Toshka-Projekt
Als Toshka-Projekt (auch Südägyptisches Entwicklungsprojekt, englisch South Egypt Development Project) wird ein Vorhaben der ägyptischen Regierung bezeichnet, das die Wüste im Südwesten des Landes durch Bewässerung für die Landwirtschaft nutzbar machen soll. Große Wassermengen werden aus dem Nasser-Stausee in einen Kanal gepumpt und in einen Wüstenstreifen parallel zum Nil geleitet.
Ziele
Hauptziel ist es, das Niltal, in dem fast die gesamte Bevölkerung Ägyptens auf rund 5 % der Landesfläche lebt, zu entlasten. Durch das starke Bevölkerungswachstum und durch Erosion wird dort die landwirtschaftliche Nutzfläche immer geringer. Zunächst sollen im neuen Tal vorwiegend eine exportorientierte Landwirtschaft und Viehzucht betrieben werden, später, begünstigt durch reiche Rohstoffvorkommen in diesem Gebiet, auch Bergbau und Metallindustrie, Fischzucht sowie Tourismus. Als Infrastruktur sind neben bereits vorhandenen Straßen später auch Schienenwege geplant. Strom liefert der Assuan-Staudamm. Bis 2017 sollten durch das Toshka-Projekt auf einer Fläche von 420.000 Hektar Arbeitsplätze und Wohnungen für 3 Mio. Menschen entstehen. Die Siedlungsfläche Ägyptens soll auf diese Weise von momentan 5 % der Landesfläche auf über 20 % vergrößert werden.
Mubarak-Pumpstation
Zentrum des Projekts ist die Mubarak-Pumpstation (
), die das Wasser des Nasser-Stausees über 50 m hoch in den Scheich-Zayid-Kanal pumpt. Die Pumpstation, etwa 60 Kilometer nördlich von Abu Simbel direkt am Nasser-See gelegen, besteht aus einer Beton-Konstruktion und ist etwa 30 m breit, 140 m lang und 60 m hoch und beherbergt 24 vertikale Pumpen. 18 davon sollen ständig in Betrieb sein, während je drei Pumpen gewartet, bzw. in Reserve gehalten werden. 25 Mio. m³ Wasser werden dem See auf diese Weise täglich entnommen. Damit ist die Mubarak-Pumpstation die größte Anlage ihrer Art weltweit. Sie wurde am 12. Januar 2003 offiziell eingeweiht, jedoch erst später in Betrieb genommen, da der Scheich-Zayid-Kanal zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollendet war.
Scheich-Zayid-Kanal
Zweites Schlüsselelement des Projekts ist der Scheich-Zayid-Kanal. Trotz der wohl vor allem im Sommer enormen Verdunstung wurde der Kanal einer Pipeline vorgezogen, wahrscheinlich auf Grund der großen zu transportierenden Wassermenge von rund 25 Millionen Kubikmetern/Tag. Das entspricht dem Inhalt einer mittelgroßen deutschen Talsperre. Der Hauptkanal mit ca. 35 m Breite führt vom Nasser-See zunächst 50 Kilometer westwärts in die Wüste. Dort verzweigt er sich nach Westen und Süden hin in vier ca. 25 m breite Nebenkanäle, die jeweils große Flächen von etwa 40.000 ha bis 80.000 ha mit Wasser versorgen sollen. Der 8 m tiefe Kanal besteht aus einer Zement-Sand-Mischung, die mit einer Beton-Schicht sowie einer Polyethylen-Schicht und zusätzlich einem Schutzanstrich versiegelt wird. Der hohe Aufwand wird getrieben, um die Versickerung von Wasser zu verhindern. Die Bewässerung der landwirtschaftlich genutzten Flächen erfolgt vorzugsweise mit einer Wasser sparenden Tröpfchenbewässerung, aber auch großflächige Beregnung ist anzutreffen. Die bisher angelegten Flächen haben, verglichen mit den winzigen Fellachenstücken im Niltal, betriebswirtschaftlich sinnvolle Größen. Häufig sind Beregnungsflächen mit jeweils ca. 800 m Durchmesser anzutreffen, sie erfordern allerdings einen erheblichen Kapitaleinsatz.
Finanzierung
Finanziert wird das Projekt von der ägyptischen Regierung, die die Infrastruktur zur Verfügung stellt, sowie mit privaten Geldern aus Saudi-Arabien und aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Allein der von Ägypten finanzierte Bau der Mubarak-Pumpstation hat etwa 560 Mio. US-Dollar gekostet. Hohe Investitionen hat auch der saudische Prinz al-Walid ibn Talal mit seiner Kingdom Agricultural Development Company (KADCO) getätigt. Scheich Zayid, ehemaliger Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate, hat für den Bau des nach ihm benannten Kanals etwa 100 Mio. US-Dollar bereitgestellt. Insgesamt wird bis 2017 mit Kosten in Höhe von über 60 Mrd. Euro gerechnet.
Probleme
Das Toshka-Projekt ist nicht nur in Ägypten heftig umstritten. Kritiker befürchten, die Böden in den bewässerten Gebieten könnten versalzen und somit unfruchtbar werden. Überhaupt gibt es über die Fruchtbarkeit der Böden in diesem Gebiet unterschiedliche Ansichten, eventuell muss also mit viel Kunstdünger nachgeholfen werden, um die gewünschten Erträge zu erreichen. Auch muss wegen des Projekts der Wasserverbrauch in den anderen Landesteilen verringert werden, da Ägypten mit 55,5 Mrd. Kubikmeter jährlich nur eine begrenzte Menge Nilwasser zusteht. Diese Menge wird schon jetzt überschritten, was zu Problemen mit anderen Nilanrainerstaaten wie dem Sudan führen kann.
Stand der Dinge
Momentan sind sowohl die Pumpstation als auch der Kanal fertiggestellt. Einige Gebiete werden bereits bewirtschaftet (8.400 Hektar von geplanten 175.000 Hektar), während andere noch vorbereitet werden. Hauptsächlich werden Tafeltrauben und Melonen angebaut. Auf dem europäischen Markt erfolgreich sind die Kartoffeln, die hier praktisch ständig angebaut werden können, womit man sich also dem europäischen Saisongefälle entziehen kann. Auch scheint die Bodenqualität besser als erwartet zu sein. Allerdings sind unabhängige Informationen schwer zu erlangen, da Ägypten das Projekt als Prestigevorhaben betrachtet und wohl keine kritischen Fakten veröffentlicht. Im Jahr 2022 soll das verfügbare Nilwasser fast ausschließlich zur Weiterführung des Toshka-Projekts genutzt werden.
Siehe auch
Weblinks
- Susanne Heise: Das Toshka-Projekt. Ernst Klett Verlag, 5. September 2017, abgerufen am 3. Februar 2021.
- Toshka Project – Mubarak Pumping Station. Abgerufen am 3. Februar 2021 (englisch).
- Egypt's new Nile Valley: grand plan gone bad. The National, 22. April 2012, abgerufen am 3. Januar 2021 (englisch).
Koordinaten: 23° 0′ 33,9″ N, 31° 30′ 53,3″ O