Ichthyosaura alpestris), Erdkröte (Bufo bufo) Wechselkröte (Bufotes viridis) sowie Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), Grasfrosch (Rana temporaria) Moorfrosch (Rana arvalis), Teichfrosch (Pelophylax esculentus) und Seefrosch (Pelophylax ridibundus).
Eine Besonderheit ist das Vorkommen von 4 Echsenarten auf engen Raum, was so in Sachsen-Anhalt einmalig ist. So leben im Umkreis des NSG " Wilsleber See" die Blindschleiche (Anguis fragilis), die Mauereidechse (Podarcis muralis), die Waldeidechse (Zootoca vivipara) und die Zauneidechse (Lacerta agilis argus).
Die Mauereidechse (Podarcis muralis) als gebietsfremde Art, geht dabei auf Einschleppung durch den Menschen zurück.
Das warme Klima in Aschersleben begünstigt zudem das Vorkommen weiterer wärmeliebender Arten im direkten Umfeld des Sees. So existiert seit mindestens 2011 eine stabile Population der europäischen Gottesanbeterin (Mantis religiosa).
Des Weiteren leben der Ammen-Dornfinger (Cheiracanthium punctorium), die Wespenspinne (Argiope bruennichi) und die blauflüglige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) auf den Wiesen um den See.
→ siehe auch: Geschichte der Unternehmen der Stadt Aschersleben
Literatur
- Max Frantz: Geschichte der Stadt Aschersleben. Verlag von H.Schwanecke, 1885, S. 47
Weblinks
- Deutsche Fotothek: Karte von der Trockenlegung der Gatterslebischen See bei Aschersleben, Kupferstich, 1757
- Seeland. Vision und Wirklichkeit
- Mineralienatlas - Aschersleber Braunkohlenabbaugebiet
Einzelnachweise
- ↑ Archivlink (Memento vom 4. Januar 2016 im Internet Archive)
- ↑ http://www.bwk-lsa.de/download/seeland.pdf
Koordinaten: 51° 46′ 56″ N, 11° 26′ 14″ O