Judith Kerr

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Judith Kerr (2016)

Judith Kerr OBE (* 14. Juni 1923 in Berlin; † 22. Mai 2019 in London) war eine britische Illustratorin und Schriftstellerin deutscher Herkunft.

In Deutschland wurde sie vor allem durch ihre Jugendbücher bekannt. Darin beschrieb sie die Flucht ihrer jüdischen Berliner Familie 1933 aus dem NS-Staat über verschiedene Länder bis nach England und ihr Leben im Exil ab 1933.

Leben

Judith Kerr war die Tochter des Theaterkritikers Alfred Kerr und dessen Frau, der Komponistin Julia Kerr, geborene Weismann, sowie die Schwester von Michael Kerr. Im Jahr 1933 floh die Familie Kerr, da sie in Deutschland verfolgt wurde, über die Schweiz nach Frankreich, wo Judith zwei Jahre die Schule besuchte und Französisch lernte.[1] 1935 zog die Familie nach England, wo sie in London zunächst in einem kleinen Hotel wohnte.[2]

Kerr besuchte die Central School of Arts and Crafts. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete sie beim Roten Kreuz. Nach dem Krieg war Kerr als Redakteurin und Lektorin für den Sender BBC tätig, wo sie ihren Mann, den britischen Fernsehautor Nigel Kneale, kennenlernte, mit dem sie von 1954 bis zu seinem Tod im Jahr 2006 verheiratet war. Gleichzeitig illustrierte sie als freiberufliche Malerin und Textdesignerin zahlreiche Kinderbücher, darunter das von ihr selbst verfasste Ein Tiger kommt zum Tee.

Die Schauspielerin und Malerin Tacy Kneale und der Schriftsteller Matthew Kneale sind ihre Kinder.

Judith Kerr war Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Sie lebte seit 1935 in London, wo sie im Mai 2019 im Alter von 95 Jahren nach kurzer Krankheit starb.[3]

Schriftstellerische Tätigkeit

Im Jahr 1971 veröffentlichte Kerr Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Hier wie in den beiden folgenden Büchern Warten bis der Frieden kommt (1975) und Eine Art Familientreffen (1979) beschrieb sie die Flucht ihrer Familie aus dem nationalsozialistischen Deutschland.

Neben diesen drei Romanen veröffentlichte Kerr in England weitere Erzählungen, die nicht alle in Deutschland veröffentlicht wurden, vor allem aber von ihr selbst illustrierte Bilderbücher, darunter 17 Bände mit Geschichten über den Kater Mog. Des Weiteren arbeitete sie als Autorin für die BBC in London und publizierte in englischer Sprache.

In England wurde sie durch ihre Bilderbücher berühmt, vor allem Ein Tiger kommt zum Tee (1968), das 2019 verfilmt wurde, und die Serie mit dem Kater Mog.[4] Sie liebte es nach eigenen Angaben, Geschichten durch Bilder zu erzählen.[4] Mit Worten sei sie nicht nur aus Rücksichtnahme auf die Schwierigkeiten des Lesenlernens sparsam, sondern dies sei auch auf Stilideale aus ihrer Kindheit zurückzuführen, unter anderem Die Abenteuer des Tom Sawyer.[4] Als ihr Vorbild nannte sie den Kinderbuchautor Dr. Seuss.[4]

Zu ihren Lebzeiten wurden Kerrs Bücher in 25 Sprachen übersetzt und in insgesamt über zehn Millionen Exemplaren verkauft.[5]

Werke (Auswahl)

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl (Ausgabe 2002, ohne die Titelzeichnung von Judith Kerr)
Buddy Bär vor der Judith-Kerr-Schule in Berlin-Schmargendorf

Rosa Kaninchen-Trilogie

  • Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Übersetzung von Annemarie Böll. Erstausgabe. Maier Verlag, Ravensburg 1973, ISBN 3-473-35007-9. Neuausgabe: Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2008, ISBN 978-3-473-54321-2 (auch von Martin Held als Hörbuch gelesen).
    • Original: When Hitler Stole Pink Rabbit. Puffin Books, New York 1971, ISBN 0-14-241408-5.
  • Warten bis der Frieden kommt (The other way round, später auch unter dem Titel Bombs on Aunt Dainty). Deutsch von Annemarie Böll. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2004, (1. Aufl. 1975) ISBN 3-473-58004-X.
  • Eine Art Familientreffen (A small person far away). Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2004 (1. Aufl. 1979), ISBN 3-473-58005-8.

