Zwei-Drittel-Gesetz

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Das Zwei-Drittel-Gesetz, auch Gesetz des Drittels oder Gesetz der kleinen Zahlen, ist ein Satz aus der Stochastik, der einen Sonderfall der Binomialverteilung bei kleinen Erfolgswahrscheinlichkeiten von zufällig hervorgerufenen Ereignissen beschreibt. Dieser Begriff wird meist im Zusammenhang mit dem Roulettespiel verwendet und beschreibt den Sachverhalt, dass bei 37 Spielen ungefähr zwei Drittel der 37 Zahlen getroffen werden.

Die Bezeichnung Gesetz der kleinen Zahlen geht auf den russisch-deutschen Mathematiker Ladislaus von Bortkewitsch (1898) zurück, der dieses Gesetz bei der Untersuchung der Anzahl der Todesfälle durch Hufschlag in den einzelnen Kavallerie-Einheiten der preußischen Armee fand.[1]

Das Zwei-Drittel-Gesetz beim Roulette

Betrachtet man beim Roulette mehrere Rotationen, d. h. Serien von jeweils 37 einzelnen Spielen (französisch coups), so stellt man fest, dass im Laufe einer Rotation nur ungefähr zwei Drittel der Nummern getroffen werden, davon etwa die Hälfte mehrfach, während das verbleibende Drittel nicht getroffen wird – daher die von Roulette-Spielern gebrauchten Bezeichnungen Zwei-Drittel-Gesetz[2] oder seltener Gesetz des Drittels.[3]

Im Laufe einer Rotation beim Roulette werden im Mittel[2]

  • 36,3 % der Nummern, d. h. 13,4 Zahlen nicht getroffen
  • 37,3 % der Nummern, d. h. 13,8 Zahlen genau einmal getroffen
  • 18,6 % der Nummern, d. h. 6,9 Zahlen genau zweimal getroffen
  • 6,0 % der Nummern, d. h. 2,2 Zahlen genau dreimal getroffen
  • 1,7 % der Nummern, d. h. 0,6 Zahlen viermal oder öfter getroffen.

Anmerkung: Diese Werte wurden mithilfe der Binomialverteilung berechnet, die die Problemstellung mathematisch exakt modelliert. Dass die Summe der gelisteten Werte nicht exakt 100 % bzw. 37 Zahlen ergibt, beruht auf den vorgenommenen Rundungen. Häufig wird das Problem mit Hilfe der Poisson-Verteilung analysiert, wobei sich eine relativ gute Näherung ergibt.

Nach dem Gesetz der großen Zahlen tritt im langfristigen Mittel jede der 37 Zahlen mit der gleichen relativen Häufigkeit auf, d. h. ist die Anzahl von Coups genügend groß, so entfällt auf jede einzelne Nummer der gleiche Anteil, nämlich 1/37 = 2,7 %. Betrachtet man mehrere Rotationen und eine im Vorhinein bestimmte Zahl, so wird diese im Mittel in jeder Rotation einmal getroffen.

Dies verleitet viele Spieler zum Fehlschluss, dass in einer Serie von 37 Coups jede einzelne Zahl einmal auftritt. Dies ist aber nicht der Fall; es ist vielmehr extrem unwahrscheinlich, dass jede Nummer genau einmal getroffen wird – die Wahrscheinlichkeit hierfür ist etwa ein Billiardstel[4].

Trotz der Gleichwahrscheinlichkeit aller Zahlen tritt für die 37er-Roulette-Serie, aufgefasst als Bernoulli-Kette mit 37 Wiederholungen, keine Gleichverteilung ein, sondern das obige durch die Binomialverteilung vorgegebene Muster.

Auch mit Hilfe des Zwei-Drittel-Gesetzes lässt sich keine Gewinnstrategie finden (siehe Marche).

Der allgemeine Fall

Das Gesetz der kleinen Zahlen ist eine einfache Anwendung der Poisson-Verteilung für und gilt nicht nur für Serien von 37 Spielen beim Roulette, sondern für beliebige Serien von voneinander unabhängigen Spielen, wovon jedes einzelne gleichwahrscheinliche Ausgänge nehmen kann (siehe Poisson-Approximation). So z. B. wenn Objekte unter Empfängern verlost werden und die einzelnen Auslosungen voneinander unabhängig sind.

Das Gesetz der kleinen Zahlen trifft umso genauer zu, je größer die Anzahl ist. Für strebt der Anteil der Empfänger, die genau Objekte erhalten, gegen den Wert

mit der eulerschen Zahl .

Der Anteil der Empfänger, die nichts bekommen, strebt somit gegen . Dasselbe gilt für den Anteil derjenigen, die genau einmal bedacht werden.

Die im vorhergehenden Abschnitt angegebenen Zahlen für weichen nur um 0,5 % von den mit Hilfe der Poisson-Verteilung berechneten Grenzwerten ab.

Beispiel Reiskörner

Zufällig auf dem Boden verstreute Reiskörner

Das Bild rechts zeigt zufällig auf dem Boden verstreut liegende Reiskörner. Bildausschnitt und Rastergröße sind so gewählt, dass im Mittel auf ein Quadrat ein Reiskorn fällt, d. h. es gilt .

Das Auszählen der Häufigkeiten bestätigt trotz der kleinen Stichprobengröße von die (mithilfe der Poisson-Verteilung angenäherten) Erwartungswerte:

  • 23 Quadrate enthalten kein Reiskorn (rot). Erwartungswert (auf 2 Dezimalen gerundet): 23,54
  • 25 Quadrate enthalten genau ein Reiskorn (gelb). Erwartungswert: 23,54.
  • 12 Quadrate enthalten genau zwei Reiskörner (grün). Erwartungswert: 11,77.
  • 2 Quadrate enthalten genau drei Reiskörner (blau). Erwartungswert: 3,92.
  • 2 Quadrate enthalten vier oder mehr Reiskörner (violett und grau) (1 × 4 bzw. 1 × 5). Erwartungswert: 1,22.

(Die Summe der Erwartungswerte ergibt auf eine Dezimale gerundet: 64,0.)

Das andere Gesetz der kleinen Zahlen

Daniel Kahneman und Amos Tversky haben eine nicht ganz ernst gemeinte Version des Gesetzes der kleinen Zahlen in den Sozialwissenschaften definiert: „Die Intuition über die Zufallsauswahl von Stichproben bestätigt das Gesetz der kleinen Zahlen, das besagt, dass das Gesetz der großen Zahlen auch für kleine Zahlen gilt“. Ernster Hintergrund ist die Kritik an statistischen Experimenten, bei denen die Stichprobengröße intuitiv bestimmt wird statt statistisch.[5]

Einzelnachweise

  1. Ladislaus von Bortkewitsch: Das Gesetz der kleinen Zahlen. Leipzig 1898 (online)
  2. a b Jörg Bewersdorff: Glück, Logik und Bluff: Mathematik im Spiel – Methoden, Ergebnisse und Grenzen, Springer Spektrum, 6. Auflage 2012, ISBN 978-3-8348-1923-9, Modul:Vorlage:Handle * library URIutil invalid, S. 61.
  3. Matthias Strunz: Instandhaltung: Grundlagen – Strategien – Werkstätten, Springer Vieweg, 2012, ISBN 978-3-642-27389-6, Modul:Vorlage:Handle * library URIutil invalid, S. 221.
  4. Der erste Coup trifft mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:1 eine noch freie Zahl, der nächste mit 36:37, der letzte mit 1:37. Die Gesamtwahrscheinlichkeit ist