Anton Norst

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Anton Norst 1914 als Oberleutnant der Reserve mit Auszeichnungen
Kundmachung 1914
Anton Norst 1937 (während eines Besuchs bei seiner Tochter in Lemberg)

Anton Norst (auch Anton Nußbaum, geboren als Oswald Isidor Nußbaum; * 1. Mai[1] 1859 in Załuże im Bezirk Zbaraż, Kaisertum Österreich; † 11. April 1939 in Wien) war ein österreichischer Beamter, Kommunalpolitiker, Journalist und Autor in der Bukowina.

Leben

Anton Norst wurde als Sohn von Leon Nußbaum, Inhaber eines Vermittlungs- und Plakatierungsbüros, und seiner Frau Esther geboren. Seine jüngere Schwester war die spätere Wiener Reformpädagogin Eugenie Schwarzwald. Seine spätere Namensänderung steht vermutlich im Zusammenhang mit seinem Übertritt von der jüdischen zur katholischen Religion.[2] Nach der Matura am Ersten Staatsgymnasium in Czernowitz 1879[3] und dem einjährig-freiwilligen Militärdienst beim Infanterieregiment Nr. 41 studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Czernowitz und schloss das Studium mit der Promotion zum Dr. iur. ab.[4] Schon während seines Studiums schrieb er für das »Neue Wiener Tagblatt«[5] und trat am 1. Mai 1882 in die Redaktion der regierungsamtlichen »Czernowitzer Zeitung« ein, bei der er 1884 Redakteur für den Lokalteil und das Feuilleton und 1909 Chefredakteur wurde.[4] 1890 begründete er die illustrierte literarische Monatsschrift »Im Buchwald«, die er eineinhalb Jahre bis zu ihrer Einstellung 1891 herausgab.

Seit 1892 war er Beamter in der Stadtverwaltung von Czernowitz. 1897 wurde er als Universitäts-Sekretär (spätere Amtsbezeichnung: Kanzleidirektor) Leiter der Universitätsverwaltung an der Franz-Josef-Universität Czernowitz. Am 17. August 1912 verlieh ihm der Kaiser den Titel Regierungsrat.[6] Neben seiner dienstlichen Tätigkeit verfasste Norst zahlreiche Festschriften und Gelegenheitsdichtungen wie Prologe sowie Gedichte, Erzählungen, Humoresken und Rezensionen, die meist in Zeitungen und Zeitschriften der Bukowina abgedruckt wurden. Mehrere seiner Lieder wurden von verschiedenen Komponisten vertont, sein 1916 verfasstes patriotisches „Lied der Bukowiner Gendarmen“ von Franz Lehár.[7]

1900 wurde Norst erstmals in den Gemeinderat von Czernowitz gewählt, dem er bis zu dessen kriegsbedingter Auflösung 1914 angehörte.[2] Hier war er von 1904 bis 1914 Vorsitzender der für den Entwurf des städtischen Haushalts zuständigen Präliminarkommission, engagierte sich aber auch besonders für die Förderung des Fremdenverkehrs und die Armenfürsorge[4][8], redigierte das städtische Mitteilungsblatt, die seit 1898 wöchentlich erscheinende »Czernowitzer Gemeindezeitung«[9], und vertrat die Stadt beim österreichischen Städtetag.[10] Am 11. April 1912 beschloss der Gemeinderat einstimmig, ihn zum Ehrenbürger der Stadt Czernowitz zu ernennen.[8][11] Zuvor hatte ihm schon der Kurort Dorna-Watra wegen seiner Verdienste um den Fremdenverkehr die Ehrenbürgerschaft verliehen.[12] Er war in zahlreichen Vereinen und Ehrenämtern aktiv; unter anderem war er Mitbegründer, Vorsitzender und Ehrenmitglied des Journalisten- und Schriftstellervereins der Bukowina.[13]

