Konsumverweigerung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. Dezember 2021 um 07:21 Uhr durch imported>Vergänglichkeit(2194253) (→‎Siehe auch: +3).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Konsumkritikerinnen in Berlin, 1999

Konsumverweigerung bezeichnet das Verhalten, den Genuss verfügbarer Güter bewusst zu vermeiden. Sie reicht von der Genügsamkeit bis zur Askese. Sie kann sich auf die gesamte Lebensführung erstrecken, aber auch auf bestimmte Güter (Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnkomfort u. a.) beschränken.

Die Konsumverweigerung ist das wichtigste Element eines einfachen Lebens.

Begründungen

Für eine Konsumverweigerung gibt es demgemäß persönliche, soziale, religiöse, ethische, ökologische, organisatorische, volkswirtschaftliche, aber auch gesellschaftskritische (politische) Begründungen; letztere äußern sich gegenwärtig oft als Kritik an einer konsumfixierten Gesellschaft.

Wirtschaftliche Aspekte

Volkswirtschaftliche Aspekte

Volkswirtschaftlich gesehen ist Konsumverweigerung eine Kaufzurückhaltung der Verbraucher in Reaktion auf bestimmte Geschehnisse oder Lagen, wie etwa als zu hoch empfundene Preise, Zukunftsangst (z. B. angesichts einer steigenden Arbeitslosenquote) oder eine Verunsicherung über die Qualität der Angebote (etwa aufgrund eines Lebensmittelskandals). Auch eine Deflation kann zu Konsumverweigerung führen, da Konsumenten in der Zukunft sinkende Preise erwarten und deshalb Käufe verschieben. Es kann eine Deflationsspirale entstehen.

Betriebswirtschaftliche Aspekte

Durch den technologischen Wandel in der Informationsbeschaffung, größere Aufmerksamkeit der Medien in Bezug auf suspekte Unternehmensaktivitäten und letztendlich das gewachsene Interesse der Konsumenten an sozialen, ethischen und ökologischen Aspekten der Wirtschaft hat der Umgang mit Konsumverweigerung für Unternehmen stark an Bedeutung gewonnen.

Eine spezielle Form ist der Boykott. Dieser kann sich gegen ein einzelnes Produkt, eine Marke oder ein ganzes Unternehmen richten. In der Vergangenheit wurden wegen umweltschädigender Styroporverpackungen Burger King und McDonald's kritisiert, die Brent-Spar-Affäre setzte dem Shell-Konzern Mitte der 1990er Jahre zu. Jüngstes Beispiel ist die Kritik von Greenpeace an den Verwendung findenden Genfuttermitteln, die zur Herstellung von Molkereiprodukten des Unternehmens Müller dienen.

Auch andere Kritikpunkte an Unternehmen führten in letzter Zeit zur bewussten Vermeidung des Kaufes von Produkten einzelner Hersteller, jedoch nicht zwangsläufig auch zum Verzicht auf selbige. So wurde das PC-Spiel „Spore“ auch wegen seiner von Kritikern als ungerecht empfundenen DRM-Maßnahmen besonders oft illegal im Internet heruntergeladen.[1]

Praktische Erscheinungsformen

Das Phänomen der Konsumverweigerung existiert in unterschiedlich starken Ausprägungen wie Konsumzurückhaltung, Konsumeinschränkung bis hin zur Konsumverweigerung. Die Stärke der Reaktanz ist abhängig von der Stärke der erlebten Bedrohung, Einschränkung bzw. der Wichtigkeit der individuellen Freiheit.

Die Auswirkungen können sich auf mentale Effekte beschränken, aber auch Effekte im Habitus des Konsumenten ergeben. Generell lässt sich sagen, dass mentale Effekte Einstellungs- und Attraktivitätsänderungen zu Ungunsten des Reaktanzgegenstandes verursachen. Die persönliche Freiheit oder Meinung erfährt dadurch größere Wichtigkeit und eine innere Aufwertung durch den Verbraucher, meist einhergehend mit einer Verschlechterung des Anbieterimages. Neben dem Meiden des Unternehmens können bei ausreichender Stärke der Reaktanz Verhaltenseffekte auftreten, die sich in Form von negativer Mundwerbung, Widerständen und Protesten äußern.

Auch die große Warenvielfalt und kaum durchschaubare Angebote können Kunden überfordern. Hierdurch kann es ebenfalls zu Konsumeinschränkungen kommen, was dann allerdings unterbewusst abläuft und dementsprechend nicht mehr „echte“ (bewusste, willentliche) Konsumverweigerung darstellt.

Siehe auch

Literatur

  • Markus Schweizer/Thomas Rudolph: Wenn Käufer streiken. ISBN 3-409-12677-5.
  • Saral Sarkar: Ecosocialism or ecocapitalism? A critical analysis of humanity's fundamental choices. London/New York (Zed Books) 1999.
  • J. B. MacKinnon (2021): „Der Tag, an dem wir aufhören zu shoppen. Wie ein Ende der Konsumkultur uns selbst und die Welt rettet“. Penguin Verlag. ISBN 978-3-328-60090-9

Einzelnachweise