Olaf Levonen

Olaf Levonen (2016)

Olaf Levonen (* 29. Dezember 1966 in Alfeld (Leine)) ist ein deutscher Politiker (SPD) und war zwischen 2016 und 2021 Landrat des Landkreises Hildesheim.

Herkunft, Familie und Ausbildung

Olaf Levonen wurde am 29. Dezember 1966 in Alfeld geboren, wo er auch seine gesamte Kindheit und Jugend verbrachte. Er lebt mit seiner Ehefrau Sabine Levonen in Ummeln.

Eigenen Angaben zufolge absolvierte Levonen nach dem Ablegen des Zertifikatskurses Hochschulfachökonom (AKAD) an der damaligen privaten AKAD-Fachhochschule in Pinneberg ein Fernstudium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann (FH). Nach Abschluss des Diplom-Studiums und einem weiteren Fernstudium zum Master of Public Administration (MPA) in Verwaltungswirtschaft erwarb er im Rahmen eines postgradualen Fernstudiums am DISC - Distance and Independent Studies Center der Technischen Universität Kaiserslautern den Abschluss eines Master of Commercial Law (LL.M. com.) in Wirtschaftsrecht für die Unternehmenspraxis, einem praxisorientierten Ergänzungsstudiengang für Nicht-Juristen.

Seit 2020 führte Levonen in der Öffentlichkeit einen Doktorgrad und erklärte, dass er nebenberuflich den international anerkannten Grad eines Doktors der Politikwissenschaften (Doctor of Philosophy in Public Policy) erworben habe. Tatsächlich stellte sich später heraus, dass es sich hierbei um eine nicht zutreffende Aussage handelte, da ihm die Abschlussurkunde von der als Titelmühle bekannten privaten Institution Selinus University of Science and Literature Ltd. mit Sitz im karibischen Inselstaat Dominica verliehen wurde. Die von Levonen als Doktorarbeit bezeichnete und nur 84-seitige Ausarbeitung in englischer Sprache mit dem Titel Human resource management in local government enthält bereits im Titel sprachlich-begriffliche Fehler.

Werdegang und politisches Wirken

Levonen ist seit 1983 in unterschiedlichen Positionen in der Kreisverwaltung des Landkreises Hildesheim tätig. Seit 2011 war er als Erster Kreisrat hauptamtlicher Vertreter des damals amtierenden Landrates Reiner Wegner (ebenfalls SPD). Levonen wurde 2016 zum hauptamtlichen Landrat des Landkreises Hildesheim gewählt und trat damit die Nachfolge von Reiner Wegner an.

Neben seiner Tätigkeit als kommunaler Wahlbeamter ist er unter anderem als Präsident des Kuratoriums der Paul-Feindt-Stiftung, Vorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Kreisverband Hildesheim Land sowie als Vizepräsident des Lions Club Hildesheim tätig.

Von 1999 bis 2006 war er zudem Geschäftsführer der SPD-Kreistagsfraktion Hildesheim sowie von 2009 bis 2016 Geschäftsführer der Krankenhaus Alfeld GmbH. Seit 2019 ist er Geschäftsführer der Paul Feindt Biotoppflege GmbH.

Kritik und politische Affären

Vorgänge um gefälschtes Doktorat

Wie Recherchen der Alfelder Zeitung ergaben, führte Levonen einen nicht anerkannten Doktorgrad. Seine Dissertation habe er bei der karibischen Titelfabrik Selinus University of Science and Literature Ltd. eingereicht. Sein als Doktorvater ausgewiesener Betreuer Salvatore Fava, der auch gleichzeitig Präsident der Einrichtung ist und selbst nur über Abschlüsse der Selinus Ltd. beziehungsweise anderer Titelmühlen verfügt, wäre ferner aufgrund fehlender akademischer Qualifikationen nicht zur Betreuung von Promotionsvorhaben an ordentlichen Hochschulen berechtigt.

