Gefiederte Dinosaurier
Gefiederte Dinosaurier sind alle Arten aus der Klade Dinosaurier, die Federn besitzen. Während dies alle Arten Vögel (Aves) einschließt, gibt es eine Hypothese, dass viele Arten von Nicht-Vogel-Dinosauriern auch Federn in irgendeiner Form besaßen.
Bereits seit dem ersten Fund des Urvogels Archaeopteryx im Solnhofener Plattenkalk im Jahre 1861 existiert Evidenz, dass die Vögel aus Dinosauriern hervorgingen. Weitere Fossilien, die diese Entwicklung aufzeigen, waren bis ins 20. Jahrhundert äußerst selten. Erst in den 1990er Jahren wurde der Fossilbefund in der Entwicklungslinie von den theropoden Dinosauriern zu den Vögeln durch eine Reihe von Funden gefiederter Nicht-Vogel-Dinosaurier und früher Vögel in der Volksrepublik China bereichert.
Hintergrund und Geschichte
Archaeopteryx stellt ein Mosaik sowohl aus Merkmalen der Saurier als auch der Vögel dar. Zu den Sauriermerkmalen gehören etwa der lange Schwanz, der saurierähnliche Brustgürtel, die bezahnten Kiefer oder auch die Bauchrippen. Vogeltypisch sind vor allem die Flügel mit den Federn, aber auch die Beine mit einem speziellen Gelenk, dem Intertarsalgelenk, in der Fußwurzel. Dieses Merkmalsgefüge erhärtete die Vermutung über die Abstammung der Vögel von den Dinosauriern und stellte somit ein wesentliches Beweisstück für die damals gerade erst drei Jahre alte Evolutionstheorie von Charles Darwin dar. Archaeopteryx blieb jedoch das einzige Tier, das eine Verbindung zwischen Vögeln und Dinosauriern darstellte und so blieben viele Theorien, besonders über die Entwicklung des Fluges und der dafür konstruierten Federn, unbewiesen.
Archaeopteryx hatte bereits Federn, die in Aufbau und Funktion den Federn heutiger Vögel entsprachen. Diese so genannten Konturfedern bestehen aus einem zentralen Schaft, von dem kleinere Seitenäste abgehen. Diese Ästchen sind untereinander verhakt und erhalten auf diese Weise Stabilität. Außerdem sind sie asymmetrisch und bilden gemeinsam mit benachbarten Federn eine Tragfläche, die beim Abschlag luftundurchlässig und beim Aufschlag luftdurchlässig wird. Da auch die Flügel des Archaeopteryx so aufgebaut waren, besteht heute weitgehend Einigkeit über die Flugfähigkeit dieses Urvogels. Wie und ob sich diese Federn aus Reptilienschuppen entwickelt haben könnten, war bislang jedoch nur Gegenstand von Spekulationen. Siehe auch: Evolution der Vogelfeder.
1996 stießen Forscher in den Sedimenten der Jehol-Gruppe in der chinesischen Provinz Liaoning auf ein Fossil, das den Beginn einer Reihe spektakulärer Funde darstellen sollte. Dieses Dinosaurierfossil, ein Theropode mit dem Namen Sinosauropteryx, hatte eine Kontur aus fädigen Strukturen. Auch spätere Fossilien der gleichen Region wie Caudipteryx, Sinornithosaurus und besonders Beipiaosaurus zeigten ähnliche körperumhüllende Fasern, die sich später als daunenartige Strukturen aus mehreren Filamenten mit einem gemeinsamen Ursprungspunkt herausstellten. Daneben fanden sich auch besonders an den Vorderbeinen und am Schwanz Elemente mit einem zentralen Schaft und symmetrisch angeordneten Nebenästen. Eine Versteifung fehlte diesen Federn allerdings. Entsprechend waren sie nicht als Fluginstrumente nutzbar, sie dienten wahrscheinlich eher der Wärmeisolation des Körpers. Aufgrund von Funden des Oviraptor in eindeutiger Brutposition auf einem Gelege war bereits bekannt, dass diese Sauriergruppe gleichwarm gewesen sein muss. Eine isolierende Federschicht bestätigt diese Annahme.
Damit ist die Evolution der Federn und des Vogelfluges zwar nicht vollständig geklärt, die Lücken sind jedoch wesentlich kleiner geworden als sie noch vor 1996 waren. Doch auch zum Verständnis der weiteren Evolution der Vögel hin zu den modernen Vertretern haben die chinesischen Fossilien etwas zu bieten. Anfang des Jahres 2001 wurde vom Fund eines Vogelfossils mit dem Namen Apsaravis in der Zeitschrift Nature berichtet. Seit dem Fund des Ichthyornis 1870 ist kein so naher Verwandter rezenter Vögel mehr gefunden worden.
Abweichende Meinungen
Einige amerikanische Paläornithologen wie Alan Feduccia interpretieren die Beziehungen zwischen Vögeln und Dinosauriern abweichend; sie meinen, die Vögel hätten sich schon vor den Dinosauriern von den Archosauriern abgespaltet.
So habe Archaeopteryx vor 150 Mio. Jahren schon Konturfedern gehabt wie die heutigen Vögel, einige wesentlich spätere Arten der Theropoden wie Caudipteryx oder Protarchaeopteryx, die für Vorfahren der Vögel gehalten werden, hätten aber wesentlich primitivere Federn gehabt. Das sei besser damit zu erklären, dass diese angeblichen Theropoden Nachkommen flugunfähig gewordener Vögel seien, wofür sie den Ausdruck „Nichtvogeldinosaurier“ prägen.
Ihre Studie aus dem Jahr 2005 kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei den körperumhüllenden Fasern, die einige der in der Jeholgruppe gefundenen Theropoden aufweisen, nicht um Federn, sondern um Bindegewebe in Form von Collagenfasern handele.
Schließlich wenden sie ein, dass die Finger der Theropoden sich aus den Fingern I–III entwickelt hätten, bei den Vögeln hätten sich diese aber aus den Fingern II–IV entwickelt.
Die Mehrheit der Paläontologen teilt die Auffassung Feduccias aber nicht.
Weblinks
- Nadja Podbregar: Streit um Archaeopteryx und Co. - Auf der Suche nach dem „Missing Link“ zwischen Dinosauriern und Vögeln. auf: scinexx.de (Stand: 13. August 2010)
- Carl Zimmer: Wie die Natur die Feder erfand. auf: Spiegel online. Veröffentlicht am 6. Februar 2011
- Archaeopteryx, ancient birds, and dinosaur-bird relationships. (Memento vom 25. November 2011 im Internet Archive)
- Stephen Czerkas: Are Birds Really Dinosaurs? Essay. (PDF; 3,4 MB)
- Sensationsfund in China: Neuer Dinosaurier konnte wohl fliegen. In: chip.de. 2. Mai 2017 (nach Michael Pittman et al in Nature). Name: „Jianianhualong tengi“
Literatur
- Michael J.Benton, Danielle Dhouailly, Baoyu Jiang, Maria McNamara: The Early Origin of Feathers. In: Trends in Ecology and Evolution. Volume 34, Issue 9, September 2019, S. 856–869, doi:10.1016/j.tree.2019.04.018.
- Z. Zhou: The origin and early evolution of birds: discoveries, disputes and perspectives from fossil evidence. In: Naturwissenschaften. 91, 2004, S. 455–471 (Volltext; PDF; 396 kB).