Sonstige

  • Mog, der vergessliche Kater (Mog, the forgetful cat). Maier, Ravensburg 1977 (1. Aufl.), ISBN 978-3-473-33633-3
  • Mog und das Baby (Mog and the Baby). Maier, Ravensburg, 1981 (1. Aufl.), ISBN 978-3-473-33652-4
  • Mog feiert Weihnachten. Maier, Ravensburg 1983
  • Ein Tiger kommt zum Tee (The Tiger who came to tea). Maier, Ravensburg 1990 (1. Aufl. 1979), ISBN 3-473-33641-6.
  • Eine eingeweckte Kindheit. Argon, Berlin 1990.
  • … und da war die Arche weg (When Mrs. Monkey lost the ark). Maier, Ravensburg 1993, ISBN 3-473-33479-0.
  • Judith Kerr’s Creatures. Harper Collins Children’s Books, London 2013.
    • Geschöpfe: Mein Leben und Werk. Übersetzung Ute Wegmann. edition memoria, Hürth Rheinl. 2018, ISBN 978-3-930353-37-8.
  • Ein Seehund für Herrn Albert. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-7373-5445-5.
  • Katinka’s Tail. Harper Collins, London 2017.
  • The Curse of the School Rabbit. Harper Collins, London 2019.

Würdigungen

Für ihre Bücher wurde Kerr mit vielen Preisen ausgezeichnet; unter anderem erhielt sie 1974 den Deutschen Jugendliteraturpreis für Als Hitler das rosa Kaninchen stahl.

Die Judith Kerr Primary School in London sowie Grundschulen in Berlin-Schmargendorf[6] und Frankfurt-Riedberg[7] tragen ihren Namen.

2012 wurde Kerr “for services to children’s literature and holocaust education” zum Officer of the Order of the British Empire ernannt.[8]

Am 25. Dezember 2019 kam der Film Als Hitler das rosa Kaninchen stahl der Regisseurin Caroline Link in die deutschen Kinos.

Literatur

  • Birgitta Reddig-Korn, Gabriele Runge, Judith Kerr: Materialien zur Unterrichtspraxis: Judith Kerr, „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“. Ravensburger Buchverlag, 1991, ISBN 3-473-98292-X.
  • Astrid van Nahl: Die Frau, der Hitler das rosa Kaninchen stahl. Erste Biographie über Judith Kerr. wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2019. ISBN 978-3-8062-3929-4.

Weblinks

Commons: Judith Kerr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Thomas Kielinger: „Ich bin keine Schriftstellerin“. Interview in: Die Literarische Welt, 8. Juni 2013, S. 7
  2. Deborah Vietor-Engländer: Alfred Kerr. Die Biographie. Rowohlt, Reinbek 2016.
  3. Claire Armitstead: Judith Kerr, beloved author of The Tiger Who Came to Tea, dies aged 95. theguardian.com, erschienen und abgerufen am 23. Mai 2019
  4. a b c d Lothar Müller: Das rote Zimmer. Wie man wenig Worte macht und viel sagt. Eine Begegnung mit der Kinderbuchautorin Judith Kerr in Berlin. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 216, 17./18. September 2016, S. 21.
  5. Obituary: Judith Kerr died on May 23rd. The Economist, 6. Juni 2019, abgerufen am 12. Juni 2019
  6. Judith-Kerr-Grundschule in Berlin
  7. judithkerrschule.de, abgerufen am 30. Januar 2022
  8. O.B.E., thegazette.co.uk, 16. Juni 2012, abgerufen am 23. Mai 2019