Tito Tettamanti

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Tito Tettamanti (2013)

Tito Tettamanti (* 6. Oktober 1930 in Lugano) ist ein Schweizer Rechtsanwalt, Politiker, Tessiner Staatsrat der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), Unternehmer und Kapitalist.[1]

Biografie

Tettamanti ist das einzige Kind eines Bankprokuristen. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bern, wurde 1953 in Bern promoviert[2] und erlangte 1955 das Anwaltspatent. Er begann im selben Jahr als Anwalt zu arbeiten und eröffnete in Lugano 1959 ein eigenes Anwalts- und Notariatsbüro. Von 1955 bis 1959 gehörte er als CVP-Politiker dem Grossrat des Kanton Tessin an. 1959 wurde er zum Staatsrat gewählt und stand dem Justiz- und Polizeidepartement vor. 18 Monate später musste er nach einem Skandal um eine Busse für Steuerhinterziehung, die er eigenmächtig einem Bauunternehmer gekürzt hatte, zurücktreten.[3] In den sechziger und siebziger Jahren betätigte er sich als Treuhänder und Immobilieninvestor, zunächst im Tessin, später in Kanada. In den achtziger Jahren beteiligte er sich in New York als Finanzspekulant an der Neustrukturierung von Unternehmen wie United Airlines und Gillette. Nach dem Börsencrash von 1987 kehrte Tettamanti zurück in die Schweiz und legte sich als Aktionär von Schweizer Traditionsunternehmen des Maschinenbaus wie Sulzer AG, Saurer oder Rieter mit dem gesamten Schweizer Wirtschafts-Establishment an. Im Jahre 2005 machte er mit seinen Engagements bei Ascom und SIG Holding von sich reden.

Publizistisch betätigte sich Tettamanti als Buchautor und als Haupteigentümer der Jean Frey AG, eines Schweizer Verlags. In dieser Rolle positioniert er sich als libertärer Visionär, der gegen politische Korrektheit und für mehr Streitkultur kämpft. In Kolumnen, die er von 2013 bis 2017 für die Schweiz-Beilage der deutschen Wochenzeitschrift Die Zeit schrieb, lobt er die Wirtschaftspolitik Chinas und sieht den Grund für die Arbeitslosigkeit in einem Bildungssystem, das von Kindern und Jugendlichen nicht genügend fordert. Als erklärter Kapitalist, der für Wirtschaftsliberalismus eintritt, findet er seine Gegner unter «linken» Journalisten. Im Juli 2006 hat Tettamanti Roger Köppel zur Weltwoche zurückgeholt und ihm die Zeitschrift verkauft.

Am 8. Februar 2010 wurde bekannt, dass Tettamanti zusammen mit dem Basler Medienanwalt Martin Wagner die Basler Zeitung Medien übernimmt. Die beiden kauften die Anteile der Verlegerfamilie Hagemann und der Publigroupe.[4] Wagner seinerseits hatte am 21. Januar der Familie Hagemann das Basler Privatradio Radio Basilisk verkauft, welches sich zu 100 Prozent in seinem Besitz befunden hatte.[5] Am 24. November 2010 verkauften Tettamanti und Wagner die ganzen Anteile der Basler Zeitung Medien an Crossair-Gründer Moritz Suter.[6][7] Im Dezember 2011 gelangte die Basler Zeitung über die neu gegründete «MedienVielfalt Holding» wiederum in den Einflussbereich Tettamantis.[8] Er begründete sein Engagement in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger als Beitrag zur Wiederherstellung «echter Vielfalt» in der Schweizer Printmedienlandschaft. Er übernahm die Basler Zeitung nach eigenen Angaben von Rahel Blocher, einer Tochter von Christoph Blocher, die nach Streitigkeiten mit Moritz Suter diesen gemäss einer nicht öffentlichen Vereinbarung offenbar veranlasste, die Aktien an sie zu verkaufen.[9] Seit Ende Juni 2014 gehört die Basler Zeitung zu je einem Drittel Markus Somm, Christoph Blocher und Rolf Bollmann. Sie übernahmen die Aktien von der «MedienVielfalt Holding». Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.[10]

Tettamanti diente als Vorsitzender des Verwaltungsrates[11] von Sterling Strategic Value Limited bis 2012 und belegt seit diesem Jahr die Position als Ehrenpräsident des Verwaltungsrates. Im Januar 2017 wurde Sterling Strategic Value Limited in einen alternativen Investmentfonds von luxemburgischem Recht umgewandelt und wurde in Sterling Strategic Value Fund S.A. umbenannt. Tettamanti bekleidet weiterhin das Amt als Ehrenpräsident. Er war ausserdem Präsident des Verwaltungsrates von mehreren Unternehmen, darunter ST Group Holding Inc., ST Real Estate Holding Inc. und ST Services Holding Inc., und belegt heute noch die Position des Ehrenpräsidenten der ST Real Estate Holding Inc., der ST Australia Real Estate Inc. und der ST USA Real Estate Inc.

