Holcim

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. Mai 2022 um 09:41 Uhr durch imported>Nightflyer(141348) (→‎Geschichte: linkfix).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Holcim AG[1]

Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN CH0012214059
Gründung 1912/2001 (Holding)
Sitz Zug, Schweiz Schweiz
Leitung Jan Jenisch
(Vorsitzender der Geschäftsleitung)
Beat Hess
(VR-Präsident)[2]
Mitarbeiterzahl 67'409[3]
Umsatz 23,1 Mrd. CHF[3]
Branche Baustoffe
Website www.holcim.com
Stand: 31. Dezember 2020
Holcim-Werk in Dotternhausen (2019)
Logo der Marke Lafarge
Datei:Holcim Logo.svg
Logo der Marke Holcim
Luftbild des Steinbruchs des Zementwerks Dotternhausen

Die Holcim AG mit den Marken Holcim und Lafarge gehört zu den grössten Baustoffproduzenten der Welt und hat ihren Hauptsitz in Zug in der Schweiz.

Der Name Holcim leitet sich aus dem früheren Unternehmensnamen Holderbank (nach dem gleichnamigen Ort) und vom französischen Substantiv ciments für Zement ab.

Am 7. April 2014 teilten Holcim und Lafarge mit, einen «Zusammenschluss unter Gleichen durch Aktientausch» anzustreben. Der neue Synergien nutzende Konzern LafargeHolcim hat seinen Sitz in der Schweiz, fast 140.000 Mitarbeiter und über 30 Mrd. Euro Jahresumsatz.[4][5] Die Fusion der beiden Unternehmen wurde am 14. Juli 2015 mit der Umbenennung der Holcim Ltd. in LafargeHolcim Ltd. und der zusätzlichen Notierung der Aktien an der Euronext Paris abgeschlossen.[6] Die Forbes Global 2000 des Jahres 2020 benannte LafargeHolcim als das 280. grösste börsenorientierte Unternehmen der Welt.[7] Im Jahr 2021 wurde der Konzern wieder auf den alten Namen umbenannt.

Geschichte

Im Dorf Holderbank im Kanton Aargau in der Schweiz wurde das Unternehmen 1912 als Aargauische Portlandcementfabrik Holderbank-Wildegg gegründet.[8] In den 1920er Jahren – bereits unter dem Firmennamen Holderbank respektive Holderbank Cement und Beton (HCB) bekannt – expandierte es nach Europa und 1927 nach Ägypten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Beteiligungen im nord- und südamerikanischen Raum hinzu, ab den 1970er Jahren auch solche in Asien. Seit 1958 ist der Konzern börsennotiert. Anfang 2005 übernahm Holcim für insgesamt etwa 3,5 Milliarden Euro die britische Aggregate Industries und die indische ACC-Gruppe. 2005 begann eine strategische Allianz mit Cemento de El Salvador, die 2010 übernommen wurde. Die Familiendynastie Schmidheiny besitzt seit Oktober 2011 mehr als 20 % der Aktien.[9]

Holcim war 2005, 2006 und 2007 Leader of Industry im Dow Jones Sustainability Index und hat sich verpflichtet, bis 2010 den konzernweiten Ausstoss von Kohlendioxid gegenüber 1990 um 20 Prozent zu senken. Für das Verhalten der neu zugekauften indischen Tochtergesellschaft wurde Holcim allerdings 2008 für den Public Eye Awards (siehe Public Eye on Davos) nominiert. Dem Konzern wurde damals vorgeworfen, sich in Indien nicht an die Mindestlöhne zu halten, zweifelhafte Methoden beim Ankauf von Land anzuwenden sowie die Preise für Zement in die Höhe zu treiben.[10]

Im Jahr 2016 gab es erste Berichte, wonach Lafarge vor der Fusion mit Holcim in den Jahren 2013 und 2014 Schutzgeld an den Islamischen Staat (IS) gezahlt hatte, um so ein Zementwerk in Syrien vor der Schliessung und eventuellen Einnahme des IS zu schützen.[11] Das Werk wurde im September 2014 geschlossen und die Mitarbeiter evakuiert. Nach einer internen Untersuchung der Geschehnisse in Syrien, gab LafargeHolcim im März 2017 zu, dass in Syrien Gelder an „Dritte“ geflossen sind um den Betrieb aufrechterhalten zu können, sowie den Mitarbeitern sicheren Zugang zum Werk zu gewährleisten. Die Empfänger der Gelder seien jedoch nicht mehr genau ermittelbar.[12] Man gab auch an, dass die getroffenen Massnahmen „nicht akzeptierbar“ gewesen seien.[13] Im Zusammenhang mit der Syrienaffäre gab LafargeHolcim im April 2017 bekannt, dass Eric Olsen (CEO) im Juli des Jahres das Unternehmen verlassen wird.[14] Im Mai wurde ausserdem bekannt gegeben, dass Jan Jenisch, zuvor CEO der Sika AG, zum 16. Oktober 2017 den Posten als CEO übernimmt[15].