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 war Czernowitz vorübergehend von russischen Truppen besetzt. Norst blieb während dieser Zeit in der Stadt. Nach der Rückeroberung durch österreichische Truppen wurde er am 22. Oktober 1914 vom Stadtkommandanten als Regierungskommissär eingesetzt und führte bis zur Rückkehr des Vizebürgermeisters am 30. Oktober die Geschäfte der Stadt.[14] Im weiteren Verlauf des Krieges diente er als Hauptmann der Reserve in der Landwehr beim Landesgendarmeriekommando Nr. 13 in Czernowitz.[15] Im Frühjahr 1918 wirkte er an der Wiedereröffnung der während des Krieges nach Wien ausgelagerten Universität mit. Nach dem Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie und dem Anschluss der Bukowina an Rumänien gab Norst Ende Juli 1919 sein Amt als Leiter der Universitätskanzlei auf, da die Czernowitzer Universität nunmehr rumänischsprachig statt deutschsprachig wurde,[16] und übersiedelte nach Wien, wo er im Unterrichtsministerium und 1920–1922 bei der Statistischen Zentralkommission tätig war. 1921 erhielt er den Titel eines Hofrats. Im Ruhestand arbeitete er an einer Geschichte des deutschen Theaters in der Bukowina, die nicht mehr erschienen ist.[17] Sein Grab befindet sich auf dem Hietzinger Friedhof.

Familie

Anton Norst war verheiratet mit Olga geb. Weckenmann (1869–1948), mit der er die Tochter Elisabeth Friederike (genannt Else, 1892–1969) und den Sohn Anton Heinrich (1900–1974) hatte. Else Norst absolvierte nach der Matura am I. Staatsgymnasium in Czernowitz 1910[3] ein naturwissenschaftliches Studium an den Universitäten Czernowitz und Wien, das sie mit der Promotion bei dem Mathematiker Hans Hahn abschloss.[18] Sie unterrichtete an dem von Marianne Hainisch begründeten Mädchenrealgymnasium Albertgasse in Wien[19] und heiratete 1921 den polnischen Physiker Wojciech Rubinowicz. Anton Heinrich Norst war Jurist und der Vater von Marlene Norst.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

Anton Norst: Gedicht zur Hundertjahrfeier des Staatsgymnasiums Czernowitz
  • Der Kronprinz in der Bukowina, 1887.
  • Gut Heil. Festschrift des Allgemeinen Turnvereins Czernowitz, 1892
  • Am Pruth. Patriotische Klänge aus der Bukowina, 1893.
  • Alma Mater Francisco-Josephina. Festschrift zum 25-jährigen Bestande der Universität. Universitäts-Buchhandlung H. Pardini (Engel & Suchanka), Czernowitz 1900.
  • Jubiläumsschrift der Akademischen Lesehalle in Czernowitz, 1900.
  • Der Verein zur Förderung der Tonkunst in Bukowina 1862–1902, 1903.
  • Zur Geschichte des Czernowitzer Theaters, 1904
  • Der Musen Einzug, Festspiel zur Eröffnung des neuen Stadttheaters in Czernowitz, 1905.
  • Dem k. k. I. Staats-Gymnasium in Czernowitz zur Jahrhundertfeier 1808–1908 (Musik von Eusebius Mandyczewski)

Literatur

  • Nußbaum, Oswald Isidor. In: Franz Brümmer: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5: Minuth–Risch. 6. Auflage, Ph. Reclam jun., Leipzig 1913, S. 162.
  • Norst, Anton. In: Hans Giebisch, Gustav Gugitz: Bio-bibliographisches Literaturlexikon Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Brüder Hollinek, Wien 1964, S. 281.

Weblinks

Commons: Anton Norst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • E. Beck: Norst, Anton. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 152.
  • Markus Winkler: Anton Norst in: Digitale Topographie der multikulturellen Bukowina/Personen, abgerufen am 3. Dezember 2020 (mit Foto des Wohnhauses in der Josefgasse 2, heute vul. Ukrainiska 32).