Seit 2008 ist Tettamanti Präsident der Stiftung Fidinam,[12] einer gemeinnützigen Organisation, die Projekte in den Bereichen Bildung, Forschung, Gesundheit, soziale und wirtschaftliche Entwicklung unterstützt. Die Stiftung Fidinam unterliegt der Aufsicht dem Eidgenössischen Departement des Innern. Der Vorstand der Stiftung Fidinam besteht ebenfalls aus Massimo Pedrazzini, Roberto Grassi, Tiziano Moccetti, Alessandra Niedecker und Konrad Hummler. Seit 2009 ist Tettamanti Präsident der Fidinam International Charity Foundation. Sein Vermögen wurde 2018 vom Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz auf 950 Millionen Franken geschätzt.[13]

Der Schweizer Publizist und Ökonom Roger de Weck bezeichnet Tettamanti als «Strippenzieher reaktionärer Medien und als Türöffner von Steve Bannon, dem ehemaligen Strategen Donald Trumps».[14]

Er ist verheiratet, hat drei Töchter[3] und lebt in Lugano seit seiner Rückkehr aus London im Jahr 2010.

Publikationen

  • mit Alfonso Tuor: T contro T - Disuguaglianza, Disagio, Democrazia. Edizioni San Giorgio, Muzzano 2019, ISBN 978-88-90507-03-8.
  • Flash. Armando Dadò Editore, Locarno 2018, ISBN 978-88-8281-506-6.
  • mit Alfonso Tuor: T contro T - Te lo do io il liberismo. Edizioni San Giorgio, Muzzano 2017, ISBN 88-905070-1-2.
  • Die sieben Sünden des Kapitals. Bilanz Verlag, Zürich 2003, ISBN 3-909167-94-2.
  • mit Alfredo Bernasconi: Manifest für eine liberale Gesellschaft. Ammann, Zürich 1996, ISBN 3-250-10296-2.
  • Welches Europa? Das Europa der Kaufleute oder das Europa der Bürokraten?. Ammann, Zürich 1994, ISBN 3-250-10229-6.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Martin Beglinger: Tito Tettamanti, der Kapitalist: Für seinen Reichtum hat er sich nie geschämt. In: Neue Zürcher Zeitung. 15. Mai 2018, abgerufen am 11. Mai 2022.
  2. Tettamanti, Tito (1930 - ), auf unil.ch/elitessuisses (französisch)
  3. a b Gret Heer: «No Billag, No Schweiz – was für ein Unsinn!» Interview in: SonntagsZeitung vom 25. Februar 2018 (kostenpflichtig).
  4. Tito Tettamanti und Martin Wagner kaufen «Basler Zeitung Medien». In: persoenlich.com. 8. Februar 2010.
  5. Basilisk. Familie Hagemann kauft Radio. In: persoenlich.com. 21. Januar 2010.
  6. Suter kauft «Basler Zeitung» und beendet Blochers Mandat. In: Tages-Anzeiger. 24. November 2010.
  7. Grosser Wechsel für «Basler Zeitung». In: 10vor10. 24. November 2010 (Video, ca. 8 min).
  8. «Basler Zeitung» geht an Tito Tettamanti. In: NZZ Online. 14. Dezember 2011.
  9. Daniel Schindler und David Thommen: «Ich bin für liberale Musik». In: Tages-Anzeiger. 15. Dezember 2011 (Interview mit Tito Tettamanti).
  10. Basler Zeitung hat neue Eigentümer. In: Website der Basler Zeitung Medien. 30. Juni 2014.
  11. «Tito Tettamanti: Abgehakt». In: Bilanz. 27. Februar 2013.
  12. Who we are. In: Website der Stiftung Fidinam.
  13. People: Tito Tettamanti. In: Bilanz.ch (Stand November 2018).
  14. Roger de Weck: Die Kraft der Demokratie. Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre. Suhrkamp, Berlin 2020, S. 87