In einer Stellungnahme setzte Levonen die Vorgänge um seine angebliche Promotion in Zusammenhang mit hohem beruflichen Druck und persönlichem Ehrgeiz und erklärte, er hätte die Einrichtung genauer prüfen müssen. Den Doktortitel wollte er zukünftig nicht mehr führen. Für die Erarbeitung der Dissertationsschrift benötigte Levonen nur drei Monate, wobei bei politikwissenschaftlichen Promotionsverfahren, welche berufsbegleitend durchgeführt werden, die Regelforschungsdauer normalerweise vier bis acht Jahre beträgt. Stimmen aus dem Wissenschaftsumfeld äußerten sich nicht nur kritisch über die Institution, welche Levonen den vermeintlichen Doktorgrad verlieh, sondern bewerteten auch die wissenschaftliche Qualität der als Doktorarbeit eingereichten Ausarbeitung als einer Dissertation nicht würdig. Levonen verwendete unter anderem auf mehreren Seiten großflächige Grafiken, welche keinen Beitrag zum wissenschaftlichen Inhalt leisteten. Ferner überprüfte er für die Beantwortung der Forschungsfrage mithilfe lediglich simpler Ja-/Nein-Hypothesen insgesamt nur 23 Fragebögen mit Rückmeldungen benachbarter Landräte, welche dachten, sie würden sich an einem offiziellen Forschungsprojekt des Landkreises beteiligen.

Die Stellungnahme von Levonen stieß wiederum auf Kritik, da die Titelmühle selbst auf ihrer Webseite darüber informiert, dass es sich bei der SELINUS Ltd. nicht um eine nicht regulierte, sondern vielmehr um eine freie Einrichtung handle, welche in keinem Land der Welt als Hochschule anerkannt ist und die erworbenen Diplome lediglich einen symbolischen Charakter haben, um "den menschlichen und zivilen Fortschritt der Absolventen zu verbessern und zu fördern, indem ihre sozialen und beruflichen Fähigkeiten durch akademische Qualifikationen anerkannt bzw. verbrieft werden".

Obwohl die Selinus University of Science and Literature Ltd. in Dominica in den Kleinen Antillen in der östlichen Karibik registriert ist, handelt es sich beim dortigen Firmensitz lediglich um eine sogenannte Briefkastenfirma. Das operative Geschäft und der Verkauf von Kursen zur Selbstzertifizierung werden über die europäische Niederlassung in Form der britischen Briefkastenfirma Uniselinus Europe Ltd. von Bologna, Italien aus gesteuert, wobei die Zahlungen (im Falle des "Doktorats" in Höhe von insgesamt 2.275,00 Euro) ausschließlich über Bankverbindungen in Litauen und Belgien administriert werden.

Missbräuchliche Verwendung der Bezeichnung „Professor“

Nachdem Levonen im März 2020 der vermeintliche Doktorgrad der Selinus Ltd. verliehen wurde, bewarb er sich bei der privaten staatlich anerkannten maltesischen Hochschule Pegaso International University als Lehrbeauftragter für Marketinggeschichte. Da ein Doktorgrad für den Lehrauftrag nicht relevant war, wurde bei der Sichtung der Unterlagen zunächst nicht festgestellt, dass dieser von einer nicht anerkannten Einrichtung verliehen wurde. In der Folge wurde Levonen nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens als freiberuflicher Dozent für History of Marketing in der Fernlehre an die Einrichtung berufen.

In der Öffentlichkeit trat Levonen allerdings als Professor oder Honorarprofessor auf und führte somit Hochschultätigkeitsbezeichnungen, welche ihm tatsächlich nie verliehen wurden. Bei Bekanntwerden der Umstände um die missbräuchliche Führung der akademischen Bezeichnungen kündigte die Hochschule Levonen den Lehrauftrag, um Reputationsschäden von der Einrichtung abzuwenden.

Mutmaßliche Korruptionsvorwürfe

In der Debatte um Levonens Doktorarbeit wurde bekannt, dass dieser in seiner Funktion als Landrat allein darüber entschieden hatte, eine Unternehmensberatung aus Braunschweig damit zu beauftragen, eine Arbeitgebermarke für den Landkreis Hildesheim zu entwickeln. Deren Zielsetzung sei auch Thema in Levonens als Doktorarbeit bezeichneter Ausarbeitung gewesen.

Darüber hinaus soll ein Gesellschafter der Unternehmensberatung gegenüber der Alfelder Zeitung erklärt haben, dass er Levonen bereits vor der Auftragsvergabe persönlich gekannt und mit ihm Gespräche über die Fernhochschule auf Malta geführt habe, an welcher sich Levonen in Folge erfolgreich als Dozent für Marketinggeschichte bewarb und sodann in Deutschland mitunter fälschlicherweise als Professor auftrat.