Einzelnachweise

  1. Das Österreichische Biographische Lexikon nennt abweichend von allen anderen Quellen den 30. April als Geburtsdatum.
  2. a b Regierungsrat Dr. Norst. In: »Czernowitzer Allgemeine Zeitung und Czernowitzer Tagblatt«, Nr. 529 vom 4. Mai 1919, S. 3 (online bei ANNO)
  3. a b Geneasearch Czernowitz, Suche nach „Norst“.
  4. a b c d e f Moritz Stekel: Dr. Anton Norst. In: »Bukowinaer Post«, Nr. 2838 vom 1. Mai 1912, S. 1–2 (Gratulationsartikel zum 30-jährigen Jubiläum als Journalist, mit biographischen Angaben, online bei ANNO)
  5. Journalist, Regierungskommissär und Hofrat a. D. Lebenslauf eines alten Oesterreichers. In: »Neues Wiener Journal« Nr. 12734 vom 5. Mai 1929 (online bei ANNO) (Artikel zum 70. Geburtstag)
  6. a b Czernowitzer Angelegenheiten. In: »Czernowitzer Allgemeine Zeitung«, Nr. 2574 vom 23. August 1912, S. 3 (online bei ANNO)
  7. Schaffung eines Fondes „Heldendank“ in der Bukowina. In: »Czernowitzer Tagblatt«, Nr. 3770 vom 16. Februar 1916, S. 3 (online bei ANNO)
  8. a b Czernowitzer Angelegenheiten. In: »Czernowitzer Allgemeine Zeitung«, Nr. 2484 vom 4. Mai 1912, S. 3 (online bei ANNO)
  9. Robert Kootz: Gemeindezeitungen in Deutschland und Oesterreich. In: »Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft«, Bd. 65 (1909), Heft 1, S. 133–139, hier S. 138.
  10. Siebzigster Geburtstag des Hofrates Dr. Norst. In: »Neues Wiener Journal« Nr. 12727 vom 28. April 1929, S. 24 (online bei ANNO)
  11. Nicht, wie in der Literatur gelegentlich zu lesen, der Universität. Das bei „Digitale Topographie der multikulturellen Bukowina“ unter Berufung auf die »Bukowinaer Post« vom 16. April 1912 angegebene Datum 13. April ist falsch; der Bericht über die Gemeinderatssitzung in der »Bukowinaer Post« vom 14. April 1912, S. 3-4 gibt das richtige Datum.
  12. Raimund Fr. Kaindl: Anton Norst. In: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 16. Dezember 1928, S. 32, abgerufen am 1. Juni 2021.
  13. Dreißigjähriges Journalistenjubiläum. In: »Czernowitzer Allgemeine Zeitung«, Nr. 2482 vom 1. Mai 1912, S. 3 (online bei ANNO)
  14. Hofrat Barleon nach Czernowitz zurückgekehrt. In: Westungarischer Grenzbote, 7. November 1914, S. 2
  15. a b Hauptmann Dr. Norst – ausgezeichnet. In: »Czernowitzer Tagblatt«, Nr. 3869 vom 26. Mai 1916, S. 3 (online bei ANNO)
  16. Abschied von den deutschen Universitätsprofessoren. In: »Czernowitzer Allgemeine Zeitung und Czernowitzer Tagblatt«, Nr. 598 vom 27. Juli 1919, S. 4 (online bei ANNO)
  17. Ernst Neuborn: Dr. Anton Norst 70 Jahre. In: Czernowitzer Morgenblatt. 23. April 1929, S. 9, abgerufen am 2. Juni 2021.
  18. Interview of Wojciech Rubinowicz by John L. Heilbron and T. Kahan on 1963 May 18, Niels Bohr Library & Archives, American Institute of Physics, College Park, MD USA.
  19. Jahresbericht des Vereins für realgymnasialen Mädchenunterricht, Wien, VIII. Bez., Albertgasse 38. VII. Vereinsjahr 1918/19, S. 24 (online bei ANNO)
  20. Verordnungsblatt für die k. k. Landwehr Nr. 185 vom 17. November 1917, abgedruckt im Feldblatt Nr. 1114 vom 18. November 1917, S. 4 (online bei ANNO)