An der Generalversammlung vom 4. Mai 2021 haben die Aktionäre die beantragte Umfirmierung des Holdingnamens von LafargeHolcim Ltd. in Holcim Ltd. genehmigt. Der neue Holdingname wird mit Eintragung im Handelsregister wirksam. Zudem genehmigten sie die Verlegung des Hauptsitzes von Rapperswil-Jona nach Zug.[16]

Im Herbst 2021 stieg Holcim aus dem brasilianischen Markt aus und verkaufte für 1,03 Milliarden Dollar ihre Unternehmen an Companhia Siderúrgica Nacional.[17]

Infolge der Sanktionen gegen Russland seit dem Überfall auf die Ukraine kündigte Holcim Ende März 2022 an, aus dem Russland-Geschäft aussteigen zu wollen und suchte für ihre drei in Russland betriebenen Zementwerke – mit über 1.000 Angestellten – einen Käufer.[18][19]

Aktionäre

Konzernstruktur

Vor der Fusion mit Lafarge war Holcim alleine bereits in mehr als weltweit 70 Ländern tätig.

Deutsche Holcim-Werke befinden sich unter anderem in der Nähe von Hannover in Sehnde-Höver, dem Werk der ehemaligen Nordcement AG (später Alsen AG), in Lägerdorf nördlich von Hamburg,[22] dem Werk der ehemaligen Alsen-Breitenburg GmbH, sowie seit 2004 im baden-württembergischen Dotternhausen, südwestlich von Balingen, dem Werk der früheren Rohrbach Zement GmbH & Co. KG. Auch die mittlerweile stillgelegte Zementfabrik in Hemmoor der früher börsennotierten Hemmoor Zement AG gehörte seit 1972 zur Holcim-Gruppe. Daneben unterhält bzw. unterhielt Holcim eine Reihe von Abbaubetrieben für von Bau- und Baustoffindustrie benötigte Rohstoffe, darunter die Schinkel Grube, die Kreidegrube Saturn und die Höver Grube. Im seit 2008[23] zur Gruppe gehörenden Kieswerk in Rheinzabern fällt als Nebenprodukt Gold aus Sekundärablagerungen des Rheins (Rheingold) an. Dieses Werk ist gleichzeitig der einzige offizielle Goldproduzent Deutschlands.[24]

In der Schweiz kontrolliert Holcim heute mehr als die Hälfte des Zementmarktes und hält bedeutende Anteile im Kies- und Betonmarkt. Das schweizweit älteste Werk des Konzerns in Brunnen wurde im Juni 2008 geschlossen, da zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Einhaltung der neuen Vorgaben der Luftreinhalteverordnung für die nicht mehr zeitgemässe Anlage hohe Investitionskosten angefallen wären.[25] Für die verbliebenen 44 Mitarbeiter wurde in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften Syna und Unia ein Sozialplan ausgearbeitet.[26]

Kennzahlen

  • Wiederkehrender EBITDA: 6,153 Milliarden CHF
  • Konzerngewinn: 2,072 Milliarden CHF
  • Wertminderungen/Abschreibungen: 3,501 Milliarden CHF
  • Produktionskapazität Zement: 318,4 Millionen t
  • Absatz Zuschlagstoffe: 278,7 Millionen t
  • Absatz Transportbeton: 50,6 Mio. m³

Stand: 31. Dezember 2017[27]