Amtspostenaffären

Bestellung der Ehefrau als Pressesprecherin des Landkreises

Nach Levonens Wahl zum Landrat wurde seine Ehefrau Sabine Levonen zunächst Mitarbeiterin (Beschäftigte im öffentlichen Dienst mit eigener Dienststelle) in der Pressestelle des Landkreises Hildesheim und dann dessen stellvertretende Pressesprecherin.

Bestellung der Ehefrau als Leiterin der behördlichen COVID-19-Task Force

Im November 2020 wurde auf persönliche Initiative von Olaf Levonen eine behördliche Task Force anlässlich der COVID-19-Pandemie formiert. Die Leitung dieser Task Force übertrug er ebenfalls seiner Frau Sabine.

Bestellung der Ehefrau als Geschäftsführerin der Krankenhaus Alfeld GmbH

Im Januar 2021 wurde ferner bekannt, dass Sabine Levonen zur Geschäftsführerin der Krankenhaus Alfeld GmbH ernannt wurde. Diese Stelle hatte bereits ihr Ehemann vor seiner Wahl zum Landrat inne. Die Anteile der Gesellschaft werden jeweils zur Hälfte vom Landkreis Hildesheim und der Stadt Alfeld gehalten.

Die Ernennung von Sabine Levonen als Geschäftsführerin der Krankenhaus Alfeld GmbH ist neben der familiären Verflechtung mit dem Landrat als gesetzlichem Vertreter des Landkreises und somit Mitgesellschafter der GmbH insbesondere umstritten, da sie nicht die Anforderungen an fachliche Expertise, Branchenkenntnis und Erfahrung in der Führung von Mitarbeitern erfüllt, welche regelmäßig an Geschäftsführer von Krankenhäusern gestellt werden und somit Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung in einem offenen Bewerbungsverfahren gewesen wären.

Das Krankenhaus Alfeld erfüllt wichtige Aufgaben der Gesundheitsversorgung vor Ort und zählt laut des zuletzt 2012 im Bundesanzeiger veröffentlichen Jahresabschlusses mit einer Bilanzsumme von ca. 18,5 Millionen Euro und einem gezeichneten Kapital von 2,5 Millionen Euro zu den größten kommunalen Betrieben im Landkreis Hildesheim.

Affäre um vorgezogene Impfung von Levonens Ehefrau in der COVID-19-Pandemie

Auf erhöhten medialen Druck hin äußerte Sabine Levonen im März 2021 auf Nachfrage, bereits am 5. Februar 2021 ohne Impfpriorisierung des Landes Niedersachsen und somit rechtsgrundlos eine SARS-CoV-2-Impfung mit dem Impfstoff des Herstellers Biontech bekommen zu haben.

Die vorzeitige Impfung von Levonens Ehefrau löste bei Bekanntwerden eine Reihe kritischer Berichterstattungen und Anfragen an die zuständigen Behörden aus, nachdem selbst drei Monate nach der außerordentlichen Impfung Levonens ein Großteil der impfwilligen Beschäftigten der örtlichen Arztpraxen noch immer kein entsprechendes Impfangebot erhielten und laut Berichten der Hildesheimer Presse vermutet werde, dass Frau Levonen nicht die einzige außerhalb der Impfreihenfolge geimpfte Person aus dem Verwaltungsumfeld sei. Der Hartmannbund forderte in der Folge die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Sabine Levonen.

Veröffentlichungen

• Human resource management in local government, zugleich Dissertation an der Selinus University of Science and Literature Ltd. (Roseau, Dominica), GRIN Verlag, München 2020, ISBN 978-3-34615-585-6
• Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers nach § 98 GWB am Beispiel einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, Verlag Driesen, Taunusstein 2011, ISBN 978-3-86866-126-2
• Anspruch und Wirklichkeit des kommunalen Personalmanagements: eine empirische Untersuchung am Beispiel einer niedersächsischen Kreisverwaltung, Verlag Driesen, Taunusstein 2008, ISBN 978-3-86866-056-2
• Politische Steuerung in einer modernen Kommune : dargestellt am Beispiel des Landkreises Hildesheim, Eul Verlag, Lohmar 2004, ISBN 978-3-89936-250-3