Stiftung

Der Baustoffkonzern gründete 2003 die Holcim Foundation for Sustainable Construction, welche im Oktober 2015 in LafargeHolcim Foundation for Sustainable Construction umbenannt wurde. Die Stiftung veranstaltet einen globalen Architekturwettbewerb zum Thema nachhaltigen Bauens (Holcim Awards). Alle drei Jahre werden zunächst in den fünf Weltregionen jeweils drei Architekturprojekte prämiert. Beurteilungskriterien sind Nachhaltigkeit, ökologische und ästhetische Qualität, ethische Anforderungen und Wirtschaftlichkeit. Die 15 Gewinner nehmen anschliessend an der globalen Endausscheidung teil, die erstmals im April 2006 stattfand. Das Preisgeld ist für die Branche ungewöhnlich hoch, es beträgt pro Wettbewerbsrunde insgesamt 2 Millionen US-Dollar. Zu den Preisträgern gehören unter anderem Christoph Ingenhoven, Diébédo Francis Kéré und realities:united. Im Jahr 2021 wurde die Stiftung wieder auf den alten Namen umbenannt.

Startup- und Digitalisierungs-Initiative

Ende 2018/Anfang 2019 startete das Unternehmen die „Plants of Tomorrow“-Initiative, um Automatisierungstechnologie und Robotik, Künstliche Intelligenz, prädiktive Instandhaltung («Predictive Maintenance») und digitale Zwillingstechnologien («Digital Twins») im gesamten Produktionsprozess seiner 270 Werke einsetzen.[28] LafargeHolcim verspricht sich davon dauerhaft operative Effizienzsteigerung von 15 bis 20 Prozent.[29] Im Rahmen der Digitalisierungs-Bestrebungen gründete LafargeHolcim die «LH Maqer»-Plattform als Digital- und Startup-Accelerator. Unter anderem soll LH Maqer Startups Zugang zum Baustoffsektor bieten, um gemeinsam mit dem Konzern Innovationen in grossem Umfang voranzutreiben. Unterhalb der Marke LH Maqer wurden industrie-spezifische Segmente wie der «LH Manufacturing Maqer» gegründet.

Kritik

Holcim wird vorgeworfen, in der Gemeinde Schalkholz in Schleswig-Holstein einen Kiesabbau illegal als Mülldeponie genutzt zu haben. Dort sollen Bauschutt, Teerbrocken und Kunststoffe vergraben worden sein. Holcim hatte geplant, die Kiesgrube dementsprechend zu nutzen, allerdings keine Genehmigung beantragt. Holcim kündigte 2015 gegenüber dem NDR-Magazin Panorama 3 an, die Vorgänge zu prüfen und vorhandene „Fremdmaterialien“ zu entfernen.[30]

Für Wilkenburg bei Hannover reichte das Unternehmen 2014 einen Antrag auf Kiesabbau im Landschaftsschutzgebiet Obere Leine ein, an dem es seit der Entdeckung des römischen Marschlagers von Wilkenburg im Jahr 2015 im geplanten Abbaugebiet festhält.[31] Der Abbau würde die archäologischen Reste des Lagers zerstören. Archäologen des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege möchten die Fundstelle als Forschungsreserve für zukünftig verbesserte Untersuchungsmethoden erhalten.[32]

Um gegen den Ausbau des Steinbruchs der Holcim (Schweiz) AG – eine Tochtergesellschaft von LafargeHolcim – auf dem Mormot im Kanton Waadt zu demonstrieren, haben Umweltaktivisten im Oktober 2020 den Mormont mit der ZAD de la colline besetzt.[33][34]

Holcim wird vorgeworfen, im Südwesten Nigerias ein Dorf mit Feinstaub zu vergiften. Ärzte berichten, dass die Menschen Schäden an Leber, Lungen und Milz davontragen. Eine Petition fordert: «Der Konzern muss endlich sicherstellen, dass die Menschen in Ewekoro nicht weiter mit Feinstaub vergiftet werden.»[35]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Internet-Auszug: CHE-100.136.893. Handelsregister des Kantons Zug, abgerufen am 28. September 2021.
  2. Vernetzt: Dieses Machtnetz pflegt der LafargeHolcim-Präsident, Artikel über Hess vom 11. Mai 2016 in der Zeitschrift Bilanz.
  3. a b Integrierter Geschäftsbericht 2020
  4. Zementriesen Holcim und Lafarge fusionieren. ORF.at vom 7. April 2014
  5. Zusammenschluss zu LafargeHolcim, des fortschrittlichsten Konzerns der Baustoffbranche. Medienmitteilung vom 7. April 2014 (PDF)
  6. Lafarge-Holcim feiert. In: nzz.ch. 15. Juli 2015, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  7. Forbes Global 2000. Abgerufen am 31. Oktober 2020.
  8. Kleine Zementgeschichte, Holcim AG (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) vom 24. März 2010
  9. Schmidheiny kauft wieder Holcim-Aktien. In: 20 Minuten, 6. Oktober 2011.
  10. Public Eye Swiss Award (PDF-Datei; 104 kB)
  11. http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/standard/Lafarge-machte-angeblich-Geschaefte-mit-dem-IS/story/25374933
  12. http://www.n-tv.de/wirtschaft/Lafarge-zahlte-Schutzgeld-in-Syrien-article19726964.html
  13. http://www.lafargeholcim.com/sites/lafargeholcim.com/files/atoms/files/03022017-press-lafargeholcim-syria-de.pdf
  14. http://www.lafargeholcim.com/sites/lafargeholcim.com/files/atoms/files/04242017-press-lafargeholcim-ceo-departure-de.pdf
  15. http://www.lafargeholcim.com/new-ceo-jan-jenisch
  16. Aktionärinnen und Aktionäre genehmigen alle Anträge an der Generalversammlung 2021. (PDF) LafargeHolcim Ltd., 4. Mai 2021, abgerufen am 4. Mai 2021.
  17. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/baustoffkonzern-zementriese-holcim-stoesst-brasilien-geschaeft-ab/27599786.html
  18. Eveline Kobler: Wegen Ukraine-Krieg — Holcim beendet Geschäfte in Russland. In: srf.ch. 29. März 2022, abgerufen am 29. März 2022.
  19. https://www.nzz.ch/wirtschaft/die-nichts-wie-weg-strategie-birgt-im-fall-von-russland-auch-risiken-ld.1676988
  20. Artikel von Reuters zum Entscheid von Thomas Schmidheiny, seinen Anteil zu reduzieren, abgerufen am 8. April 2021.
  21. http://www.lafargeholcim.com/major-shareholders
  22. 150 Jahre Zementproduktion in Lägerdorf
  23. Holcim Kies und Beton GmbH erwirbt neue Kieswerke und ein Trockensandwerk (Memento vom 28. Juni 2012 im Internet Archive). Pressemitteilung Holcim-Süd. 1. April 2008, abgerufen am 23. August 2012.
  24. Christoph Seidler: Schatzsucher heben das Rheingold. Spiegel Online, 23. August 2012. abgerufen am gleichen Tage.
  25. Medienmitteilung der Holcim (Schweiz) AG (Memento vom 12. Dezember 2011 im Internet Archive), 16. Januar 2008
  26. Gemeinsame Medienmitteilung der Gewerkschaften Syna, Unia und der Holcim (Schweiz) AG (Memento des Originals vom 12. Dezember 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.holcim.ch, 15. Februar 2008.
  27. Holcim Ltd.: Jahresbericht 2013. (PDF) Abgerufen am 30. April 2014.
  28. LafargeHolcim: "Plants of Tomorrow" Industry 4.0 for cement production. In: https://www.lafargeholcim.com. LafargeHolcim, abgerufen am 18. Juli 2019 (englisch).
  29. LafargeHolcim: Industrie 4.0 für die Zementproduktion: LafargeHolcim lanciert die „Plants of Tomorrow“. In: https://www.lafargeholcim.com. LafargeHolcim, 9. Juli 2019, abgerufen am 17. Juli 2019 (deutsch).
  30. Jörg Hilbert: Auf der Spur eines Müllskandals. In: NDR.de. 10. Februar 2015, abgerufen am 11. Februar 2015.
  31. Holcim ist weiter am Kiesabbau interessiert in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 21. August 2017.
  32. Römerlager: Region will Kiesabbau genehmigen bei ndr.de vom 2. Februar 2017
  33. Die ZAD de la Colline wird geräumt, der deutschschweizer Klimastreik unterstützt mit einer friedlichen Blockade. In: presseportal-schweiz.ch. ClimateStrike, 27. März 2021, abgerufen am 30. März 2021.
  34. Felicie Notter: «Zone à défendre» – Schutzzonen-Besetzung in der Romandie: Die neue Form des Protests. Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 11. Dezember 2020, abgerufen am 30. März 2021.
  35. Petition LafargeHolcim. In: Konzern-Initiative. Abgerufen am 12. Juli 2020 (deutsch).